Tiroler Tageszeitung bekämpft mit dem Urheberrecht lästiges Kündigungsportal [Update]

Über die Zweckentfremdung des Urheberrechts zur Unterdrückung von unbequemen Protesten oder zur Vermeidung der Beantwortung von Auskunftsersuchen (z.B. im Fall von FragDenStaat) haben wir hier bereits mehrfach berichtet.

logo-online-kündigenDie Tiroler Tageszeitung bringt jetzt in einem Prozess gegen die Seite Online-Kuendigen.at ebenfalls das Urheberrecht in Stellung und versucht so die unbequeme Kündigungserleichterung auf dem Prozessweg loszuwerden. Neben einer behaupteten Verletzung des Persönlichkeitsrechtes klagt der Verlag J.S. Moser, Eigentümer der Tiroler Tageszeitung, gegen die Nutzung des Logos der Tageszeitung auf dem Kündigungsportal. Der Streitwert wurde auf €34.000 festgesetzt.

Offensichtlich handelt es sich bei dem Vorgehen um einen Einschüchterungsversuch. Treppenwitz der Geschichte: Vorstand der Moser-Holderung und Geschäftsführer der Tiroler Tageszeitung ist Herrmann Petz. Und der hat kürzlich, wie es Markus Wilhelm am Blog dietiwag.org dokumentiert hat, „ein Buch geschrieben. Abgeschrieben. Über weite Strecken“. Im folgenden nur eines von zig Beispielen, die Wilhelm ausgegraben hat:

Gleichzeitig fordert Petz im Gespräch mit seinem eigenen Blatt mehr „Respekt vor Urheberrechten“ ein, vor allem im „World Wide Web“.

Tiroler Tageszeitung, 27.4.2012 (Quelle: dietiwag.org
Tiroler Tageszeitung, 27.4.2012 (Quelle: dietiwag.org)

Und als Vorsitzender der Arbeitsgruppe Urheberrecht im Verband Österreichischer Zeitungen (VÖZ) ist Petz natürlich einer der stärksten Verfechter eines Leistungsschutzrechts für Presseverleger auch in Österreich. Zumindest aus diesem Plan dürfte vorerst nichts werden, der Entwurf zum Leistungsschutzrecht liegt derzeit in der Ablage.

[Update, 3.2., 21:50] Inzwischen berichtet derstandard.at unter Berufung auf die Kommunikationsabteilung des Moser-Verlags, dass die Klage zurückgezogen wurde. Der Betreiber von online-kuendigen.at, Thomas Landauer, wurde darüber bis dato aber noch nicht informiert. [/Update]

16 Ergänzungen

  1. Ich hab Ihren Artikelk nun 3 x gelesen, und verstehe den Inhalt immer noch nicht. MIt welchen Vorgehen bekämpft die Zeitung Verbaucherportale unter Zuhilfenahme des Urheberrechts ? Soweit ich Ihren Text, unter zuhilfenahme anderer Quellen , dechiffrieren kann, geht die Zeitung nur gegen die Verwendung des Logos der Zeitung vor. Aber keinesfalls mit einer Klage, dem Portal die Möglichkeit abzustreiten, einen soolchen Service anzubieten. Die Verwendung markengeschützder Logos anderer ist in absolut ALLEN Geschäftsbereichen ungesetzlich. Und das aus Guten Grund. Was würden sie dazu sagen, wenn ich das NP Logo, oder überhaupt alle gestalterischen Elemente übernehme, und damit eine Seite zum Verkauf von Wehrartikeln aufsetze ? Dennoch bietet auch unser Recht die Möglichkeit solche LOGOS zu nutzen, z.b im Rahmen von Satire. Der bekannteste Fall ist das „Peng“ Kollegitv, dass den Look Googles für Satire kopierte. Gegen geltendes Recht hat Google den Kollektiv dennoch eine Abmahnung angedroht. Schade, dass Sie im Gegensatz zu diesen etwas suboptimal beschriebenen Falles, darüber nicht berichtet haben. Den dort hat Google tatsächlich die Finanzmacht eingesetztund Markenrecht, entgegen den gesetzlichen Bestimmungen, mißbraucht. Ach wirklich ? Google macht das? Und sicher auch die Wikipedia, Creative commens etc. etc. wetten dass? Merken Sie was? Ne, ich befürchte nicht.

    1. Die haben auf ihrer Seite den Link für die automatisierte Erstellung einer Kündigung mit dem Logo der Zeitung unterlegt. Ist grenzwertig, kann aber legal sein. Die Seite befindet sich in keinem Wettbewerbsverhältnis zu Zeitung. Es ist allerdings immer zu empfehlen, bei Erstellung einer Seite auf fremde Logos/Bilder zu verzichten, außer man hat die Zustimmung schriftlich oder halt CC und an die Regeln halten.
      Jetzt wird mit dem Urheberrecht gegen die Seitenbetreiber vorgegangen, da alle anderen Aspekte der Seite nicht zu beanstanden sind.
      Das sollte selbst (oder gerade) für einen Juristen ersichtlich sein.
      Die ganze Sache wird dem Verlag eher nichts bringen, da der Link ohne Logo auf jedem Fall legal ist.
      Ganz zu schweigen davon, das es für einen normalintelligenten Menschen eigentlich kein Problem sein sollte ein Kündigungsschreiben aufzusetzten.
      Interessant ist was das über die Qualität der Zeitung aussagt, wenn sie mit solchen Methoden ihre Abonnenten zu halten versucht.

      1. Ja klar, Sie beschreiben ja das selbe wie ich. Das Portal soll einfach in einer der 100.000 zur Verfügung stehenden Typos „Tiroler Zeitung“ schreiben und zur Kündigung verlinken. Daraus einen Artikel mit der Überschrift in etwa zu formulieren “ Verbrauchportal soll mit fieser Nutzung von Urheberrecht fabgeschaltet werden “ ist schlicht grotesk.

      2. Aber sicher stehen beide in einem Wettbewerbsverhältnis. Die beanstandete Seite profitiert kommerziell davon (u.a.) der genannten Zeitung die Abonnenten abspenstig zu machen. Ohne Abonneten des Wettbewerbers, keine Kündigung. Das tut sie, indem sie deren Markenrechte verletzt. Wenn man schon ein Geschäft damit macht, anderen ans Bein zu pieseln, sollte man damit rechnen, dass der Angepieselte sich dagegen wehrt.

    2. Ist das so schwer zu verstehen?
      Ich weiß nicht, wie viel Kapital so ein Onlineportal besitzt, aber 34.000€ sind schon nicht gerade wenig, und könnten schnell zur Abschaltung der Seite führen.

  2. Hab mir grad die Seite angeschaut. Wow, verwenden die da viele Logos! Kann mir irgendwie nicht vorstellen, dass die sich für alle (bis auf die TT) eine Genehmigung eingeholt haben.

    Also echt: Wenn ich sowas aufsetze muss ich doch damit rechnen, dass einer der „Gegner“ versuchen wird, irgendwo einen Ansatzpunkt für eine Klage zu finden. Die Firmen ziehen bestimmt einen nicht unerheblichen Anteil der Gewinne aus „vergessenen“ Abos.

    Insofern habe ich ehrlich gesagt kein besonderes Mitleid mit dem Betroffenen. Und dass Herr Petz selbst das Urheberrecht verletzt hat, hat damit leider rein gar nichts zu tun. Hier sollten eben auch geklagt werden. Verdient hätte er es wohl.

    Und ein Letztes noch: Von einem UniProf hätte ich schon eine etwas differenzierte Sichtweise erwartet.

    1. Favicons sind genau dazu da weiterverbreitet zu werden und woanders angezeigt zu werden. Wenn die TT nicht mit simpelsten 90er Jahre Webtechnologien zurecht kommt sollte sie sich garnicht erst im Internet aufhalten.

      In Konsequenz ist jetzt also folgendes zu tun:
      1. Der Internetauftritt der TT muss geschlossen werden bevor noch mehr Unsinn passiert.
      2. Der Herr von Online-Kündigen wird in Ruhe gelassen.
      3. Das Geld was man in dubiose „finden sie eben was“ Anwälte investiert wird sollte an den Chefredakteur der TT gehen, damit der sich kein Zubrot über plagiierte Bücher verdienen muss.

      Dann wäre allen geholfen, dem Täter, dem Opfer und über Punkt 1 der ganzen Menschheit.

      1. Ich finde das mit den Favicons ja schon spannend. Deine Argumente überzeugen mich aber nicht. Ja klar, wird das Favicon vom Browser kopiert und dann beim Nutzer immer wieder angezeigt. Genau dafür ist es da und für diese Verwendung wird es vom Urheber einer Seite ja auch explizit veröffentlicht.
        Genauso kann ich mir eine beliebige Seite mit Bildern auf dem Rechner abspeichern und diese immer wieder betrachten, ohne die Webseite nochmal aufzurufen.
        Dafür darf ich aber noch lange nicht die enthaltenen Bilder oder Texte in eigenen Veröffentlichungen nutzen und ich kann im Moment nicht verstehen, warum das bei einem Favicon anders sein sollte.
        Seiten wie Facebook (zumindest da ist es mir für eine Webseite mal so untergekommen) veröffentlichen extra spezielle Bilder in verschiedenen Größen die zum Verlinken hergenommen werden müssen. Dass man da einfach das Favicon hernimmt wäre soweit ich weiß auch Quatsch, weil wegen der geringen Auflösung die Qualität zu schlecht ist.

  3. Das sind keine Logos sondern die favicons („Shortcut Icon“) , die bei Angabe (href=“*.ico“) mit jedem Browser ausgeliefert werden und deren Verwendung bei Social Bookmarking brachenüblich ist (Reddit, tumblr, Furl, Xing, LinedIn, …). Zu diesem Zweck sind die favicons (Favourite Icons) kreeirt worden und werden als clickbare Symbole auf vielen Seiten eingebunden.

    Die zweite Argumentation der Zeitung ist schon dreist:
    Namensnennung: Ich habe ihren Namen genannt und damit gegen den „Persönlichkeitsschutz“ verstoßen (§16 Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch), weil ich ihr Recht auf Anonymität verletzt hätte. Schon allein durch die Listung bei Online-Kündigen würde ich nämlich suggerieren, dass sich die Tiroler Tageszeitung im „Kündigungsprozess unlauter verhalten“ würde. Auch dieses Unterlassungsbegehren haben sie mit € 17.000 bewertet.

    Das alles erweckt schon den Eindruck, dass man hier mit Hilfe der kostenpflichtigen Juristerei einen für den Verlag lästigen Dienst loswerden möchte.

    1. Selbstverständlich sind das zum großen Teil Logos. Der Begriff des Logos hat doch nichts mit der technischen Verwendung bzw. Umsetzung zu tun.

    2. Was den letzten Satz angeht, stimme ich dir natürlich zu. Wer sich in Feindesland begibt, muss aber halt damit rechnen, angegriffen zu werden.

  4. P.S.: die TT verwendet ein solches Favourite Icon, und dieses kann für das repräsentierende Unternehmen verwendet werden ohne dafür explizit jedes Mal eine Genehmigung einholen zu müssen:
    „Das Favicon dient meist dazu, die zugehörige Website auf wiedererkennbare Weise zu kennzeichnen.“ (Wikipedia)

  5. Aktuell: Tiroler Tageszeitung zieht Klage gegen Online-Kündigen zurück. Riesen DANKE an alle, die gespendet haben!

  6. Es wird immer schwieriger, großen Firmen und Institutionen näher zu treten ohne sich dabei Frust oder endlose Bandansagen einzufangen, egal ob man sich bei einer Fluglinie beschweren oder etwas kündigen will, der Zugang wird möglichst erschwert („Oschasln“ auf Wienerisch).
    Es ist auch nicht einfach möglich, regelmäßige unerwünschte pers. adressierte Postzusendungen (die bei Nichtananahme im Postfach 555 = Müllcontainer landen) zu verhindern (zB. durch zentrale Streichung der Adresse), im Anschreiben findet sich oft nicht mal eine Telefonnumer oder wenn, ist sie selten bis nie besetzt.

    Ich bin sehr froh, dass es Initiativen dagegen gibt,
    Danke !

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.