Seit Dienstagfrüh erscheint auf der russischen Wikipedia eine Protestseite anstatt der Lexikonseiten. Der russische Ableger der Wikipedia protestiert damit gegen ein geplantes Internetzensurgesetz. Mit diesem sollen zentrale Sperrlisten erstellt werden auf denen Seiten die Kinderpornografie verbreiten, Drogenkonsum fördern oder Anleitungen zum Selbstmord geben gesetzt werden sollen. Die Webseiten-Betreiber, auf deren Webseiten Inhalte beanstandet werden, sollen diese innerhalb von 24 Stunden entfernen, kommen sie dem nicht nach, müssen die Webhoster innerhalb von ebenfalls 24 Stunden die Seite sperren – geschieht auch dies nicht innerhalb der Frist müssen die russischen ISPs (Internet Service Provider) die Seiten sperren. Dabei sollen nicht „nur“ DNS-Sperren zum Einsatz kommen, sondern auch ganze IP-Adressbereiche gesperrt werden, wodurch häufig auch nicht beanstandete Inhalte, die unter der gleichen IP-Adresse liegen, betroffen wären. Die Sperren können durch einen IP-Adresswechsel umgangen werden.
Kritisiert werden die weiten Formulierungen im Gesetz und befürchten eine Zensurinfrastruktur, die sehr schnell und nach Gutdünken von Regierungs- oder Behördenvertretern Inhalte aus dem Netz nehmen kann. Es werden auch Vergleiche mit der chinesischen Zensurinfrastruktur, die ironisch Great Firewall genannt wird, gezogen. Die Wikipedia befürchtet selbst von der Zensur betroffen zu sein.
Der Gestzentwurf wird von allen vier Parteien in der Duma unterstützt und soll am Mittwoch verabschiedet werden. Welche Behörde die Sperrlisten verwalten soll ist bisher noch unklar.
[update]Das Gesetz wurde am 11. Juli 2012 beschlossen. Laut Moscow Times wurde die vage Formulierung „schädliche Informationen“ gestrichen und das Gesetz damit leicht entschärft. Wie sich das Gesetz auf die Medienlandschaft und das Internet in Russland auswirkt, muss sich zeigen.[/update]
Kommt mir irgendwie bekannt vor. Aber vermutlich wird der „Qualitätsjournalismus“, der ungeniert Interviews so zurechtschneidet, daß sie propagandistischen Zielen genügen (http://www.spiegelfechter.com/wordpress/392/das-interview), sich mal wieder in seiner eigenen Doppelmoral suhlen.