Netzpolitik-Interview: Nutzervertretung bei ICANN

Die ICANN-Nutzervertretung ALAC hat jetzt auch einen europäischen Ableger bekommen, „EURALO-ICANN At Large Europe“. Dazu hab ich ein Interview mit Annette Mühlberg gemacht, die an der Gründung massgeblich beteiligt war.

netzpolitik.org: Annette, Du warst Vorsitzende des At-Large Advisory Committee (ALAC) bei ICANN und bist immer noch dort aktiv. Was ist die Aufgabe von ALAC?

Annette Mühlberg: Die Aufgabe von ALAC ist, ICANN im Interesse der Internetnutzer zu beraten und die NutzerInnen an der Gestaltung von ICANN-Policies zu beteiligen. Zum Beispiel Rahmenbedingungen für die Einführung neuer Top Level Domains zu formulieren.

netzpolitik.org Welche Rolle spielen Nutzerinteressen bei ICANN?

Annette Mühlberg: Die Möglichkeiten zur Einflussnahme über das At-Large Advisory Committee sind leider noch sehr begrenzt. Es hat nur beratende Funktion und die Ratschläge werden teils erhört, großenteils aber nicht, wie zum Beispiel beim umstrittenen Vertrag ICANNs mit Verisign, der die Monopolstellung von Verisign festigt.

netzpolitik.org Was war das Problem bei dem Verisign-Deal?

Annette Mühlberg: Wir wollten Wettbewerb sichern und u.a. auch in dem Vertrag enthaltene Klauseln zu Datamining, die Fragen des Datenschutzes betreffen, zugunsten der Nutzer – nicht der Firmen – sichern.

netzpolitik.org Was läuft gut?

Annette Mühlberg: Wir haben weltweit hochkompetente Vertreterinnen und Vertreter auf der Nutzerseite, die verschiedene Themen pushen. Ein wichtiges Thema ist beispielsweise die Fortentwicklung sogenannter „Internationalized Domain Names“. Sie sollen weltweit den Gebrauch des Internets in der jeweiligen Landessprache erleichtern, durch die Verständlichkeit der „Top Level Domains“, die bisher nur in lateinischen Buchstaben vorhanden sind.

netzpolitik.org: Aktuell wurde die neue europäische ICANN-Internetnutzerorganisation „EURO-Ralo“ gegründet. Wie war der Weg dahin?

Annette Mühlberg: Steinig. Aber jetzt haben wir es geschafft und ich darf hinzufügen, dass viele deutsche Bürgerrechtsorganisationen mitgewirkt haben (Netzwerk Neue Medien, Humanistische Union, FoeBud, FIfF, Terre des Femmes, DVD, FITUG, KDU, Medienstadt Leipzig und andere). Ich freue mich, dass wir einen fitten und international besetzten Vorstand haben, der jetzt loslegen kann. Eine besondere Herausforderung ist, dass unsere europäische Internetnutzerorganisation 74 Länder umfasst (ICANN hat die Definition europäischen Region angelehnt an die der UNO), die teils sehr demokratiefern sind.

netzpolitik.org: Was sind die Ziele auf europäischer Ebene?

Annette Mühlberg: In einem ersten Schritt, Nutzer- und Verbraucherrechte gegenüber der EU-Kommission und ihren Institutionen geltend zu machen. Aktuelle Themen sind Netzneutralität, die weitere Einführung geographischer Top Level Domains und Datenschutz.

netzpolitik.org: Vielen Dank für das Kurzinterview.

Deine Spende für digitale Freiheitsrechte

Wir berichten über aktuelle netzpolitische Entwicklungen, decken Skandale auf und stoßen Debatten an. Dabei sind wir vollkommen unabhängig. Denn unser Kampf für digitale Freiheitsrechte finanziert sich zu fast 100 Prozent aus den Spenden unserer Leser:innen.

2 Ergänzungen

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.