NPP 174: Wem gehören unsere Perioden-Daten?

Wo ziept die Brust? Welche Medikamente werden genommen? Wann hatte man Sex mit und ohne Kondom? Millionen Menschen geben täglich solche hochsensiblen Daten in Zyklus-Apps ein, um ihre Periode zu vermessen. Viele Firmen dahinter vermarkten sie an Dritte und verdienen daran. Ein Kollektiv von Coderinnen aus Berlin will eine bessere Alternative entwickeln.

In der neuen Folge unseres Podcasts NPP dreht sich alles um Blut und Daten: Period-Tracking. – Gemeinfrei-ähnlich freigegeben durch unsplash.com Cassi Josh

Wann und wie oft hatte ich letzten Monat Sex? In welcher Position? Wie schlimm war das PMS? Und wie steht es mit der Familienplanung? Viel persönlicher als die Informationen rund um die eigene Periode und Fruchtbarkeit kann es kaum werden. Früher hatte man dafür Stift und Kalender. Heute nutzen viele Millionen Apps auf dem Smartphone. Sie sind schnell und praktisch und schicken einem sogar freundliche Push-Mitteilungen, wenn die nächste Blutung ansteht oder zu spät kommt.

Diese Anwendungen verändern die Wahrnehmung von Körper, Gesundheit und Sexualität – und in vielen Fällen bleiben die extrem intimen Daten nicht auf dem Telefon. Sie geraten in die Cloud, liegen also auf den Servern einer Firma. Für die Anbieter der häufig kostenlosen Apps sind sie pures Gold: Sie vermarkten sie an Versicherungen, Arbeitgeber oder andere Firmen, die daraufhin passgenaue Werbung ausspielen. Die Nutzerinnen bekommen das häufig gar nicht mit.

Wir sprechen in dieser Episode mit Marie Kochsiek und Tina Baumann vom Bloody Health Collective, eine Gruppe feministischer Entwicklerinnen aus Berlin. Auf der Suche nach einer besseren Methode für sich selbst, begannen sie eine eigene App zu entwickeln – Open Source und nicht kommerziell.

NPP174: Menstruation, Selbstvermessung und emanzipatorische Technologie


Hier ist der Link zum Download von NPP174 über Period-Tracking als mp3-Datei.

Alternativ bieten wir NPP174 über Period-Tracking auch als ogg-Datei zum Download.

Shownotes:

Das Bloody Health Collective auf Twitter
Die Beta-Version von Drip zum Download
Period tracker apps: Where does your data end up? (Edri)
Is your pregnancy app sharing your intimate data with your boss? (Washington Post)
Sexuality, sexual and reproductive health and rights, and the internet (Tactical Tech)
MenstruApp: How to turn your period into money (for others) (Infoseite der feministischen Tech-NGO Coding Rights)
The Pregnancy Panopticon (Electronic Frontier Foundation)
Examining Menstrual Tracking to Inform the Design of Personal Informatics Tools (Studie)
GynePunk, the cyborg witches of DIY gynecology (makery)
Interview über Period-Tracking: „Wir brauchen Zyklus-Apps mit freier und offener Software!“ (netzpolitik.org)
Zweifel an Verhütungs-App: Natural Cycles verspricht mehr als es kann (netzpolitik.org)

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5 Ergänzungen

  1. Schockiert mich ehrlich gesagt nicht mehr. Es gibt auch IoT-Sex-Spielzeug mit Internetverbindung und die Leute kaufen es. Sexualität gehört halt zum Menschen. Kritischer betrachte ich den Umgang mit „richtigen“ Gesundheitsdaten. Am Ende des Tages kann man eh nicht viel dagegen unternehmen, da Krankenhäuser, Versicherungen, Arztpraxen usw. alle Windows 10 verwenden.

    1. Es ist noch viel schlimmer!
      Medizinische Systeme (Hard-/Software) dürfen zwar geändert werden, aber der Aufwand (=Kosten) z.B. für das Schließen einer Sicherheitslücke ist so hoch, das der Aufwand gescheut wird!

  2. Ich vermute die Arbeitgeber sind an den Periodendaten interessiert weil es teuer für die Arbeitgeber ist wenn eine Frau Anspruch auf Schwangerschaftsurlaub oder Mutterschutz ansteht. Mit den Periodendaten kann der Arbeitgeber aus einem anderen Grund vorher kündigen.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.