Junge Abgeordnete der Koalition gegen Leistungsschutzrecht

lsr_banner22Die Koalition hat sich gestern über einen letzten Kompromiss zum Leistungsschutzrecht geeinigt, der heute im federführenden Rechtsausschuss abgestimmt werden soll. Geplant ist, diesen am Freitag nach zweiter und dritter Lesung im Bundestag abzustimmen. Dagegen wehrte sich die Opposition und forderte heute im Rechtsausschuss eine weitere Anhörung, um die veränderten Rahmenbedingungen diskutieren zu können. Das wurde aber mit der Mehrheit der Koalition abgelehnt.

Der aktuelle Kompromiss ist nicht unumstritten. Die Meinungen reichen von „Wirkungslos und da ist kein Leistungsschutzrecht mehr drin“ bis hin zu „Wird womöglich alles noch komplizierter und es muss vor Gerichten geklärt werden, wie lang ein Snippet sein sollte“. Wie das meist unter Juristen und Rechtspolitikern so ist. Die eine Lesart ist, dass ein gesichtswahrender Kompromiss geschaffen wurde, damit die Verleger zumindest das Gefühl bekommen, die Koalition würde ihre Versprechen halten. Und wenn, dann würde dieses Leistungsschutzrecht nur ganz wenige Aggregatoren treffen, aber weder Google noch Rivva. Die andere Lesart sagt, dass ähnlich wie bei der Entscheidung von „Metall auf Metall“ im Musikbereich der Bundesgerichtshof irgendwann mal klären wird, wieviel Zeichen so ein Snippet enthalten darf, um nicht unter das Leistungsschutzrecht zu fallen. Rechtssicherheit buchstabiert sich anders.

Wer stimmt dagegen?

Gerüchten zufolge soll aber Siegfried Kauder jetzt dafür stimmen wollen. Dafür lehnen die eher jungen und progressiven Netzpolitik-nahen Bundestagsabgeordneten von FDP und CDU/CSU diesen Kompromiss ab. Dazu gehören wohl Thomas Jarzombek (CDU) (Hat kommentiert, dass er momentan eher Richtung Enthaltung tendiert), Dorothee Bär (CSU), Sebastian Blumenthal (FDP), Manuel Höferlin (FDP) (Stimmt dafür), Jimmy Schulz (FDP) und Peter Tauber (CDU). Das reicht aber noch nicht zahlenmäßig an Widerstand in der Koalition, um eine Mehrheit gegen das Leistungsschutzrecht zu organisieren. Es soll namentlich abgestimmt werden.

Peter Tauber hat ausführlich seine Ablehnung verbloggt:

Aktuell gab es erneut den Versuch, dass aus meiner Sicht aus ordnungspolitischen Gesichtspunkten fragwürdige Gesetz für ein Leistungsschutzrecht klarer zu fassen. Nun sollen „einzelne Wörter und kleinste Textausschnitte“ nicht unter ein Leistungsschutzrecht fallen. Positiv interpretiert könnte das bedeuten, dass Snippets vom LSR ausgenommen sind. Aber offensichtlich herrscht zwischen den Rechtspolitikern keine Klarheit, wie dieser Halbsatz denn nun zu verstehen ist. Es ist daher zweifelhaft, ob die ersten Pressemeldungen, dass Google damit vom LSR mehr oder weniger ausgenommen sei, korrekt sind. Alles in allem führt auch diese Änderung zumindest auf den ersten Blick nicht zu mehr Klarheit.

Der Digitale Gesellschaft e.V. hat für den kommenden Freitag um 9 Uhr am Brandenburger Tor eine kleine Kundgebung angemeldet. Da kann man nochmal gegen das Leistungsschutzrecht demonstrieren. Werdet kreativ, kommt vorbei und bringt bunte Schilder mit – aber lasst bitte Parteifahnen zuhause.

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13 Ergänzungen

  1. Natürlich muss man die Abgeordneten der Regierungskoalition loben, die sich nicht als Stimmvieh sehen und selbst ihren Kpof einschalten – aber, dass sie „gegen“ ein Leistungsschutzrecht sind würde ich ihnen erst zubilligen, wenn sie auch so stimmen – und damit meine ich keine Enthaltung.

  2. Immerhin wird man bei namentlicher Abstimmung ja Versprechen und Wirklichkeit vergleichen können. Mal ganz davon abgesehen, dass mir immer noch nicht einleuchten will, was dieses Gesetz jetzt noch bringen soll.

  3. Abstimmen dürfen sollten nur diejenigen Abgeordneten, die 5 Beispiele (z.B. Snippets auf Rivva, Google News, Privates Blog, Twitter) eindeutig zuordnen können: betroffen vom LSR oder nicht, jeweils mit Begründung.

  4. Damit keine falsche Legendenbildung entsteht: Ich habe auf Twitter erklärt, nicht zustimmen zu wollen. Die Auswirkungen der Änderungen von heute müssen wir noch prüfen, ich denke unter den Voraussetzungen aber eher an eine Enthaltung als an eine Nein-Stimme. Bis Freitag ist aber noch viel Zeit und ich bin Argumenten weiterhin zugänglich.

    1. Wie wäre es damit: Beantworten Sie sich (und uns) die Frage, wem mit diesem Gesetz gedient ist. Wer bekommt damit Geld von wem? nachdem Snippets (die seit Jahren ja immer als Grund genannt wurden) nicht darunter fallen sollen, haben die Verlage also gegen wen einen Unterlassungsanspruch? Und inwiefern ist das eine Änderung zum bisherigen Zustand? Weil Herr Keese ja immer gerne von Aggregatoren spricht, die ganze Texte komplett kopieren: Fällt das nicht ohnehin unter das Urheberrechtsgesetz? Mal ganz davon abgesehen habe ich nicht mitbekommen, dass Herr Keese oder ein anderer Verlegervertreter die ach so schlimmen Aggregatoren benennen konnte. Da wurde immer auf das Böse Google gezeigt.

      Mir drängt sich der Eindruck auf, dass das Gesetz jetzt nur noch pro forma da ist, weil ja das Böse Google gar nicht betroffen ist (es sei denn ein Gericht würde entscheiden, die Snippsel Text bei Google fielen nun doch unter die Definition des Leistungsschutzrechts.

    2. Bis Freitag ist aber noch viel Zeit und ich bin Argumenten weiterhin zugänglich.

      An denen hat sich doch seit dem Aufkommen der 1. Christoph „Taliban“ Keese-Forderungen nichts geändert und im Gegensatz zu den Behauptungen einiger Krakeeler hinkt folgender Vergleich weiterhin nicht: „Mit der gleichen Logik könnte ein Restaurantbesitzer von Taxifahrern Geld verlangen, die ihm Gäste bringen.“ oder wie Marcel Weiss schreibt: „Ihr wollt für etwas bezahlt werden, weil es Euch mehr schadet als nützt, aber Ihr nehmt erst einmal weiterhin freiwillig an dieser angeblich schadenden Kooperation teil, ohne bezahlt zu werden?“

      Aber selbst wenn man meint, das Gestz wäre nun nicht mehr schädlich, weil Snippets auf einmal doch kostenfrei bleiben sollen, die Auslegung was darunter fällt wird die Abmahnabzocker und Gerichte auf Jahre beschäftigen. Allein aus diesem Grund ist eine Enthaltung geradezu fahrlässig. Es muss mit nein gestimmt werden, damit nicht noch ein stümperhaft zusammengebasteltes Gesetz für Rechtsunsicherheit sorgt.

  5. Die erwähnte „Entscheidung von Metall-zu-Metall“ ist mir nicht bekannt
    und ich finde auch nichts näheres zu diesem Begriff im www.
    Hat mir evtl. jemand einen Link?
    Das wäre super!

  6. Ist vielleicht ne blöde Frage, aber kann man diese ganzen vehementen LSR-Befürworter nicht einfach wegen Korruption (ja ich weis das DE kein anti-Korruptionsgesetzt hat, aber was vergleichbares eben) Strafrechtlich in die Pfanne hauen?
    Nicht nur dass das ganze bis zum Himmel stinkt, nein, es ist offensichtlich – und die Mühe es zu verschleiern machen die sich schon garnicht – das einige Politiker den Willen von Springer & Co. unterworfen sind.
    Das schlimme ist ja das es nicht nur beim LSR so ist, gerade jüngste Entscheidungen wurden von der Wirtschaft vorgekaut, bzw. in ihrem Willen durchgebracht (mein Lieblingsbeispiel ist ja immernoch das Pharmagesetz das 1:1 von der Lobby umgesetzt worden ist, mit Textbeigabe).

    Also, gibts da keine (legalen) Möglichkeiten? Weil Demos gehen denen meisten ja am Allerwertesten vorbei, auch wenn ACTA mal ne erfreuliche Außnahme war.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.