Datenskandal: Politik nimmt Facebook in die Pflicht

Auf beiden Seiten des Atlantiks wollen Parlamente Facebook-Chef Mark Zuckerberg zum Missbrauch von Nutzerdaten befragen. In Großbritannien und den USA leiten Behörden Untersuchungen ein.

Symbolbild CC-BY-SA 2.0 Christian Hornick

Der Druck auf Facebook steigt: Als Reaktion auf den Skandal um den Missbrauch von Nutzerdaten bei dem sozialen Netzwerk rücken Politiker in Europa und den USA die Rolle des Konzerns in den Vordergrund. Bundesjustizministerin Katarina Barley kündigte heute an, Vertreter des Konzerns in ihr Ministerium einzuladen. „Facebook muss für den Skandal Verantwortung übernehmen. Die Frage, was mit den Daten von 30 Millionen deutschen Nutzerinnen und Nutzern passiert, ist eine zentrale Frage des Verbraucherschutzes“, sagte Barley, die auch für den Verbraucherschutz zuständig ist, gegenüber der Funke-Mediengruppe.

Am Wochenende war durch Medienberichte bekannt geworden, dass Cambridge Analytica sich unrechtmäßig persönliche Daten von Millionen von Facebook-Nutzern beschafft hat, um Wähler mit zielgerichteten Botschaften zu manipulieren. Nach tagelangem Schweigen hatte Facebook-Chef Mark Zuckerberg gestern zu den Vorwürfen Stellung bezogen.

[Hier die wichtigsten Fragen und Erkenntnisse zum Skandal im Überblick.]

Barley: „Gefahr für die Demokratie“

Justizministerin Barley bezeichnete die zielgerichtete „Bombardierung“ von Nutzern mit Wahlbewerbung und Hassbotschaften gegen den politischen Gegner mit Hilfe von Facebook-Daten als „Gefahr für die Demokratie“. Die Nutzer müssten genau wissen, was mit ihren Daten passiere und in jede Nutzung einwilligen. „Die Selbstbestimmung des Einzelnen über seine Daten hat hier einen hohen Wert“, sagte Barley. Das sei ein Grund- und Verbraucherrecht.

Domscheit-Berg: Monopole zähmen

Zuvor hatten bereits weitere deutsche Politiker Konsequenzen aus dem Skandal gefordert. CDU-Politiker Thomas Jarzombek kündigte für Freitag eine Sondersitzung des Ausschusses für Digitale Agenda an. „Wir wollen Facebook befragen, ob auch deutsche Nutzer betroffen sind und ob vergleichbare Mechanismen auch für deutsche Nutzer eine Gefahr ihrer Daten bedeuten“, sagte Jarzombek zu Reuters.

Grünenpolitiker Jahn Philipp Albrecht forderte die europäischen Behörden auf, geltendes Recht durchzusetzen. Denn das Vorgehen von Facebook sei auch schon nach jetzigem Recht illegal. „Eine Entschuldigung reicht nicht aus“, so Albrecht im Interview mit der Zeit. Die Linkenpolitikerin Anke Domscheit-Berg sieht die Politik in der Pflicht, leichter verständliche AGB und Privatsphäre-Einstellungen vorzuschreiben. Zudem müsse in Zukunft die Bildung von Monopolen, wie bei Facebook, verhindert werden, sagte Domscheit-Berg im ARD-Morgenmagazin.

FTC leitet Untersuchung ein

In Brüssel möchte man sich gerne direkt mit Facebook-Chef Zuckerberg unterhalten. „Wir haben Mark Zuckerberg ins Europäische Parlament eingeladen“, schrieb EU-Parlamentspräsident Antonio Tajani am Dienstag auf Twitter. Der Konzern solle klarstellen, dass mit persönlichen Daten nicht die Demokratie manipuliert werde. Ähnlich äußerte sich die EU-Justizkommissarin Vera Jourova. „Es geht nicht nur um einen Verstoß gegen Datenschutz, sondern es geht auch um eine Gefahr für die Demokratie“, sagte Jourova am Mittwoch in einem Interview mit Bloomberg.

Die EU-Kommissarin befindet sich zur Zeit auf offiziellem Besuch in Washington, DC. Am Mittwoch traf sie sich mit Vertretern der Federal Trade Commission (FTC), die ihr zusicherten, den Skandal Ernst zu nehmen. Die Regulierungsbehörde hat laut Washington Post eine Untersuchung von Facebook eingeleitet. Dabei geht es um die Frage, ob der Konzern vorherige Vereinbarungen mit der FTC gebrochen hat. Im Jahr 2011 hatte Facebook unter anderem vertraglich zugesichert, Nutzer über jede Nutzung ihrer Daten, die über ihre Privatsphäre-Einstellungen hinaus geht, zu informieren und ihre Einwilligung einzuholen. Das könnte im Falle von Cambridge Analytica nicht der Fall gewesen sein, schreibt die Washington Post.

Zuckerberg könnte vor US-Kongress aussagen

Wenig überraschend: Auch in den USA werden die Rufe nach einer Anhörung von Zuckerberg lauter. „Letztendlich muss Mark Zuckerberg aussagen“, sagte der Demokrat Richard Blumenthal gegenüber Politico. Der Politiker drohte gar, Zuckerberg vorladen zu lassen, falls er nicht freiwillig kommt. Im Interview mit CNN zeigte sich Zuckerberg bereit, unter Umständen vor dem Kongress zu erscheinen: „Ich mache es gerne, wenn es das Richtige ist“, sagte der Facebook-Chef. „Wir werden versuchen, die Person mit den größten Kenntnissen zu schicken“, sagte Zuckerberg. Und weiter: „Wenn ich das bin, komme ich gerne.“ Es wäre laut CNN das erste Mal, dass Zuckerberg vor einem Kongress-Komittee aussagt.

Die Ankündigung Zuckerbergs dürfte Damian Collins, den Vorsitzer des Medienausschusses im britischen Parlament, freuen. Der Politiker fordert ebenfalls eine persönliche Stellungnahme von Zuckerberg. „Es ist jetzt an der Zeit, von einem hochrangigen Facebook-Manager zu hören, der genug Autorität hat, um einen akkuraten Bericht über dieses katastrophale Prozessversagen zu liefern“, schrieb Collins in einem Brief an Zuckerberg. Er hoffe, dass Zuckerberg persönlich komme. Seit Bekanntwerden der Medienberichte ermittelt die Datenschutzbehörde in dem Land. Sie hat mittlerweile einen Durchsuchungsbefehl für die Zentrale von Cambridge Analytica beantragt, um Beweise zu sichern. Ein von Facebook dorthin geschicktes Team musste seine Untersuchungen abbrechen.

4 Ergänzungen

  1. Facebook ist mit dem Verkauf und der Weitergabe von Nutzerdaten samt twitter, whats app und Co. zum reichsten Unternehmen der Welt geworden. Jeder Nutzer willigte in die AGBs ein, welche eine Weitergabe an Dritte erlaubt, wobei Dritte nicht weiter ausgeführt sind. Also wo ist der Skandal? Jeder hat doch zugestimmt… leicht naiv erklärt, dafür aber aufn Punkt.

  2. Ja, früher hatten wir Gesetze für Law and Order. Wenn da ein schleimiger Geheimdienst, der Kriminelle in seinen Kreisen beschäftigt, anderen Landesverrat vorwarf, dann wurde nach Recht und Gesetz der Generalbundesanwalt tätig. Der prüfte dann, ob möglicherweise Gesetze verletzt worden seien und ob man Anklage erheben wolle, so dass die Frage vor einem ordentlichen Richter geklärt werden konnte. Der Jusizminister konnte dann den Generalbundesanwalt noch Weisungen erteilen, wenn der auch rechtsirrtümlich meinte, er sei unabhägigh wie ein Richter. Doch der GBA laberte Stuss, flog raus und die Scheisshausparolen von dem Geheimdienst wurden nicht weiter verfolgt.
    Heute sparen wir uns den ganzen Kram mit Law and Order. Da kommt es nicht mehr auf Gesetze an. Wenn die Presse meint, dass Facebook die Verantwortung für Cambridge Analyta trage und der Weltuntergang nahe sei, weil die Demokratie vernichtet wird, wenn jemand die Daten, die Bürger freiwillig veröffentlicht haben, ausgewertet werden, dann verzichten wir darauf, dass Parlamente Gesetze machen, wo dann bei Anzeige der Staatsanwalt tätig wird und vielleicht ein Richter tätig werden muss. Heute machen wir das im vereinfachten Verfahren: ein Minister von Gottes Ganden lässt die von der presse beschuldigten kommen und urteil vorab, dass die Demokratie vernichtet wird. Zurück um Sonnenstaat. Die Rückkehr der Autorkraten, wie in China, wie in der Türkei. Was soll dieser ganze Blödsinn mit Rechtsstaat und Gesetzen? Faustrecht wie bei Friedrich dem Großen. Und unsere Populisten führen sich glücklich, dass nur noch zählt, dem Volke die Tagesmeinung an der Demokratie vorbei zu erzählen.
    Und immer sind es die pösen amerikanischen Firmen. Da juckt uns nicht, dass das eigene Parlament den eigenen Staat ermächtigt hat, uns ungehemmt und ohne parlamentarische Kontrolle schlimmer auszuspionieren, als Gestapo und Stasi es je konnten Da können wir unserem Hass und unseren Neid auf die pösen Amis freien Lauf lassen und ducken uns weg, wenn der Rechtsstaat im eigenen Land abgebaut wird. Mit dem Bundestrojaner, der verfassungswidrigen Vorratsdatenspeicherung, mit der Uberwälzung der Rechtssprechung nach dem StGB auf juristische Laien statt eines Richters wie beim NetzDG. Die Datenschutzgrundverordnung gilt in Deutschland nicht für Sicherheitsbehörden. Die können machen was sie wollen. Aber wehe wir haben den Verdacht, Cambridge Analytica könnte gegen Datenschutzbestimmungen verstoßen haben, dann sehen die Demokratie dahin siechen und werfen den Rechtsstaat über Bord, um zum Absolutismus zurück zu kehren. Mehr Irrationalität geht kaum noch. Wir machen den Steigbügelhalter für Autokraten, die uns die Freiheit im Internet nehmen wollen.
    Da lob ich mir den Tim Berners-Lee, der die Rationalität noch behalten hat:
    http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/diginomics/tim-berners-lee-an-mark-zuckerberg-wir-koennen-das-schaffen-15507086.html

  3. „mittlerweile einen Durchsuchungsbefehl für die Zentrale von Cambridge Analytica beantragt“ Dazu mehr auf Heise. Bis bei der Firma durchsucht wird, sind alle Rechner clean und Akten „verschwunden“. Nebenbei besteht das Geschäftsmodell von FB im Verkauf der Nutzerdaten. Der Erfolg inspirierte auch Microsoft mit Win 10 eine „Dienstleistung“ statt eines Betriebssystems anzubieten. (Real gibt es seit Win 7 kein besseres Windows.) Aber auch andere „soziale“ Netze reiten auf dieser Welle.

    Nicht irgendwelche „Regierungen“ oder „Politiker(-innen)“ entscheiden über die Strategie der Datenkraken, sondern die Nutzer. Was solche Daten anrichten können, sollte jedem in den vergangenen Jahren vor Augen geführt worden sein. Die Benutzer dieser Dienste entscheiden über die Zukunft der Schnüffeltechnologien. Niemand anders. Bisher eindeutig zu Gunsten der Datenkraken. Bedeutet, die Benutzer glauben nichts zu verbergen zu haben und ihre Daten sind ihnen nicht den Dreck unter dem Fingernagel wert.

    Die westliche „Politik“ und ihre „Medien“ verzichten nicht grundlos auf breitangelegte Informationen zu den Entwicklungen in China. Denn dieses kommunistische Sklavenhalter – Regime mit seinem scoring ist die letzte Konsequenz aus all der Schnüffelei.

  4. „Nebenbei besteht das Geschäftsmodell von FB im Verkauf der Nutzerdaten.“
    Hast Du dafür eine Quelle oder ist das aus der Abteilung „üble Nachrede“ der Goebbelsgeschulten, die nichts zu verbergen haben?

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.