#270 Off The RecordWas bleibt zehn Jahre nach Snowden?

Der US-Auslandsgeheimdienst NSA belauschte selbst Kanzlerin Merkel und spähte zig Millionen Internetnutzer:innen aus. Und deutsche Geheimdienste halfen kräftig mit. Im Podcast sprechen wir darüber, was blieb von der Empörung nach den Snowden-Enthüllungen, von den Veränderungen, den Enttäuschungen – und der Rolle von Club Mate im Untersuchungsausschuss.

Illustration von Edward Snowden, links realistisch, rechts verzerrt.
Edward Snowden in der Zeitmaschine. – Lexica (Edward Snowden in a time machine“)


In dieser Folge schauen wir zurück – auf einen Skandal unvorstellbaren Ausmaßes. Im Juni 2013 machte Edward Snowden mit Hilfe von Journalist:innen öffentlich, in welcher Größenordnung US-Geheimdienste die Welt überwachen. Seine Unterlagen zeigten: Der US-Auslandsgeheimdienst NSA spähte zig Millionen Internetnutzer:innen aus und belauschte selbst Kanzlerin Angela Merkel.

Bald wurde klar: Nicht nur die NSA spioniert in der Welt herum. Auch die deutschen Geheimdienste helfen kräftig mit. Und der Rest – ist Geschichte. Aber was für eine Geschichte eigentlich? Was ist geblieben von den Enthüllungen Snowdens heute, zehn Jahre danach? Und wie war es damals im NSA-Untersuchungsausschuss, aus dessen Sitzungen netzpolitik.org in Echtzeit bloggte, teils bis in die Nacht? Darüber spricht Chris in dieser Folge mit Anna, Co-Chefredakteurin von netzpolitik.org.


In dieser Folge: Anna Biselli und Chris Köver.
Produktion: Serafin Dinges.
Titelmusik: Trummerschlunk.


Hier ist die MP3 zum Download. Es gibt den Podcast wie immer auch im offenen ogg-Format.


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9 Ergänzungen

  1. Hallo, erst einmal : vielen vielen Dank !
    Ich habe immer gewartet, dass Ihr auf das Unabhängige Richtergremium kommt, das inzwischen unsere Geheimdienste prüfen muss, und damit 1. die Verantwortung dafür hat, Machtmissbrauch zu verhindern, 2. das Recht hat, alles anzuschauen direkt in den Geheimdiensten und 3. „nein“ sagen kann mit stop-Wirkung.
    Denn ich erinnere mich eigentlich an die NSA-Untersuchungsausschuss-Zeit als eine Suche genau danach: da war niemand, der alles anschauen durfte (das PKGR bekam nur das, was die Dienste ihm freiwillig mitteilten, und wusste nicht einmal, was die Regierung als Aufgabenstellung an die Dienste gab, – und auch ein geringes Maß an Whistleblowerschutz für Geheimdienstler, die dem PKGR Sorgen mitteilten, kam dann erst mit & durch Snowden!); da war niemand der wirksam „nein“ sagen konnte (die G10-Kommission war dazu nicht in der Lage, stellte sich heraus – die Mitglieder der G10 Kommission sagten das damals selbst), und ganz sicher war da niemand, der sich verantwortlich fühlte dafür, den Machtmissbrauch abzustellen (=> es war also ein rechtsfreier Raum). So gesehen ist dieses neue Gremium und der Hinweisgeberschutz [Geheimdienst-Mitarbeiter an PKGR] das, was wir von Edward Snowden bekommen haben hier bei uns, plus der DSGVO (das „nicht-ohne-meine-Erlaubnis“) auf der EU-Ebene. Das ist kostbar !,
    oder sehe ich das Eurer Ansicht nach zu optimistisch ?

    Verzweifelt bin ich nur darüber, dass wir Edward Snowdens Leben ruiniert haben: sein Schutz für ihn in Berlin fehlt bis heute, weshalb ich bekanntlich weder Vertrauen in Politik noch in Justiz bei uns haben kann.

  2. 13.11.2013:
    Die Grünen beantragen, Edward Snowden in Deutschland aufzunehmen
    13.11.2013:
    Die Bundesregierung soll aufgefordert werden, Edward Snowden „aus humanitären Gründen und zur Wahrung politischer Interessen“ dauerhaften Aufenthalt und Schutz in Deutschland anzubieten.

    Mit Stand November 2016 wurde der Antrag „noch nicht beraten“.

    Mit Stand Mai 2023 sind die Grünen nicht mehr Oppositionspartei, haben aber Edward Snowden vergessen.

  3. Der Podcast beginnt mit „wir schauen zurück auf einen Skandal unvorstellbaren Ausmaßes … der die Welt erschütterte … der Rest ist Geschichte. Was ist dieser Rest eigentlich und was ist geblieben, 10 Jahre danach.“

    Der Podcast handelt von Veränderungen im Nachgang der Snowden-Enthüllungen, nicht aber von Edward Snowden, der Person, die all das ins Rollen brachte, und was aus dem einstigen Held der Netzpolitik geworden ist. Das macht traurig.

    Ja, es gab Veränderungen im Nachgang der Enthüllungen, es sind wenige und es sind kaum jene, die sich Snowden wohl gewünscht haben könnte. Illegales agieren der „Dienste“ wurde eher legalisiert als verboten, heute stehen diese auf einem verbesserten juristischen Fundament, die Beinfreiheit mag nach außen ein wenig eingeschränkt dargestellt werden.

    Die „Dienste“ haben aus dem Snowden-Event dazugelernt, die sog. „Welt“ – um es ein wenig pathetisch zu sagen – eher kaum.

    Interessant ist, was das Podcast auslässt. Das ist kein Vorwurf, nur eine bemerkenswerte Tatsache.

  4. Snowden 2013: Ihr werdet ausspioniert! Von der NSA, von Apple, von Google! Nutzt Tails und Whonix, nutzt Protonmail, nutzt Brave und Swisscows!

    Durchschnittliche Bevölkerung 2023: Muss ich auf Instagram teilen! Sollen doch ruhig alle wissen, was ich gerade mache!

    Das ist leider die traurige Realität. Das haben wir geerbt bekommen.

  5. Zehn Jahre danach könnte Anlass genug sein, hoffentlich Gelerntes zu bilanzieren:

    Was habe ich selbst aus den Ereignissen gelernt?
    Was haben Teile der Gesellschaft (unterschiedlich) gelernt?
    Welche Verhaltensänderungen hat es bei mir bewirkt, und welche bei anderen?

    Wir müssen uns auch fragen, was Snowden selbst gelernt haben könnte:
    Seine Motivation damals, wäre sie heute eine andere?
    Wie würde er heute mit Wissen und Erfahrung anders handeln?
    Seine Erfahrungen als Whistleblower, was könnte er gelernt haben?
    Seine Erfahrungen mit Journalismus und Öffentlichkeit. Da gibt es nicht nur Freude, oder?
    Seine Erfahrungen mit den Menschen, wer hilft in der Not und warum?
    Wie schafft man es als gestrandeter unter Menschen zu leben und zu überleben?

    2019 publizierte Edward Snowden „Permanent Record“. Ein Buch das bleibt. Geschrieben im auferzwungenen russischen Exil, das er sich wahrlich nicht selbst ausgesucht hat. Kein Land dieser Welt wollte Edward Snowden ein politisches Asyl geben, eine Wahl hatte er nicht mehr. Sein Ziel war das nicht, das war das Ergebnis von US-Regierungshandeln und wohl auch Torpedierung dessen durch Russland. Dumm gelaufen, sehr dumm.

    Snowden als Pfand in Russlands Hand. Welche Gespräche hat der FSB wohl geführt? Wie standhaft ist Snowden geblieben? Einen russischen Maulkorb trägt er seit dem, daran hängt sein schieres Überleben, jetzt mit Familie.

    Russland war schon immer ein brutales, gewalttätiges Land. Ein Land durchtränkt von Alkohol und Blut, das im nationalistischen Rausch ein „Bruder-Volk“ vernichten will. Dort als Gestrandeter überleben zu müssen, das verdient nicht einmal ein Hund. Die Umstände werden ihn nicht unbehelligt lassen. Tweets wurden seltsam, sie werden hier kaum mehr rezipiert.

    Kann Edward Snowden noch ein weiteres Buch schreiben? Unter welchen Umständen wird man es in eine freie Welt bringen können, wenn es noch eine geben wird? Was könnten wir zu lesen bekommen?

  6. Vielen Dank für die Erinnerungen, die auch nötig sind.
    Ich fand es einfach krass, was alles sehr genau und umfangreich (und alles, was zu bekommen ist) gesammelt wurde und immer noch wird.
    Deutschland scheint ein Staat zu sein, dem so sehr misstraut wird, dass es bis zum Abhören der höchsten Gremien passiert (Merkel).
    Verstehen kann ich das allerdings auch, denn schließlich haben wir 2 Weltkriege geführt.
    Kritikwürdig ist es andererseits trotzdem, denn das sind die gleichen Methoden wie in vielen totalitären Staaten.

  7. IETF Network Working Group
    Published: 20 May 2023

    S. Farrell, Trinity College, Dublin
    F. Badii, Digital Medusa
    B. Schneier, Harvard University
    S. M. Bellovin, Columbia University

    Abstract

    This memo contains the thoughts and recountings of events that transpired during and after the release of information about the NSA by Edward Snowden. There are four perspectives: that of someone who was involved with sifting through the information to responsibly inform the public, a security area director of the IETF, a human rights expert, and of a computer science and law expert. The purpose of this memo is to provide some historical perspective, while at the same time offering a view as to what security and privacy challenges the technical community should consider.

    https://www.ietf.org/archive/id/draft-farrell-tenyearsafter-00.html#name-changes-from-earlier-versio

  8. Schade das ihr zwar viel Retrospektive macht, aber recht wenig auf praktische Tipps – sowohl für politisches Handeln, als auch persönliche Technikauswahl – eingeht.
    Was passiert ist, ist interessant und wichtig und das Heute zu verstehen. Aber wichtig ist vor allem, wie man die Zukunft besser gestalten kann, und das sowohl in seinem persönlichem Umfeld, als auch für die ganze Gesellschaft!
    „Dennoch“ DANKE für den Podcast und DANKE für eure Arbeit insgesamt. :-)

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.