Der neue Gesetzesentwurf zu Internet-Sperren ist da

Alvar Freude vom AK Zensur hat ihn :

Der neue Gesetzentwurf für Internet-Sperren (PDF, 100 kB) ist da. Er unterscheidet sich in einigen Punkten vom alten Entwurf . Wie heise online schon berichtete , gibt es keine Ausnahme mehr für Webseiten aus dem EU-Ausland (und auch nicht aus dem Inland) und die Provider dürfen IPs protokollieren und weitergeben.

Das Bundeskabinett will den Entwurf morgen beschließen.

Deine Spende für digitale Freiheitsrechte

Wir berichten über aktuelle netzpolitische Entwicklungen, decken Skandale auf und stoßen Debatten an. Dabei sind wir vollkommen unabhängig. Denn unser Kampf für digitale Freiheitsrechte finanziert sich zu fast 100 Prozent aus den Spenden unserer Leser:innen.

26 Ergänzungen

  1. Es war wohl allen bewußt, daß sich dieses Gesetz nicht verhindern lassen wird. Nun wird sich bald herausstellen, wieviele Kinderpornoringe mit dessen Hilfe zerschlagen werden können. Ich hoffe viele. Ich fürchte kaum einer. Und sollte diese Befürchtung zutreffen, beweist sich, was viele heute sagen, nämlich, daß dieses Gesetz aufgrund der technischen Möglichkeiten nur untauglich sein kann. Wir werden abwarten müssen.

  2. Es scheint ja mittlerweile eher so auszusehen, als ob man lieber (potentiell nicht mal bewusst wollende) Benutzer kriminalisieren will.

  3. „§8a
    (1) Im Rahmen seiner Aufgaben als Zentralstelle nach § 2 des Bundeskriminalamtgesetzes führt
    das Bundeskriminalamt Listen über vollqualifizierte Domainnamen, Internet-Protokoll-Adressen und
    Zieladressen von Telemedienangeboten, die Kinderpornographie nach § 184b des Strafgesetzbuches
    enthalten oder deren Zweck darin besteht, auf derartige Telemedienangebote zu verweisen (Sperrliste).“

    Das heißt also: Seiten wie wikileaks, die die Sperrliste enthalten werden/können werden dann ebenfalls gesperrt?
    Heftig. Und wahrscheinlich wird dann als Verweis auf derartige Seiten wieder der mittelbare Verweis auf solche Seiten verstanden, also „Homepage –> wikileaks –> gesperrte Domains“?

  4. @ NetReaper

    Blog->Blog->Wikileaks->gesperrte Domains

    gabs ja auch schon, mal gucken wie lang das BKA die Kette ziehen kann, bis die Gerichte die Reißleine ziehen.

  5. Ich habe es so satt. :( Einziger Vorteil: ich muß nicht mehr darüber nachdenken, was bei den nächsten Wahlen anzukreuzen ist. Und wenn das nicht hilft, gibt es immer noch den Mistgabelparagraph im GG. Sail Ahoy!

  6. Genau das ist doch das Skandalöse an der Sache. Es geht eben nicht nur darum illegale Inhalte zu sperren, gegen diese könnte und müsste man anderes vorgehen, zumindest wenn sie im Inland oder Europäischen Ausland betrieben werden.
    Der einzige logische Grund, den ich finden kann, es geht darum legale Inhalte zu sperren, gegen die man strafrechtlich nicht vor gehen kann. Dafür ist so eine geheime Zensurliste wunderbar geeignet, weil niemand überprüfen kann was gesperrt ist. Sollte die Zensurliste irgendwo veröffentlicht werden, kann diese Seite nach dem Gesetzentwurf auch gesperrt werden.

  7. Ehrlich gesagt, so langsam fühle ich mich ein wenig hilflos. Was können wir denn überhaupt noch ausrichten?

  8. @ Hans: „weil niemand überprüfen kann was gesperrt ist“

    Würde ich nicht so sehen. Schließlich würden beispielsweise Blogbetreiber schnell merken, dass sie sich nicht mehr einloggen können. Die Sperrung gilt ja wohl für die gesamte Domain inkl. Adminbereich und Feeds, und nicht nur für die Hauptseite.

    Zudem sind die meisten ’normalen‘ Seiten sowieso bei Google und Konsorten gelistet. Wer dort klickt und auf Stoppseiten stößt, wird aufmerken und evtl. Alarm schlagen.

  9. Neben dem Protest auf den etablierten Wegen (Vereinigungen, Veranstaltungen, Demos, etc ..) muss vielleicht auch versucht werden das Zensur-System mit technischen Mitteln gegen die Erschaffer zu richten.

    Konkret könnte ich mir zum Beispiel vorstellen, dass man Links zu bekanntlich gesperrten Seiten über Kommentar-Funktionen oder sonstige Interaktionsmöglichkeiten auf Seiten des Bundes, der Medien, der ISPs usw platzert – im Extremfall wird diese Seite dann ebenfalls gesperrt und der Skandal ist vorprogrammiert.

    Das ist etwas konstruiert, aber ich denke mal muss Wege finden in der Praxis zu demonstrieren, welch fatale Folgen derartige Maßnamen haben können.

  10. @diskussion von hans und henteaser:

    Eine Seite kommt – obwohl nichts strafrechtliches greift – auf die Sperrliste.

    Jemand sucht nach etwas unbestimmtem in Google und findet den Link. Klickt den Link an und kommt auf die Stoppseite. IP-Adresse ist nun bekannt und wird im wöchentlichen Bericht an das BKA übergeben.

    Nun schreibt er über diese Zensur in seinem Blog. Natürlich mit Link. Er verweist ja nun auch auf ein „illegales“ Angebot. Und wird in der Konsequenz dann wohl auch auf der Sperrliste landen.

    Und wie geht es dann weiter? Ein anderer Blogger findet die so gesperrte Seite. Schreibt darüber und landet auf der Sperrliste. Und der nächste und der nächste und so weiter und so fort.

    Dass lass ein paar mal passieren. Und ich wette, dass die Zahl derjenigen, die das zwar zur Kenntnis nehmen aber lieber doch nicht darüber reden/schreiben, weil sie Angst haben auch auf der Sperrliste zu landen, täglich steigen wird.

    Und auf der Sperrliste möchte ja schliesslich niemand landen. Denn egal warum jemand auf der Sperrliste steht. Er muss damit rechnen, dass morgens um 6.00Uhr auf einmal eine hundertschaft seine Bude stürmt. Und solche Aussagen wie „Es wird schon seinen Grund haben, warum Du gesperrt bist. Btw. landen da normalerweise nicht nur Kinderschänder auf der Liste!? Du bist ja ein ganz schlimmer Finger.“ usw. usf., die gibt es gratis dazu.

  11. Im Gesetzentwurf zu § 8a Abs 5 TMG heißt es, die Diensteanbieter dürfen „personenbezogene Daten erheben“. Das können IP-Adressen von Internet-Nutzern sein, die auf eine gesperrte Seite kommen. Allerdings heißt es in Abs 5 auch, dass die Speicherung zulässig ist, „soweit das für die Maßnahmen nach Abs. 1 und 3 erforderlich ist.“
    Das verstehe ich nicht. Die IP-Adressen der Nutzer fallen doch bei der Umleitung auf die Stopp-Seite an. Die aber ist nicht in Abs 1 oder 3, sondern in Abs. 4 geregelt. Liegt hier nur ein Redaktionsfehler des Gesetzentwurfs vor? Oder ist sind hier doch nicht die IP-Adressen der Nutzer gemeint, die auf gesperrte Seiten geraten sind?

    @Hans
    „Der einzige logische Grund, den ich finden kann, es geht darum legale Inhalte zu sperren, gegen die man strafrechtlich nicht vor gehen kann.“

    Denkbar ist auch, dass auf den Sperrlisten anderer Länder zwar wenig Kinderpornographie, aber viel Jugendpornographie steht (pornographische Darstellungen mit minderjährigen oder minderjährig wirkenden Personen), vgl. zur finnischen Liste http://maraz.kapsi.fi/sisalto-en.html. Da Jugendpornographie auch verboten ist, würden sich entsprechende Betreiber über die Listung nicht beschweren. Dies könnte auch erklären, warum es laut von der Leyen in Dänemark bisher nur fünf Beschwerden wegen falscher Listung gab, vgl http://www.taz.de/1/politik/schwerpunkt-ueberwachung/artikel/1/stoppsymbol-statt-kinderporno/. Wer wird sich schon beschweren, wenn er ein illegales jugendpornographisches Angebot betreibt, aber fälschlicherweise auf einer Liste für Kinderpornographie landet?

    Wenn das stimmt, müsste die Diskussion eben nicht über die Zensur von legalen Inhalten geführt werden, sondern über die Zensur von illegalen Inhalten, die nicht Kinderpornographie sind. Und es ist nicht so einfach zu begründen, warum etwas verbotenes nicht gesperrt werden darf.

  12. Es liegt ja leider bereits jetzt auf der Hand, dass die Regierung nach Erlass des Gesetztes fantastisch hohe Klickzahlen präsentieren wird, die „abgefangen“ wurden – woher genau diese Klicks kommen, und dass die absolut meisten davon von Suchmaschinen und sonstigen Bots stammen, wird – wie bisher schon – keinen interessieren.

    Dieser Gesetzeswahnsinn macht mich sowas von wütend!!

  13. Meine erste Frage von oben hat sich erledigt. Das war wohl ein redaktioneller Fehler (ich bezog mich auf die Fassung des Gesetzentwurfs, die Alvar Freude veröffentlicht hat). In der heutigen Fassung, die auf der BMWi-Seite zu finden ist, heißt es „soweit das für die Maßnahmen nach den Absätzen 2 und
    4 erforderlich ist“. In Absatz 4 geht es wirklich um die Stoppseiten, vgl. http://www.bmwi.de/BMWi/Redaktion/PDF/Gesetz/entwurf-gesetzes-zur-bekaempfung-der-kinderpornographie-in-kommunikationsnetzen,property=pdf,bereich=bmwi,sprache=de,rwb=true.pdf

  14. ich bin mir zwar nicht sicher wie das Gesetz zur Sperrung von Websites greifen soll und wenn dann werden sicher weitere Sperrungen folgen. Jedoch heiße ich es gut das Seiten mit Kinderpornografie u.ä. gespeert werden, denn diese Verstoßen ja gegen Gesetzt und sollten auch Strafrechtlich verfolgt werden.

  15. Ist das jetzt eigentlich „Unterlassene Hilfeleistung“ gegenüber den Opfern?

    Die entsprechenden Seiten werden doch quasi nur ausgeblendet und die Server werden nicht beschlagnahmt.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.