Möglicher Gamechanger: Obama-Administration will echte Netzneutralität (Update)

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Barack Obama hat sich heute als Präsident der USA für klare Regeln zum Schutz der Netzneutralität ausgesprochen. Das erklärte er in einem Statement auf Youtube und einer eigenen Unterseite auf whitehouse.gov.

That’s a principle known as „net neutrality“ — and it says that an entrepreneur’s fledgling company should have the same chance to succeed as established corporations, and that access to a high school student’s blog shouldn’t be unfairly slowed down to make way for advertisers with more money. That’s what President Obama believes, and what he means when he says there should be no gatekeepers between you and your favorite online sites and services. And as the Federal Communications Commission (FCC) considers new rules for how to safeguard competition and user choice, we cannot take that principle of net neutrality for granted.

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Die Grundfrage war immer, ob Provider Telekommunikationsdienstleister (Telecommunications services) oder Informationsdienstleister (Infomation services) sind. Auf Basis einer Entscheidung des Supreme Court aus dem Jahre 2005 hat die Regulierungsbehörde FCC Provider immer als Informationsidenstleister angesehen, für die es weniger Regeln gibt. Das machte klare Netzneutralitätsregeln schwierig. Befürworter von Netzneutralitätsregeln haben sich dafür eingesetzt, dass Provider jetzt als „title II under the telecommunications act“ reklassifiziert werden. Dafür will sich jetzt die Obama-Administration einsetzen.

Bei der Reklassifizierung geht es darum, die Provider als Erbringer von gesamtgesellschaftlich bedeutsamen Leistungen einzuordnen. Damit unterliegen sie einer viel schärferen Aufsicht und brauchen eine Genehmigung für ihre Tätigkeit. Diese Genehmigung kann an Netzneutralitätsregeln gebunden werden. Die vorgeschlagenen Regeln sehen auch danach aus, dass je nach Lesart auch sogenannte Zero-Produkte verboten werden könnten, also wo bestimmte Angebote vom Datenvolumen ausgenommen und damit bevorzugt werden.

Das klingt alles positiv und so, als ob Obama doch nochmal versucht, wenigstens ein Wahlversprechen einzulösen. In diesem Fall wäre das zu begrüssen. Wir wünschen viel Erfolg und freuen uns, dass die Debatte in den USA von der Stelle kommt.

Wo steht die Bundesregierung in dieser Debatte?

In der Europäischen Union liegt derzeit die Reform des Telekom-Paketes im EU-Rat, nachdem das EU-Parlament im März deutlich für strengere Regeln gestimmt hatte. Aber wie werden die Regierungen im EU-Rat jetzt abstimmen? Aus deutscher Sicht sieht das leider nicht gut aus: Zuletzt erklärte unsere Bundeskanzlerin Angela Merkel, dass wir das jetzt gar nicht diskutieren brauchen, denn:

“Die ganz großen Fragen nach der Netzneutralität werden sich stellen, wenn wir ziemlich große Bandbreiten haben, die mit Glasfaserkabeln natürlich zur Verfügung stehen”.

Unser Digitalkommissar Günther Oettinger wiederum findet Netzneutralität gut, möchte aber kleine Ausnahmen drin haben (wahrscheinlich zufällig die Ausnahmen, die auch die Telekommunikationslobby wünscht). Das ist so wie ein bisschen schwanger werden.

Update: Mehr Einordnung des europäischen und nationalen Kontextes gibt es beim Digitale Gesellschaft e.V.: Netzneutralität: Obama als Vorbild für Merkel?

Das Switch-Blog der Washington Post hat Tim Wu dazu interviewt: Obama’s gone ‘old-school net neutrality’: A Tim Wu Q&A.

So what does Obama’s statement do to the politics?

The FCC was leaning toward a slightly more compromised approach, and I suppose having the White House do this could leave them feeling like they have no allies and are unwilling to act for a while. I imagine they’re not very happy over there.

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6 Ergänzungen

  1. Fraglich ob Herr Obama das ohne Zugeständnisse durch den republikanisch dominierten Senat und Abgeordnetenhaus bringen kann. Auf jeden fall löblich, dass der Her sich für Netzneutralität einsetzt, vielleicht schaut sich das ja einer von unseren Politkaspern ab.

  2. „Das klingt alles positiv und so, als ob OBama doch nochmal versucht, wenigstens ein Wahlversprechen einzulösen. In diesem Fall wäre das zu begrüssen. Wir wünschen viel Erfolg und freuen uns, dass die Debatte in den USA von der Stelle kommt. “

    Da er jetzt keine Mehrheiten mehr hat, hat er zwei Jahre Zeit sich an die Wahlversprechen zu machen. Im Zweifel kann man dann immer argumentieren, dass man ja wollte, aber weder Senat noch Repräsentanten mitmachen wollten. Ein Schelm wer Arges dabei denkt.
    Wenn es aber wirklich aus Überzeugung passieren sollte, dann ist es natürlich sehr löblich.

  3. Das stinkt mir doch übertrieben zum Himmeln. Ist ja nicht so das er in den anderen 6 Jahren in denen er schon regiert dies schon lang hätte in Stein meißeln können. Jetzt wo er den Kongress verloren hat und nichts mehr ausrichten kann stellt er sich plötzlich auf die Netzneutralitätsseite. Und seine Opposition schreit schon dass das Obamacare für das Internet ist.

    Das sieht doch alles nach einem PR Schritt aus. Und die Schafe die die Republikaner jetzt in den Kongress gewählt haben werden genau so dumm den Ausführungen dieser glauben schenken und gegen Obamacare fürs Internet stimmen….

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.