Familienministerium kauft Allensbach-Umfrage

Das Familienministerium hat sich eine Allensbach-Umfrage (PDF) geleistet. In der Pressemitteilung verkündet Ursula von der Leyen ganz erfreut:

„Das Internet steht für Demokratie und Meinungsfreiheit, die wir alle schützen müssen. Aber eine Freiheit ohne Verantwortung kann es auch in diesem unverzichtbaren neuen Medium nicht geben. Ich freue mich sehr, dass nicht nur der Bevölkerungsschnitt, sondern eine fast ebenso große Mehrheit der Menschen, die das Internet täglich nutzen, die Sperrung von Kinderpornografie im Netz begrüßen“, sagt Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen.

Kurzergebnis: Ältere und schlechter ausgebildete Menschen finden die Zensursula-Pläne gut. Junge und gut ausgebildete Menschen sind kritischer. Das deckt sich ja mit der CDU-Zielgruppe. Man könnte jetzt die Fragestellungen auseinander nehmen und auch die Verpackung der Ergebnisse. Aber ich bin froh:

Torsten Kleinz hat sich schon die Mühe gemacht, passend darauf zu antworten: Gut, dass wir gefragt haben. Lest das.

Aber ignorieren wir das. Ignorieren wir auch, dass bei der Umfrage natürlich wieder nur die Blockade von Internetseiten alternativlos vorgestellt wurde und die Gegner des Gesetzesvorstosses mal eben zu “Gegnern von Maßnahmen gegen Kinderpornographie” werden. Ignorieren wir ebenfalls, dass 43 Prozent der Befragten nicht einmal täglich seine E-Mails abruft und alle anderen als “starke Internet-Nutzer” klassifiziert wurden.

Update: Höhepunkt ist übrigens das Schaubild 2 im Anhang: „Gegner von Maßnahmen gegen Kinderpornographie“. Damit wird suggeriert, Gegener der Zensursula-Pläne sind für Kinderpornographie. Sowas sollte ein Familienministerium nicht veröffentlichen.

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44 Ergänzungen

  1. Allein wenn immer vom „neuen Medium“ die Rede ist… Ich nutz das Ding seit 15 Jahren, damals ist Kohl grad wiedergewählt worden. Und die letzten Russischen Truppen haben Deutschland verlassen.

    Für manche ist das natürlich kurz vor vorgestern.

  2. Kommen die mal wieder mit unnützen Statistiken?

    Allein nach der ersten Frage braucht man schon den Rest nicht mehr lesen.

    Wäre die Frage so:

    „Bevorzugen Sie einen freien, unzensierten Zugang zum Internet oder einem vom Staat zensierten und überwachten Zugang?“

    dann würden bestimmt 90% für freien Zugang stimmen.

  3. Respekt Frau von der Leyen. Es gehört schon einiges an Realitätsverdrängung dazu, wenn man ALLE Kritiken, Petitionen und Demonstration einfach ignoiert und sich stattdessen von der Mehrheit der Internetnutzer als bestätigt ansieht.

    Ich könne das nicht, großartige Leistung!

  4. Zensursula leidet nicht an Realitätsverdrängung oder selektiver Wahrnehmung. Sie weiß sehr genau was sie tut. Es geht um ihren persönlichen politischen Erfolg und den gibts nur, wenn das Gesetz durchkommt und großé Mehrheiten in der Bevölkerung auch noch zustimmend klatschen.

  5. Ich fürchte auch, die Frau weiß ganz genau was sie tut, Propaganda nennt sich das und ist für Politiker seit jeher ein Mittel der Wahl. Der gutgläubige Bürger sieht mitunter keinen Grund zu hinterfragen und glaubt jedes Wort was da steht.

    Gruß,
    Ares

  6. Ich frage mich, warum immer noch so viel Glaubhaftigkeit in Umfragen gestellt wird. Dabei sollte doch inzwischen (nicht wegen der Debatte hier, sondern allgemein in der heutigen Zeit) jedem klar sein, dass jede Umfrage angepasst werden kann und man sich natürlich eine zur eigenen Meinung passende heraussucht.

  7. tut mir leid auch wenns sehr offtopic ist aber ich muss das einfach mal los werden:

    lobbys, meinungsmache, konservatismus, kompromisse, kontrolle, überwachung, speicherung, daten/adress-handel, steuergeschenke f. firmen, subventionen f. firmen, (schein-) stiftungen, RFID, bundestrojaner, usw, usf… HILFE!! S.O.S!! wo ist die notbremse?

    konservatismus = unmenschlichkeit
    CSU=NPD
    CDU=CSU
    SPD=CDU
    und der rest hat einfach _nix_ zu melden!

    mit freundlichen grüßen,
    wut und ohnmacht

    ps. das captcha-system nervt irgendwie. es gibt so ein tolles captcha „klicke in den offenen kreis“, ist vielleicht ne alternative..

  8. Was muss man denn machen, um an solchen Umfragen teilzunehmen?

    Wenn ich das richtig verstanden habe, war dies eine Online-Umfrage.
    Wurden die Leute per Email angeschrieben?
    Oder wurden sie durch Werbung angesprochen? Wenn ja, auf welchen Seiten war diese Werbung? Wie hat diese Werbung ausgesehen? Usw…

    Ich vermute mal, dass es Werbung war. Seh ich nämlich häufiger, dass so ein Layer-Popup durchs Bild schwirt und mich auffordert an einer Umfrage teilzunehmen. Werde ich das nächste mal nicht wegklicken sondern genauer ansehen.
    Wie auch immer… sollte es Werbung sein, handelt sich nicht mehr um eine representative Umfrage unter Internetnutzern, da mindestens jeder 2. versierte Internetnutzer wohl einen Werbeblocker am Laufen hat und dazu auch noch relativ Datenschutz affin ist. Also falls er die Aufforderung doch sieht, aus Datenschutzgründen eh nicht mitmacht.

    Untersuchungsdesign FAIL :(

  9. Ich kann euren Unmut gut nachvollziehen. Auch habe ich eure Argumente verstanden und bin der Auffassung, wir werden in dieser Sache nicht auf einen Nenner kommen, aber vielleicht ein Konsens finden. Das ist schade, aber wohl Fakt.

    Nur, eine Bitte:
    Fangt keine Schmutzkampagne an. Wie hier teilweise einseitig argumentiert und ein Feindbild gezeichnet wird, hat mit einer konstruktiven Debatte nichts zu tun. Was ist das für eine Diskussionsgrundlage, Frau von der Leyern zu unterstellen, sie hätte die Allensbach-Umfrage „gekauft“?

    Wenn ihr etwas erreichen wollt, dann bringt es nichts, andauernd zu opponieren und dreckige Wäsche zu waschen. Ich finde das schade.

    Vor allem, weil die Internet-Community eine wichtige Gruppe von politisch-interessierten Menschen ist. Kooperation und Deeskalation statt Opponieren und Konkurrieren.

    Denkt zumindest mal darüber nach, ohne wieder auf mich einzuhämmern :).

  10. Die Folgerungen aus der Studie sind schon dreist:

    Wie kann man aus der Frage

    „Finden Sie, dass die Menschen durch diese Stoppschilder im Internet in ihrem Recht auf Informationsfreiheit zu sehr eingeschränkt werden, oder finden Sie das nicht?“

    herauslesen, dass „Sperren werden nicht als Verletzung der
    Informationsfreiheit gesehen“?

    Aus der Frage wird ja gerade nicht die Gefahr der Zensurinfrastruktur deutlich: Nicht die Stopp-Schilder sind das Problem, sonder die für die Errichtung von Stopp-Schildern notwendige Zensur-Infrastruktur die in Zukunft vom Staat missbraucht werden kann.

  11. @15: Dir ist schon bewusst, dass man Studien in Auftrag gibt und ein Unternehmen wie Allensbach das nicht aus reiner Neugierde an der Forschung macht? Die Studie wird somit ganz klar gekauft. Das ist eine marktwirtschaftliche Transaktion.

  12. Wie unverschämt manipulativ ist eigentlich die Frage: “Finden Sie, dass die Menschen durch diese Stoppschilder im Internet in ihrem Recht auf Informationsfreiheit zu sehr eingeschränkt werden, oder finden Sie das nicht?” in der Umfrage? Unglaublich.

    Wie unverschämt ist es, dass die Einleitung der Auswertung wieder die falsche These vom “deutlichen Anstieg” als wahr hinstellt?

    Wie kann es sein, dass die Frage nach “Verstecken oder löschen?” fehlt? Wie kann es sein, dass die Frage “Hilft es Kindern? Schützt es sie?” fehlt.

    Und ich bin entsetzt, wie sicher sich das Ministerium seiner Sache ist, dass es mal eben die Detailfragen locker auf seiner Website veröffentlicht – und damit ganz offen zur schaut stellt, was für eine manipulative Umfrage sie da in die Welt schicken.

    Einer, der “sogar mehrfach täglich” das Internet nutzt.

  13. Der Anhang der Allensbach Kinderpronografie-Umfrage bring es nochmal auf das übelste Bild-Niveau:

    „Wer die Sperrungen ablehnt“ = “ Gegner von Maßnahmen gegen Kinderpornographie“

    Eine unabhängige Studie sieht anders aus …

  14. @15: „…Was ist das für eine Diskussionsgrundlage, Frau von der Leyern zu unterstellen, sie hätte die Allensbach-Umfrage “gekauft”?…“

    Weil es Fakt ist?
    Wie das in der Praxis funktioniert, hat man ja bei der von der Kinderhilfe in Auftrag gegebenen Umfrage und der daraufhin durchgeführten Gegen-Aktion von Mogis gesehen.

    Mit den geeigneten Fragen kann man sich jedes nur erdenkliche Ergebnis zusammenbasteln.

    Ich frage mich echt, wie weit diese Frau noch sinken kann.

  15. Mal abgesehen davon, dass sich mit 1832 Befragten (das sind gerade mal 0,002% der Bevölkerung [Stand August 2008]) definitv KEINE repräsentativen Umfrageergebnisse erzielen lassen, komme ich auch nicht umhin festzustellen, dass man offenbar auch absichtlich keine repräsentativen Ergebnisse erzielen WILL. Wie sonst ist es zu erklären, dass die Umfrage \mündlich-persönlich\ (also durch Hilfskräfte in der Fußgängerzone) und somit wieder einmal SUGGESTIV erfolgte. – Mal davon abgesehen zeugen 1832 Befragte innerhalb von 14 Tagen nicht gerade von großem Umfragewillen sondern eher von \Hoffentlich hakt keiner nach\ … das sind gerade mal 131 Personen pro Tag. … Wieviele Interviewer waren denn da unterwegs? Einer für vier Stunden am Tag? oder Vier für eine Stunde am Tag (und das womöglich noch im Berufsverkehr, wo man immer die gleichen Leute trifft) … tss … Wenn Tante Ursula so weiter macht, schlepp ich meine bereits verfasste \Anzeige wegen Volksverhetzung und Terrorismusverdacht\ doch noch zur Polizei … (wenn das nur nicht so weit wäre)

  16. Ich meine mich irgendwie noch dunkel daran zu erinnern, dass das IfD Allensbach mal ein CDU-naher konservativer Think-Tank war… jedenfalls habe ich vor langer Zeit irgendwo mal einen recht interessanten Artikel darüber gelesen. Leider finde ich in Google keine gescheiten Infos dazu.

    Weiß hier jemand vielleicht mehr oder hat Links?

  17. Das, was die von der Leyen da macht, bewegt sich vom Niveau her auf der gleichen Ebene wie der Propagandamist der iranischen Staatsmedien.

    Und dass die von der Leyen mit dieser ekelhaften Masche vermutlich durchkommt in Deutschland, sagt indirekt leider auch erschreckend viel aus über unsere Medien hier.

    Man stelle sich vor, die US-Administration würde mit ähnlichen Umfragen versuchen Politik zu machen. Es würde spätestens nach zwei Tagen harsche und ausführliche Berichte und Kommentare dazu in den angesehensten US-Medien geben. Aber hierzulande gibt es mal hier und da einen kleinen kritischen Online-Artikel, der zwar gut gemacht sein mag, aber kaum die Leute (vor allem außerhalb des Netzes) erreicht. Keine wirklich kritische, nachhaltige, ausführliche, wiederholte Berichterstattung beispielsweise in unseren ach so qualitativ hochwertigen öffentlich-rechtlichen Sendern – und damit meine ich Berichte in Tagesschau, Tagesthemen, Heute, Heute-Journal und nicht nur in solchen gut gemeinten aber vom Sendeplatz her total abseiten Sendungen wie „3Sat Neues“…

    Dieses Land ist echt arm.

  18. Kann vielleicht jemand, der sich mit Umfragen und Statistiken auskennt mal eine Beurteilung schreiben? Toll wäre jemand von einem anderen Meinungsforschunginstitut oder ein Statistik-Professor. Mir würde es darum gehen, das jemand die Fragen und Ihre Suggestivität beurteilt in Bezug zu den realen Fakten

  19. Mich interessiert, wo die „Gegen-Umfrage“ bleibt… ich meine, sicherlich läßt sich ein genau entgegengerichtetes Ergebnis provozieren, wenn die Umfrage entsprechend formuliert wird…
    K.

  20. Wir sollten ein großes Stopp-Schild vors Familienministerium stellen – damit ist die organisierte Kriminalität ausreichend bekämpft.

    Nur meine ständige Übelkeit kann ich mit Schildern nicht bekämpfen.

  21. Es heißt ja unter Soziologen, dass man nie DEN perfekten Fragebogen erstellen kann… aber den Fetzen, den Allensbach hier verzapft hat würde jeder Mülleimer wieder ausspucken oder wäre bestenfalls als DAS abschreckende Beispiel in Methodenkursen zu verwenden.
    Bereits die erste Frage „Begrüßen Sie die Maßnahme oder halten Sie sie nicht für den geeigneten Weg, um…“ – da werden zwei unterschiedliche Dinge gegenübergestellt: „Begrüßen“ bezieht sich auf die persönliche Einstellung, „den geeigneten Weg“ bezieht sich auf die Wirksamkeit, das ist schlicht methodologischer Dünnpfiff, genauso bei Frage 4. Die Argumente der Gegner werden verzerrt bzw. unkorrekt wiedergegeben, Frage 3 (wenn man diesen Sch… so nennen will) benötigte mindestens eine sechsfache Antwortkategorie. Der Hammer ist aber – neben den sonstigen, durchwegs suggestiven Formulierungen – im Anhang-Schaubild 1 die Bezeichnung „Gegner von Maßnahmen gegen K.“… Gegner lehnen demnach also nicht nur diese M., sondern welche-auch-immer ab… da hüpft die Galle im Dreieck!
    Ich arbeite gerade an einer Studie zum Thema „Überwachungsstaat“ mit, unser Projektleiter hat sich über diesen Mist heut gar nicht mehr eingekriegt… Leider haben auch wir da schon die Erfahrung machen dürfen, dass sich wirklich viele Leute vom vermeintlichen Sicherheitsgewinn fangen lassen und über ihre Grundrechte nur die Schultern zucken.:(

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.