GerichtAttila Hildmann muss Hassrede gegen Volker Beck löschen

Die Verfolgung von digitaler Gewalt im Netz verläuft oft schleppend. Die einstweilige Verfügung gegen den Verschwörungsideologen Attila Hildmann zeigt, dass Hassrede auch bei Telegram Folgen haben kann.

Attila Hildmann
Attila Hildmann spricht im Mai 2020 zu Anhänger:innen vor dem Reichstag. – Alle Rechte vorbehalten IMAGO / Stefan Zeitz

Der Verschwörungsideologe Attila Hildmann verbreitet auf der Straße und im Netz häufig homophobe, antisemitische und rechtsextreme Inhalte. Der ehemalige Grünen-Politiker Volker Beck ist von der Hassrede des ehemaligen Vegan-Kochs direkt betroffen. Laut Tagesschau erwirkte er nun mit der Unterstützung von HateAid eine einstweilige Verfügung gegen Hildmann durch das Landgericht Berlin.

Die tageszeitung (taz) berichtete schon letztes Jahr von Hildmanns Morddrohungen gegen Volker Beck, die er sowohl im Telegram-Kanal als auch auf einer öffentlichen Kundgebung äußerte. Dort kündigte Hildmann an, dass er die Todesstrafe für Beck einführen wolle, wenn er Reichskanzler sei und dann diesem die Eier auf einem öffentlichen Platz zertreten wolle.

„Dem Hass Paroli bieten“

Volker Beck ließ sich von derartigen Drohungen nicht einschüchtern und erstattete Anzeige gegen Hildmann. Er positioniert sich gegen Hassrede im Netz mit der Aussage: „Man darf sich nichts gefallen lassen. Man muss dem Hass Paroli bieten.“ 

Nach einem langen Prozess veröffentlichte das Landsgericht Berlin nun einen Beschluss. Wenn dieser seine Beleidigungen gegenüber Volker Beck nicht auf Telegram löscht, droht ihm ein Ordnungsgeld von bis zu 250.000 Euro oder alternativ eine sechsmonatige Ordnungshaft. Das geht aus der Pressemitteilung von HateAid hervor.

HateAid ist die eine deutschlandweite Beratungsstelle für „Betroffene von digitaler Gewalt“ mit Sitz in Berlin. Wie im Falle von Volker Beck unterstützt die Organisation Betroffene eine Zivilklage zu stellen und diesen Prozess zu finanzieren. Laut HateAid gefährden solche Angriffe die Meinungsvielfalt und somit unsere Demokratie, da sie Betroffene zum Schweigen bringen können.

„Plattformen müssen kooperieren“

Die Debatte zum Schutz vor Hassrede im Netz ist aufgeladen. Eine zentrale Rolle spielen hierbei nicht nur die Zivilgesellschaft, sondern auch Gesetzgeber:innen und die Plattformen selbst. Josephine Ballon, die Leiterin der Rechtsabteilung von HateAid, betont die Verantwortung der Plattformen bei Fällen von Hassrede. In einem Tweet appelliert sie an Telegram und fordert den Messenger zur Kooperation auf, um so die Rechte der Betroffenen durchsetzen zu können.

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Telegram  zeigt sich bislang intransparent und wenig kooperativ, was die Löschung von Kanälen und Gruppen und deren Inhalte in Deutschland betrifft. Der Messenger, der im Iran, in Hongkong und Weißrussland wegen seiner unnachgiebigen Haltung gegenüber staatlichen Eingriffen bei Protesten für Demokratie beliebt ist, hat hier wegen der gleichen Haltung auch viele Demokratiefeinde und Rechtsextreme angezogen. Telegram fiel lange Zeit nicht unter das Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG), erst seit Kurzem geht das Bundesamt für Justiz mit den Regeln des Gesetzes gegen den Messenger vor. 

Der Beschluss des Landgerichts gegen den Verschwörungsideologen zeigt, dass Hassrede im Netz auch bei Telegram verfolgt werden kann. Unklar bleibt allerdings, ob die einstweilige Verfügung förmlich zugestellt werden kann, da sich der Verschwörungsideologe nach Informationen der Tagesschau derzeit an einem unbekannten Ort in der Türkei befindet. 

Korrektur: In einer früheren Version hieß es in der Überschrift, Hildmann müsse „löschen oder 250.000 Euro zahlen“. Richtig ist, dass ihm ein Ordnungsgeld von bis zu 250.000 Euro droht. Wir haben die Überschrift geändert. In einer früheren Version haben wir von einem „Urteil“ geschrieben, es handelt sich aber um einen „Beschluss“.

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5 Ergänzungen

  1. Der letzte Absatz hat mich aufgrund der Formulierung zum Schmunzeln gebracht. :D
    Gemeint ist wohl „Das Urteil des Landgerichts gegen den Verschwörungsideologen…“.

  2. Dieser Artikel kann gut ein paar Anmerkungen und Ergänzungen vertragen, beginnend mit der Überschrift:

    „Gerichtsurteil Attila Hildmann muss Hassrede gegen Volker Beck löschen oder 250.000 Euro zahlen.“

    Es ist kein Urteil gegen Attila Hildmann ergangen, sondern ein Beschluss einer einstweiligen Verfügung.

    Auch muss er nicht löschen oder 250.000 Euro zahlen. Die 250.000 € beziehen sich auf das angedrohte Ordnungsgeld. Dieses kann gemäß § 890 ZPO bis zu 250.000 € betragen. Vorliegend müsste Volker Beck bei einem Verstoß gegen die einstweilige Verfügung beim Gericht ein Ordnungsgeld beantragen. Das Ordnungsgeld, sofern ein verhängt wird, würde sich dann voraussichtlich im mittleren vierstelligen Bereich bewegen.

    Allerdings ist es nicht sehr wahrscheinlich, dass jemals ein solches Ordnungsgeld verhängt wird. Die Anwältin von Volker Beck hat auf ihrer Website den Beschluss veröffentlicht.
    Dort steht, dass Hildmann vor Erlass des Beschlusses nicht angehört worden ist, da unter seiner letzten Wohnanschrift aktuell nicht zu erreichen ist und andere Kontaktdaten nicht bekannt seien.
    Damit die einstweilige Verfügung überhaupt in Kraft tritt, muss sie dem Hildmann zugestellt werden. Dies muss binnen einen Monats geschehen.
    Wenn Hildmann in dem Verfahren nicht anwaltlich vertreten gewesen ist, dann muss an ihn zugestellt werden. Das dies binnen der Monatsfrist geschehen kann, ist höchst fraglich. Eine Zustellung in der Türkei wäre auch bei einer bekannten Adresse nicht einfach.

    Wenn die einstweilige Verfügung Hildmann nicht zugestellt wird, dann werden Volker Beck die Kosten des Verfahrens auferlegt.

    Also, er hat seine Anwältin zu bezahlen, die Gerichtskosten zu tragen und eine einstweilige Verfügung gegen Hildmann die mangels Zustellung keinerlei rechtliche Wirkung entfaltet.

    Nach irgendetwas gewonnen sieht das nicht aus.

    Allerdings ist dem Artikel im weiteren zu entnehmen:

    „Wie im Falle von Volker Beck unterstützt die Organisation (HateAid) Betroffene eine Zivilklage zu stellen und diesen Prozess zu finanzieren.“

    Es ist zumindest naheliegend, dass das Verfahren gegen Hildmann letztlich eine reine PR-Nummer von HateAid ist, um mal wieder in den Medien zu erscheinen.

    Schade, dass Netzpolitik einfach auf diesen Zug aufgesprungen ist. Das Anliegen von HateAid Opfer von Hass im Internet zu unterstützen ist richtig und wichtig.

    Die Art und Weise wie diese Organisationen arbeitet, wäre gegebenenfalls aber mal einen eigenen Artikel auf Netzpolitik.org wert.

    Es lässt sich ohne weiteres die Auffassung vertreten und belegen, dass es sich bei dieser Organisation um eine Art „Rechtsschutzversicherung“ für Prominente handelt.

    HateAid wird in nicht geringen Umfang durch Steuermittel finanziert, pickt sich öffentlichkeitswirksame Fälle wie den von Volker Beck raus, um Werbung in eigener Sache zu machen.

    Ob darüber hinaus tatsächlich ein Mehrwert für „normale“ Betroffene von Hass im Netz gegeben ist, wäre tatsächlich mal zu prüfen. HateAid ist was das angeht eine Blackbox.

    Vorliegend dürfte HateAid ein paar 1.000 € für ein absolut sinnloses Verfahren verpulvert haben, zu welchem man niemanden, der selber für die Kosten gerade stehen müsste, war auch nur ansatzweise raten würde.

    Es wäre schön, wenn Ihr in dieser Sache weiter berichten würdet. Gerade im Hinblick darauf, ob die einstweilige Verfügung überhaupt binnen der Monatsfrist vollzogen worden ist.

    1. Danke für den Hinweis. Es wurde eine Korrektur eingefügt. Anstelle eines „Urteils“ wird nun von einem „Beschluss“ berichtet.

  3. Das wird den Attila wohl kaum noch jucken. Nach all den Äußerungen, die er auf seiner eigens dafür geschaffenen Hetzplattform veröffentlicht hat, wird ihm wohl ein wesentlich höheres Strafmaß drohen, sodass eine Haftstrafe unumgänglich wäre, sollte er sich jemals wieder in diesem Land blicken lassen.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.