Seit mehr als einem Jahr recherchieren Journalist*innen vom Bayerischen Rundfunk und netzpolitik.org gemeinsam zum Datenhandel der Online-Werbeindustrie. Im Fokus der Databroker Files stehen Handy-Standortdaten, die detaillierte Bewegungsprofile von Menschen offenbaren. Das ist gleichermaßen eine Gefahr für die Privatsphäre wie auch für die nationale Sicherheit.
Seit den ersten Veröffentlichungen im Juli 2024 sind zahlreiche Beiträge entstanden. Mehrere internationale Medien haben sich der Kooperation angeschlossen, unter anderem aus den USA, Frankreich und Norwegen. Fachleute aus Politik und Wissenschaft, Verbraucherschutz und Zivilgesellschaft forderten Konsequenzen, darunter der Verbraucherzentrale Bundesverband und das Bundesverbraucherschutzministerium.
Datenschutz Medienpreis für besten interaktiven Online-Beitrag
Die Recherchen wurden bereits vergangenes Jahr mit dem Grimme Online Award prämiert. Nun kamen zwei weitere Auszeichnungen hinzu.
Am 27. Mai verlieh der Berufsverband der Datenschutzbeauftragten Deutschlands (BvD) den Datenschutz Medienpreis DAME. Ausgezeichnet wurde das beim Bayerischen Rundfunk in Kooperation mit netzpolitik.org erschienene Web-Special mit dem Titel „Wohnort, Arbeit, Ausspioniert: Wie Standortdaten die Sicherheit Deutschlands gefährden“. Es erhielt den Sonderpreis für den besten interaktiven Online-Beitrag. Die Auszeichnung ist mit 1.500 Euro dotiert.
In der Begründung heißt es:
Die Recherche des Bayerischen Rundfunks und netzpolitik.org zeigt, wie Standortinformation in riesigen Datensätzen einfach erworben und ausgewertet werden können. Die Recherchen zeigen, dass sich die Bewegungsprofile von mehreren Millionen Menschen aus ganz Deutschland rekonstruieren lassen, die sehr detailliert sein können.
Der DAME-Hauptpreis ging an Angelique Geray für den Beitrag „Digitale Gewalt – Frauen im Visier“, der bei RTL erschien; den Sonderpreis Jugend erhielt Elisha Nneji für sein YouTube-Video „Was uns Passanten über den Datenschutz lehren“.
„Innovation Award“ des European Press Prize
Einen Tag später, am 28. Mai, erhielten die Recherchen eine weitere Ehrung beim European Press Prize, der im italienischen Bari in sechs Kategorien verliehen wurde. Für die Databroker Files gab dort den „Innovation Award“. Die Jury lobte, wie das Team anhand der Handy-Standortdaten beispielhafte Fälle von Tracking und Überwachung herausgearbeitet hat.
Eine clevere Idee, diese Techniken gegen die Leute einzusetzen, die uns das antun. Das Team hat das auf verantwortungsvolle Art und Weise auf den Punkt gebracht.
Weitere Auszeichnungen erhielten etwa eine Undercover-Recherche über Russlands Einflussnahme auf die Wahlen in Moldau. Măriuța Nistor und Natalia Zaharescu erhielten dafür den „Investigative Reporting Award“. Den „Distinguished Reporting Award“ erhielt eine Recherche von Jessica Bateman zu Zwangsadoptionen mit politischem Hintergrund während des Kalten Krieges. Jeder Award ist mit 10.000 Euro dotiert.
Andere verdienen ihr Geld mit euren Daten, wir nicht!
Recherchen wie diese sind nur möglich durch eure Unterstützung.
Recherchen treffen offenbar einen Nerv
Zur inzwischen dreifachen Prämierung der Recherchen sagt netzpolitik.org-Redakteur Sebastian Meineck:
Offenbar treffen unsere Enthüllungen zur alltäglichen Massenüberwachung mit Handy-Standortdaten aus der Werbe-Industrie einen Nerv. Wichtiger als ein Preis wären politische Konsequenzen: Ein Ende der Misere; etwa durch ein Verbot von Tracking und Profilbildung zu Werbezwecken. Der Ball liegt derzeit bei der EU. Dafür braucht es allerdings einen sehr langen Atem und immer wieder Druck. Genau deshalb sind Auszeichnungen eine große Hilfe. Sie unterstreichen: Dieses Thema ist auch anderen wichtig. Schiebt es nicht auf die lange Bank.
Das Team von netzpolitik.org bedankt sich herzlich bei allen Spender*innen, ohne die solche aufwendigen Recherchen gar nicht erst möglich wären. Und die Recherchen zu den Databroker Files gehen weiter; Hinweisgeber*innen können sich unter anderem per E-Mail an Sebastian oder Ingo wenden.
Team BR: Katharina Brunner, Rebecca Ciesielski, Maximilian Zierer, Robert Schöffel und Eva Achinger. Team netzpolitik.org: Ingo Dachwitz, Sebastian Meineck und Anna Biselli (netzpolitik.org). Internationale Recherche-Partner: BNR Nieuwsradio (Niederlande), Dagens Nyheter (Schweden), Le Monde (Frankreich), NRK (Norwegen), SRF/RTS (Schweiz), WIRED (USA), 404 Media (USA).
Korrekturhinweis: Wir haben eine Datumsverwechslung bei der DAME-Preisverleihung korrigiert.
Klasse, weiter so und Danke für Alles!