In Tom Hillenbrands Roman Drohnenland ist die EU zu einem Überwachungsstaat geworden, in dem es keine Schlupflöcher mehr gibt. Die Nachrichtendienste walten unkontrolliert, ein allwissender Fahndungscomputer der Europol erkennt Personen schon am Laufmuster und kann sogar vorhersagen, wohin der Verfolgte flüchten wird. Werden mutmaßliche Kriminelle, Terrorist*innen und Dissident*innen – die Abgrenzung ist schwammig – aufgespürt, rücken Teams der Spezialeinheit Taurus an und lassen die Personen verschwinden.
Eigentlich ist das Fiktion, eine dystopische Vision eines zukünftigen Europas, in dem sehr vieles sehr falsch gelaufen ist. Kurz nach der Veröffentlichung von Drohnenland ereignete sich dann der Terroranschlag von Brüssel – und auf einmal schien Hillenbrands Vision gar nicht mehr so weit in der Zukunft zu liegen. Wie nah dystopische Science Fiction und politische Realität manchmal beieinander liegen, darüber spricht Hillenbrand auf unserer Konferenz „Das ist Netzpolitik!“. Diesmal interessiert ihn, was man aus dem Boom aktueller SciFi-Filme und -Serien wie Blade Runner, Black Mirror oder dem Report der Magd über unsere Zukunft ablesen kann. Sind diese düsteren Szenarien ein Ausblick auf das, was uns bevorsteht? Rütteln sie auf oder halten sie uns eher davon ab, das Schlimmste mit politischen Weichenstellungen zu verhindern?
Kein Witz: Wenn Künstler*innen politisch werden
Anschlussfrage unsererseits: Was wurde eigentlich aus der Figur der oder des öffentlichen Intellektuellen? Hillenbrand bewegt sich ebenso wie die Schriftstellerin Zoë Beck und die Journalistin Sophie Passmann an der Schnittstelle von „Irgendwas mit Kunst“ und Politik. Passmann kommentiert nicht nur für Jan Böhmermann, sondern auch gerne mal in ihrem Twitter- und Instagram-Account das aktuelle Tagesgeschehen. Vor der Bundestagswahl postete sie ein „Unboxing“-Video, in dem sie ihre Wahlunterlagen auspackt. Das ist lustig, aber kein Witz, denn Passmann ist es ernst mit ihrem politischen Engagement. Darüber, welche Rolle Künstler*innen bei der Gestaltung von politischen Debatten spielen können und ob sie es tun sollten, wird unsere Kollegin Constanze Kurz mit den dreien diskutieren.
Die gleiche Frage hätten wir auch Aram Bartholl stellen können. Seine Kunst beschäftigt sich mit der Frage, wie wir mit Daten umgehen – und manchmal auch, was sie mit uns anstellen. Vor ein paar Jahren hat er einen Stein in die Lüneburger Heide gestellt, den man mit Feuer beheizen muss, um das WLAN zu aktivieren (kann aufgrund von Statikproblemen und Brandschutzauflagen in der Volksbühne leider nicht vor Ort demonstriert werden, Anfahrtsbeschreibung hier). In Brooklyn und Berlin mauerte er USB-Sticks in die Wand: als toter Briefkasten, in den man seine Dateien fallen lässt oder andere abholt. Über seine aktuelle Ausstellung in Denver mit dem Titel „Your Shopping Cart is Empty“ wird er auf der Konferenz sprechen.
Live-Sendung zur Lage der Nation
Im Gegensatz zu Bartholl können die Macher des Podcasts „Lage der Nation“ ihre Arbeit leicht in die Volksbühne verlegen. Seit 2016 kommentieren der Journalist Philip Banse und Bürgerrechtler Ulf Buermeyer wöchentlich das politische Geschehen und offensichtlich hören ihnen viele gerne dabei zu. Binnen eines Jahres hatten die beiden rund 70.000 Abonnent*innen im Schlepp. Die aktuelle Folge zeichnen sie live und vor Publikum auf unserer Bühne auf.
Weitere Programmpunkte, die wir nicht verstehen müssen, aber lieben werden:
- Bullshit-Bingo mit den schönsten Digitalisierungs-Nichtaussagen aus Politik und Wirtschaft: von Digitaler Transformation und Big Data über IoT, Customer Experience bis Blockchain (Bingo!).
- Das digitale Terzett: Chefdramaturgin Frau Dr. Brunke-Ziller, Die Bärtige und Dr. Polytox vom Chapeau Club überreden den „Cyberspace“ und mehr.
Am Freitag, 21. September, findet in der Berliner Volksbühne unsere diesjährige Konferenz „Das ist Netzpolitik“ statt. Von 10:00 bis 18:30 Uhr geht es auf diesem Treffen der digitalen Zivilgesellschaft darum, wie wir alle eine lebenswerte, faire und offene digitale Gesellschaft gestalten können – und um die politischen Kämpfe auf dem Weg dorthin. Neben Vorträgen und Podien gibt es auch ein feines Kunst- und Workshop-Programm. In den Tagen bis zur Konferenz stellen wir euch in dieser Preview-Reihe das Programm vor. Bisher veröffentlicht:
- Vernetzte Dinge und smarte Städte
- Staatliche Überwachung
- Hitzige Debatten um Plattforminhalte
- Mit offenen Zugängen für eine bessere Welt
- Algorithmen, DSGVO und die Zukunft der Datenpolitik
- Science Fiction, Podcasts, Influencer: Wenn Kultur netzpolitisch wird
- Netzpolitische Debatten aus und in Berlin
- Party: Tanztrojaner!
Der Hashtag für die Veranstaltung lautet #14np, denn wir feiern mit dieser Konferenz unser 14-jähriges Bestehen. Kommt vorbei und diskutiert und plant und feiert mit uns!
Hach schön