Zensurheberrecht: Glyphosat-Gutachten darf wieder veröffentlicht werden

Nach einer einstweiligen Verfügung wegen angeblicher Urheberrechtsverletzung musste FragDenStaat das Glyphosat-Gutachten einer Bundesbehörde löschen. Jetzt entschied das Landgericht Köln allerdings, dass die Verfügung fehlerhaft war. Das ist nur der Auftakt für weitere Gerichtsprozesse.

Anti-Glyphosat-Protest von campact aus dem Jahr 2015
Anti-Glyphosat-Protest von campact aus dem Jahr 2015. CC-BY-NC 2.0 campact

Das Landgericht Köln hat heute eine einstweilige Verfügung gegen FragDenStaat wegen angeblicher Urheberrechtsverletzung aufgehoben. Damit ist das Veröffentlichungsverbot eines Glyphosat-Gutachtens, das das staatliche Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) gegen die Organisation durchsetzen wollte, vorerst unwirksam.

Grund für das Urteil des Landgerichts sind jedoch nicht inhaltliche Gründe, sondern Formfehler: Die einstweilige Verfügung, die die BfR-Anwaltskanzlei Gleiss Lutz FragDenStaat zukommen ließ, wies nicht die erforderlichen Unterschriften auf. FragDenStaat veröffentlichte daraufhin das Glyphosat-Gutachten wieder.

Zehntausende Euro aus Steuergeldern gegen freies Wissen

Das Urteil des Landgerichts ist noch nicht rechtskräftig. Das BfR könnte dagegen Berufung einreichen. Über die Hauptsache, den Missbrauch des Urheberrechts als Mittel im Kampf gegen missliebige Berichterstattung, wird allerdings nicht mehr am urheberrechtsfreundlichen Landgericht Köln entschieden. Stattdessen wird das Landgericht Berlin nach einer negativen Feststellungklage von FragDenStaat für den Fall zuständig sein.

Dabei wird es auch grundlegend um das Verhältnis von Urheberrecht und Meinungsfreiheit gehen. Um klarzustellen, dass amtliche Dokumente wie das Glyphosat-Gutachten grundsätzlich gemeinfrei sind, müsste das Urheberrechtsgesetz vermutlich angepasst werden.

Das BfR, das Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) untersteht, hat inzwischen zehntausende Euro für Urheberrechtsprozesse ausgegeben. Alleine seine Website zum Glyphosat-Gutachten kostete 15.000 Euro. Die Anwälte der Behörde dürften weitere zehntausende Euro aus Steuergeldern kosten. In einem früheren Prozess um das Urheberrecht gab das BfR bereits 80.000 Euro aus.

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