Netzpolitischer Wochenrückblick KW 19: re:publica, Fusion-Festival und Recherchen zu Facebook

Die diesjährige Ausgabe der re:publica ist zu Ende gegangen und auch netzpolitik.org war wieder mit dabei. Um das Fusion-Festival wird weiterhin groß diskutiert, denn es geht schließlich um die Verteidigung von gesellschaftlichen Freiräumen. Außerdem gibt es neue Rechercheergebnisse zu Facebooks Moderationszentren und dem Einsatz von KI.

Zwei Gänse in den Lüften
Lasst uns doch Freiräume zum tanzen! CC-BY 2.0 Bernd Thaller

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Großes Thema war diese Woche die re:publica 2019: Eine bunte, vielfältige und digitale Konferenz – und auch etwas Festival. Neben Markus Beckedahl, der die Konferenz mitbegründet hat und weiterhin der Orga treu bleibt, war auch der Großteil der Redaktion auf der re:publica. Neben unserem Stand, an dem man die Redaktion mit Fragen löchern konnte, waren viele Redaktionsmitglieder an Vorträgen und Diskussionen beteiligt.

Trotz allem Business und Messefeeling ist die re:publica nach wie vor hochpolitisch – und das über netzpolitische Themen hinaus. So wurde die Auseinandersetzung um das Fusion-Festival und eine mögliche Polizeipräsenz auf dem Festivalgelände auf der re:publica breit diskutiert: Nicht nur bekundeten Speaker:innen ihre Solidarität, es gab sogar einen auf der Open-Air-Bühne übertragenen Livestream der Pressekonferenz des Festivals.

Fusion: Freiräume werden enger

Grundsätzlich geht es bei der journalistischen Arbeit von netzpolitik.org um Grund- und Freiheitsrechte im digitalen Raum. Wir streuten häufger, ob manche Themen einen netzpolitischen Bezug haben. Aber lässt sich das mit digital und analog so genau trennen? Wenn analoge gesellschaftliche Freiräume durch staatliche Eingriffe und Kontrolle immer enger werden, dann kann das nicht gut sein für die Demokratie insgesamt. Mit der Forderung der Polizei nach einer Wache zentral auf dem Festival und anlassloser Bestreifung würde übrigens auch ein bisher erfolgreiches liberales Sicherheitskonzept gefährdet. Und dann fanden wir auch noch heraus, dass der Polizeipräsident gegen das Festival offenbar einen Einsatz mit 1.000 Polizist:innen vorbereitet.

In der Fusion-Debatte geht es längst um mehr als die Zukunft des Festivals, es geht um die Frage: Wieviel Freiheit zur Entfaltung gibt es noch in diesem Land?  Wieviel Freiheit hat die Kunst noch? Wie viele nicht überwachte Räume des Miteinanders gibt es noch? Und so verwundert es nicht, dass eine Petition für die Fusion in kürzester Zeit mehr als 115.000 Unterschriften gesammelt hat. Spannend wird es nächste Woche: Dann soll die Entscheidung über die Zukunft des Festivals fallen.

Moderation von Social Bots

Unsere neuesten Recherchen haben gezeigt, dass der Einsatz von Künstlicher Intelligenz wohl nicht Facebooks Moderationsprobleme lösen wird, ohne neue zu schaffen. Eine Insider-Quelle hatte erstmals darüber berichtet, wie es sich der Einsatz automatisierter Entscheidungsverfahren auf die Moderationsarbeit auswirkt: Auch wenn am Ende immer noch Menschen entscheiden würden, verändert sich die digitale Öffentlichkeit grundlegend mit der automatisierten Inhaltserkennung.

Besonders in Zeiten, in denen der Begriff „Social Bot“ Angst und Schrecken vor Manipulation in sozialen Medien verbreitet, wird immer lauter nach Regulierung gerufen. Doch Expert:innen betonen immer wieder, dass Social Bots derzeit irrelevant in der politischen Kommunikaion seien. Stattdessen brauche es mehr Forschung und weniger Panik, denn derzeit ist der Bot als politische Diffamierung wirkmächtiger als die Social Bots selbst.

Liebeserklärung an Foren

Neben all der Dystopie und den Abwehrkämpfen, kann das Internet auch ganz anders: Es ist Gemeinschaft und wertvolle Wissensbasis. Wir haben mit Forenbetreiber:innen über ihre Foren gesprochen und was an ihnen besonders ist. Heraus kam eine Liebeserklärung.

Und wir haben noch mehr gute Nachrichten: Ein Pilotversuch zur Geschwindigkeitüberwachung in Niedersachen bleibt weiterhin verboten. Das Oberverwaltungsgericht in Lüneburg untersagte die Geschwindigkeitskontrolle mittels Kennzeichenerfassung, da dieses gesetzlich nicht gedeckt ist.

Und in den USA wurde erneut eine Klage gegen die Massenüberwachung der NSA abgewiesen. Ein Bundesrichter urteilte, dass zum Schutz der nationalen Sicherheit ein mögliches Überwachungsprogramm geheim bleiben müsse.

Zum Abschluss noch eine Portion Netzpolitik für die Ohren: Wir haben die vierte Ausgabe unseres Insider-Podcasts „Off The Record“ veröffentlicht, in dem wir auf drei unserer Lieblingsgeschichten aus den letzten Wochen zurückblicken.

Wir wünschen ein schönes Wochenende!

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