Der Entwurf des BKA-Gesetzes zum Download

Seit einigen Tagen geistert der aktuelle „Entwurf eines Gesetzes zur Abwehr von Gefahren des internationalen Terrorismus durch das Bundeskriminalamt“ (Kurz BKA-Gesetz) durch die Medien und die Politik. Leider sind die beteiligten Ministerien nicht in der Lage, bzw. ist es anscheinend nicht gewollt, den Entwurf auch transparent als Diskussionsgrundlage online zu stellen.

Freundlicherweise haben wir den Entwurf zugeschickt bekommen und stellen ihn hier als PDF zum Download zur Verfügung. Die Version ist vom 16. April 2008. Viel Spass beim lesen und analysieren.

Update: Ich hatte zwar keine Zweifel, aber ein Abgleich mit einer anderen Quelle hat gerade die Echtheit des Dokumentes bestätigt.

97 Ergänzungen

  1. Schön, dass hier endlich mal jemand den Entwurf veröffentlicht und sich kein Beispiel an den großen Medien nimmt und den Entwurf zur Ausschlachtung für Artikel unter Verschluss hält.

  2. Verstehe ich $20k, Absatz 5 richtig,
    dass der Präsident des BKAs eine Online-Durchsuchung anordnen darf? Falls ja, widerspricht das ja dem Richtervorbehalt und der ausführlichen Begründung des Richters, wie es das Bundesverfassungsgericht forderte, oder?

  3. @Obsolet (5): So lese ich das auch. Schon komisch, dass für eine Maßnahme, die soooo lange vorbereitet werden müsste, immer noch eine ‚Gefahr im Verzug‘-Regelung vorgesehen wird. Aber hey, das BMI hat doch schon beschlossen, dass das so verfassungskonform wäre…

  4. Mal fernab des Inhaltes, den ich ja sowieso zur Genüge kritisiere, stellt sich mir die Frage, ob es nicht einmal bei hochoffiziellen Dokumenten wie Gesetzen möglich ist, diese Korrektur zu lesen. Die trennen nicht ernsthaft in § 20l, Absatz 1, Nummer 1 ein ‚oder‘ in Form von „o-der“.

  5. Hat dies ein Legastheniker verfasst? (Und ja ich verwende seit vielen Jahren kein „scharfes s“ mehr.)

    Auf Seite 72 steht folgendes (hier habe ich das scharfe s verwendet, denn es stand so im Originaltext drin):

    „Nach Satz 2 darf die Maßnahmen auch durchgeführt werden, wenn andere Personen unvermeidbar betroffen werden, etwa weil sie Gesprächsteilnehmer sind.“

    Plural? Dann wäre es „dürfen“.
    Singular? Dann wäre es nur eine „Maßnahme“.

    Wer immer dies geschrieben hat, hat es wohl nie zur Prüfung vorgelegt – oder das Niveau ist tatsächlich bereits extrem tief, so das man einfachste Fehler nicht mehr bemerkt …

    Übrigens – es fällt einem beim Lesen auf, das hier Bürgerrechte beschnitten werden sollen, während das BvGH einige Urteile fällte, die eindeutig „pro-Bürgerrechte“ auszulegen sind. Also eine Stärkung der Rechte darstellen.
    Die Politiker betreiben offensichtlich eine stark restriktive Politik, Gesetze sollen nicht einfach „angepasst“ sondern vielmehr verschärft werden – und sie versuchen so auch das BvGH zu umgehen (indem an
    einigen Krititpunkten nachgegeben wird. Siehe die Referenz im Papier.).

    Zudem ist auf Seite 74 eine handfeste Lüge zu finden:
    Es wird behauptet, die gewonnenen Daten sind kaum brauchbar.

    Das ist falsch. ALLE Informationen lassen sich verwenden. Auch im privaten Sektor. Da gibt es viele Möglichkeiten.
    Die „Vielgestaltigkeit von Telekommunikationsvorgängen“ kann mittels Computer ohne Probleme berechnet und visualisiert werden. Da gibt es einige gute Vorträge zu nennen, unter anderem ein paar auf google talk etc..

    PS: Ich habe nicht alle Seiten gelesen aber das wenige reicht schon um zu verstehen das die Verfasser entweder lügen, oder ahnungslos sind. Beide Fälle sind schlimm.

  6. Klasse Rechtsbeuger-Gesetz. Schon verständlich, dass man das vor der Absegnung nicht diskutiert haben will…

    Und mit der Conoputer-VDS hätte der Informant jetzt vermutlich ein Problem… Oder wurde der Entwurf als CD-R im Biefkasten gefunden?

  7. Herzlichen Dank für diesen Einblick.

    Wenn ich die PDF-Datei abspeichern will, meldet mein Virenscanner gefundene Malware (CVE-2007-3896 [Expl]). Weiß jemand zu sagen, was es damit auf sich hat?

  8. Hier werden die praktischen Folgen des neuen BKA-Gesetzes schön dargestellt.

    Besonders krass sind diese zwei Punkte:

    – Es enthält eine Ermächtigungsgrundlage für die von Schäuble geforderte „Präventiv-Haft“ – und zwar ohne jegliche Ein-/Be-schränkung.(§ 20p) Das heisst, das BKA kann einen „Verdächtigen“ – ohne Zeitbestimmung – „in Gewahrsam nehmen“. Also ohne richterlichen Haftbefehl, um ihn von der Begehung einer Straftat abzuhalten. Das ist nichts anderes als Guantanamo. Nur (noch) ohne Folter.

    – Das Zeugnisverweigerungsrecht wird außer Kraft gesetzt(§20c Abs.3). Das heisst, Kinder/Ehepartner des Verdächtigen werden gezwungen gegen ihn auszusagen. Bei Aussageverweigerung könnte dann die Erzwingungshaft angeordnet werden.(wie bei einer unberechtigten Zeugnisverweigerung)

  9. @Kai K.: Ja herzlichen Dank. Die Sache mit dem Zeugnisverweigerungsrecht ist mir auch übel aufgestoßen, allerdings hatte ich noch ‚die Hoffnung‘, das wäre bei den Verdachtsmomenten aktuell auch schon so. Herrlich, Politiker in Deutschland begeistern mich immer mehr (Hint: Wenn Politiker die Verfassung nicht mehr als bindend ansehen, warum solle es das Volk [Stichwort: Friedlicher Widerstand]?).

  10. @Thomas: Da steht nicht friedlicher Widerstand. Jedenfalls nicht in Artikel 20/4, auf den du ja vermutlich anspielst.
    In lebendiger Erinnerung an Stauffenberg haben die Väter unseres Grundgesetzes bewußt auf ein Attribut verzichtet. Es gibt ein Recht auf Widerstand – wenn andere Abhilfe nicht möglich ist. Wir haben noch die Möglichkeit anderer Abhilfe. nächstes Jahr. Aber wenn die Mehrheit des deutschen Volkes immer wieder seine Feudalherren selber wählt . . .
    Wir brauchen eine Feudalismusreform.

  11. Wärem es nur hanebüchene Paragrafen, ok. Aber dann noch Rechtschreibfehler, Virenscannermeldungen und eine Aufmachung, die jeder zuhause hinbekommt.

    Wer legt seine Hand ins Feuer, dass das PDF echt ist?

  12. ob das PDF echt ist oder nicht, dürften wir spätestens im Laufe des Tages wissen, da der Gesetzentwurf heute den Ländern zugeleitet werden soll.

  13. Um das alles zu lesen fehlt mir die Zeit. Was mich aber mal interessieren würde ist, wie eigentlich der Begriff des „internationalen Terrorismus“ oder generell der „Terrorismus“ definiert ist. Was fällt alles in die Kategorie „Terrorismus“ und wodurch unterscheidet es sich wesentlich von kriminellen Delikten?

  14. je weniger der plebs und seine organe so was versteht, desto einfacher geht das durch.

    ich sach euch, wir brauchen so ein gesetz so was von dringend, ihr werdet schon sehen. und wenn es keiner glaubt, einfach wiederhole. wie waschmittelwerbung.

    .~.

    (heute etwas sarkastisch.)

  15. Selbst wenn das hier vorliegende Dokument ein Fake ist, wovon ich nicht ausgehe, dann ist daran nicht der Verfasser der Unterklage schuld, sondern die völlige Intransparenz unserer Volksvertreter.
    Ich werde das Teil erst einmal so verkaufen.
    Ist ja nicht das erste mal das Gesetze geheim sind. Zum Beispiel fällt mir da die Regelung zu Flüssigkeiten in Flugzeugen ein. (Viel Spaß beim recherschieren!!!)
    Nicht das ich dagegen bin Ermittlern jedes nur erdenkliche Handwerkzeug an die Hand zu geben, jedoch muß gewährleistet sein, dass diese Mittel verhältnismäßig in jedem Sinn und kontrollierbar ausgestaltet werden.
    Leider kann man zu dem Eindruck gelangen, dass keine Ermittlung heute mehr ohne verdeckte Maßnahmen möglich ist.
    Von einer Benachrichtigung betroffener Dritter von verdeckten Maßnahmen, wie sie sie z.B. in der StPO vorgeschrieben sind, habe ich persönlich noch nichts mitbekommen. Auch ist mir diesbezüglich keine geregelte Sanktion für Mißbrauch (gesetzlich geregelt oder praktisch durchgeführt) bekannt.
    Die Schutzklausel des neuen § 20 w BKAG (S. 29 f und S. 87 ff) über die Benachrichtigungspflicht degradieren die Benachrichtigungspflicht zur eventuell möglichen Benachrichtigungsmöglichkeit.
    Eine Dienstpflichtverletzung der Zuständigen ist nie nachweisbar. Definierte Sanktionen Fehlanzeige.

    Noch einmal,ich bin uneingeschränk dafür Ermittlern jede denkbare Handhabe zu geben, wenn sie angemessen, erforderlich und verhältnismäßig und zudem im mindestenz nachhinein einer echten Benachrichtigungspflicht/ Kontrolle unterliegen. Ich bin der festen Überzeugung, so lange keine intensive Kontrolle von verdeckten Maßnahmen erfolgt und unrechtmäßige Maßnahmen strafrechtlich oder dienstrechtlich sanktieoniert werden, dieser Staat die Bezeichnung Rechtsstaat nicht mehr verdient.

  16. Zunächst einmal vielen Dank für die Bereitstellung dieses Gesetzes. Wenn es schon die Politiker nicht tun, weil sie selbst wissen, dass dieses Gesetz ein verfassungsfeindliches Sonderexemplar darstellt und deshalb so lange wie möglich geheim gehalten werden sollte, so müsssen es eben – Gott sei dank – andere tun.

    Wer schützt uns eigentlich gegen den Verein der Politiker, der mit diesem Gesetz die Bürger einer verfassungsrechtlich geschützten Demokratie einschüchtert und – weiteres Tatbestandsmerkmal des § 4 a Abs. 1 des BKA Gesetzes – mit diesem Gesetz sehr tiefgreifend die verfassungsrechtlichen
    Grundstrukturen zu beseitigen beabsichtigt. Ich habe dieses Gesetz noch nicht in allen Einzelheiten geprüft. Aufgrund der Tatsache, dass man in unsere Politiker und der staatlichen Verwaltung, dessen sich die Politiker bishin in die praktische Justiz (politische Justiz) bedienen, nur noch wenig Vertrauen setzen kann, stellt dieses Gesetz einen knallharten Anschlag auf unsere Demokratie dar. Wir brauchen zwingend eine andere politische Struktur und dies kann nur durch Abwahl der jetzigen Politiker erfolgen. Mir ist eine Partei, die noch Demokratie erlernen muss lieber, als eine Parteistruktur, die bereits dabei ist, das Erlernte und unantastbare zu beseitigen, nämlich unsere Demokratie. Es ist ja nicht das erste mal, sondern haben sich die Versuche unser Grundgesetzt absolut umzukrämpeln in der letzten Vergangenheit maßlos gehäuft. Ein Dank an das BVerfGe und ein Dank an den Bundespräsidenten. Dies sind wenigstens noch zwei Institutionen, welche weitgehend geeignet sind, diese Demokratie zu schützen.Ob sie es auch noch in Zukunft tun werden, stufe ich als fraglich ein.
    Ich werde mich mit dem Gesetz in den nächsten Tagen noch etwas genauer auseinandersetzen. Die Frage an die Moderatoren, wieviel Platz habe ich, mich hier eingehend zum Gesetz im einzelnen zu äußern ?? (evtl. Antwort per e-mail)

    Und hier für Schäuble, BKA und BND:
    Hans-Karl Biehl
    Sandweg 14
    16727 Oberkrämer
    Tel. 03304 253154

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