Zur Feier des Tages: WWF verklagt Österreichs Umweltministerium wegen Intransparenz

Am Welttag der Informationsfreiheit kündigen die Umweltschützer von WWF rechtliche Schritte gegen den österreichischen Staat an. Denn die Behörden wollen ihre Stellungnahme zum umstrittenen Standort-Entwicklungsgesetz unbedingt geheimhalten. Ein Sabotageakt für die Demokratie, findet auch das Forum Informationsfreiheit und verleiht dem Ministerium seinen „Mauer des Schweigens“-Preis.

Kaunertal
Der geplant Ausbau des Wasserkraftwerks im Tiroler Kaunertal ist ökologisch äußerst umstritten. Ein neues Gesetz in Österreich soll die Bedenken beiseitewischen. CC-BY-SA 2.0 Christian Klingler

Die Umweltorganisation WWF hat eine gerichtliche Säumnisbeschwerde gegen das österreichische Umweltministerium eingereicht. Denn das Ministerium weigert sich seit einiger Zeit beharrlich, seine eigene Stellungnahme zum umstrittenen Entwurf für ein Standort-Entwicklungsgesetz öffentlich zu machen. Das Forum Informationsfreiheit hat dem Ministerium dafür zum heutigen Welttag der Informationsfreiheit einen „Mauer-des-Schweigens“-Preis für Intransparenz verliehen.

Die Weigerung des österreichischen Ministeriums hat wohl politische Gründe: Mit dem Gesetz sollen Umweltschutzauflagen bei Großbauprojekten aufgeweicht werden. Das stößt in Österreich auf breite Kritik. Umweltministerin Elisabeth Köstinger möchte vermutlich ihren eigenen Regierungskollegen mit einer Stellungnahme, die aus Umweltschutzgründen mit aller Wahrscheinlichkeit kritisch ausfällt, nicht in die Suppe spucken.

Der Schritt ist einigermaßen unüblich, normalerweise werden Stellungnahmen zu Gesetzesentwürfen immer auf der Parlaments-Webseite veröffentlicht. Bisher gaben 63 Behörden, Verbände und Einzelpersonen solche Stellungnahmen zum Standort-Gesetz ab. Doch die Veröffentlichung ist nicht verpflichtend. Das Umweltministerium setzt mit seiner außergewöhnlichen Weigerung Schranken für die öffentliche Debatte.

Das Vorgehen der österreichischen Behörden wurde zuletzt merklich intransparenter, auch oder vielleicht auch weil zuletzt kleine Fortschritte vor Gericht erstritten wurden. Das Innenministerium in Wien sorgte mit der Aufforderung an die Polizeibehörden für Aufregung, kritischen Medien nach Möglichkeit Auskünfte zu verwehren. Innenminister Herbert Kickl von der Rechtsaußen-Partei FPÖ erhielt dafür vom Forum Informationsfreiheit den „Goldenen Informationsfilter“ verliehen. Schelte gibt es auch für Bundeskanzler Sebastian Kurz, der trotz anderweitiger Ankündigungen keine Anstalten zur Schaffung eines Transparenzgesetzes macht.

Das Forum Informationsfreiheit nennt zudem weitere drastischere Beispiele für die „Mauer des Schweigens“ der österreichischen Behörden. Platz eins des Negativpreises ging an die Stadt Innsbruck, die sich bis heute weigert, detaillierte Wahlergebnisse der Kommunalwahl im Frühjahr herauszugeben. „Daten aus dem Kernbereich der demokratischen Entscheidungsfindung geheim zu halten, zerstört das Vertrauen in demokratische Wahlen und staatliche Institutionen“, urteilte die Jury. Das sei „das Schlimmste, was Intransparenz überhaupt anrichten kann.“

Einen Negativpreis ernteten auch Gemeinden im Bundesland Niederösterreich. Die Kommunen drohten zwei Aktivisten des Forums Informationsfreiheit Gebühren von insgesamt fast 8.000 Euro an und schrieben teils sogar Rechnungen dafür, allein weil diese angefragt hatten, wie vielen Menschen vor der Landtagswahl 2018 das Wahlrecht aberkannt wurde. Damit schafften die Behörden Rechtsunsicherheit für alle, die bei ihnen zu fragen wagten, urteilten die Preisjuroren.

Transparenz-Hinweis: Ich war Teil der Jury für die „Mauer des Schweigens“. Dafür erhielt ich kein Honorar und ich stehe in keiner geschäftlichen oder sonstigen Beziehung zum Forum Informationsfreiheit.

1 Ergänzungen

  1. Auch in meinem Geburtsland Österreich entwickelt sich ein neuer (Austro)Faschismus. Die aktuelle politische Entwicklung nicht nur in Europa lässt leider nichts Gutes erahnen. Der Mensch ist offensichtlich unfähig aus der Geschichte auch nur das Geringste zu lernen.

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