Die für die Grenzüberwachung zuständige Bundespolizei will weitere Tests mit größeren Drohnen auf offener See durchführen. Dies geht aus einem Artikel hervor, der im Vorfeld einer internationalen Konferenz in Brüssel zur Integration von Drohnen in den zivilen Luftraum veröffentlicht wurde. Dort wird auch die „Roadmap“ der EU-Kommission thematisiert, die zusammen mit der EU-Agentur für Flugsicherheit in allen Mitgliedstaaten gleiche Standards einsetzen will.
Geplant ist nun eine deutsche Machbarkeitsstudie zu „maritimen Überwachungsmissionen“, für die Flüge über der Nordsee stattfinden sollen. Eine ähnliche Studie hat die Bundespolizei bereits auf der Ostsee durchgeführt. Damals war eine Helikopter-Drohne des Schweizer Hersteller Swiss-UAV erprobt worden. Geübt wurde der An- und Abflug von einem Schiff der Küstenwache. Der Flug sollte die programmierte Steuerung per GPS simulieren und verlief angeblich ohne Nutzlast. Das könnte sich jetzt ändern, denn die neuen Forschungen sollen auch „operative“ Aspekte in Angriff nehmen:
Building on these results, the next step will be a feasibility study for maritime surveillance missions, preferably on the North Sea, exploring aeronautical, operational, tactical prospects and limitations on the open sea.
Während auf der Ostsee noch milde Wetterbedingungen herrschten, sollen auf der Nordsee An- und Abflüge bei rauer See geübt werden.
Details zu Kameras „evident geheimhaltungsbedürftig“
Für Einsätze werden bei Bundespolizei bislang nur die Typen FanCopter und Aladin genutzt, die von der Firma EMT in Penzberg gefertigt werden. Sie verfügen über eine geringe Nutzlast und sind mit verschiedenen Sensoren ausgestattet. Um welche Kamerasysteme es sich dabei handelt, welche Software zur Steuerung genutzt wird oder welche weiteren technischen Hilfsmitteln zur Auswertung der gelieferten Daten genutzt werden soll aber geheim bleiben: Nach „sorgfältiger Abwägung des Aufklärungs- und Informationsrechts der Abgeordneten“ kam die Bundesregierung bei der Beantwortung einer Kleinen Anfrage zu dem Schluß, dass es sich hierbei um „geheimhaltungsbedürftige Informationen“ handelt und die technischen Einzelheiten der Ausstattung „evident geheimhaltungsbedürftig“ seien.
Unaufgeregtere Details berichtet der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit in seinem letzten Tätigkeitsbericht:
Foto- und Videoaufnahmen des „Aladin“ werden an die tragbare Bodenstation (mit Monitor) live übertragen. Gespeichert werden die Bilder in der Beobachtungsdrohne. Personenbezogene Daten können bedingt durch die Auflösung der Video- und Kamerasysteme und die Flughöhe in der Regel nicht erhoben werden. Die Foto- und Videoaufnahmen des „Fancopter“ werden an die ebenfalls tragbare Bodenstation (mit Monitor) übertragen. Gespeichert werden die Bilder in der Drohne. Personenbezogene Daten können bedingt durch die Auflösung der Video- und Kamerasysteme und die Flughöhe erhoben werden.
Als bisherige Einsatzgebiete wiederholt die Bundespolizei in dem oben genannten Artikel, was bereits in der Kleinen Anfrage beantwortet wurde:
- Überwachung/Aufklärung im Rahmen von Schleusungen im Grenzbereich,
- Aufklärung von Geländeabschnitten im Rahmen einer Erpresserlage,
- Überwachung von Gleisanlagen aufgrund von gefährlichen Eingriffen in den Bahnverkehr,
- Luftbildaufnahmen von Objekten,
- Objektüberwachung/Zugriffsunterstützung an einer Bahnanlage und
- Objektaufklärung/Erkennen von BTM-Anbau an einer Lagerhalle.
Zu den Einsatzformen gehört auch die Überwachung von Bahnanlagen. Kürzlich hatte die Deutsche Bahn AG angekündigt, selbst eine Drohne zu beschaffen um damit testweise auf die Jagd nach Graffiti-Sprühern zu gehen. Eigentlich ist aber die Bundespolizei für die Sicherheit der Bahnanlagen zuständig, insofern darf sich die Bahn nicht selbst auf die Jagd machen.
Nun wird bestätigt, dass die Bundespolizei in keiner Weise in das Vorhaben involviert ist. Aus dem Verkehrsministerium heißt es dazu:
Die Deutsche Bahn AG kann, wie andere Unternehmen auch, zur Wahrnehmung ihrer unternehmerischen Sicherheitsaufgaben Personal oder technische Mittel nach eigenem Ermessen und in eigener Verantwortung im Rahmen der geltenden Rechtsvorschriften verwenden und einsetzen. Polizeiliche Bundesbehörden sind nicht in die Planung, Entwicklung, Durchführung oder Auswertung von Maßnahmen der Deutschen Bahn AG zur Überwachung von Teilen ihrer Anlagen mit fliegenden Kameras involviert.
„Vom offenen Atlantik bis zu den griechischen Inseln, und über Land von Norwegen bis Griechenland“.
Neues gibt es auch von Anstrengungen der EU-Grenzschutzagentur FRONTEX, die ebenfalls seit Jahren mit der Nutzung größerer Drohnen befasst ist. Auf Netzpolitik wurde bereits berichtet, dass die Agentur mehrere Präsentationen organisiert hat, in denen unter anderem die Drohnen „Heron“, „Predator“ und der deutsche „Euro Hawk“ vorgestellt wurden. Die Bundesregierung teilt jetzt mit, dass es mittlerweile bereits vier entsprechende Workshops gegeben hat, die teilweise mit Flugschauen einher gingen:
Die EU-Grenzschutzagentur FRONTEX führte Workshops in Imatra/Finnland, Svilengrad/Bulgarien, Preveza/Griechenland, Istres/Frankreich sowie in Sofia/Bulgarien durch, bei denen über Unbemannte Luftfahrtsysteme vorgetragen wurde. Neben Vertretern von FRONTEX und den vortragenden Herstellerfirmen (es waren immer nur einzelne Hersteller bei den Veranstaltungen) waren Delegationen aus Spanien, Finnland, Norwegen, Malta, Niederlande, Großbritannien, Bulgarien, Ungarn, Lettland, Polen und der Slowakei anwesend.
Das auch für die Bundespolizei zuständige Bundesinnenministerium sieht demnach durchaus Anwendungsmöglichkeiten zur Grenzüberwachung:
In den Diskussionen kam zum Ausdruck, dass diesem Einsatzmittel ein einsatztaktischer Mehrwert für Grenzschutzmissionen in unwegsamem Gelände oder mit konventionellen Methoden nur schwer zu überwachenden Terrain zukommen könnte.
Die Workshops von FRONTEX dienten auch der Diskussion von erforderlichen luftfahrtrechtlichen Genehmigungen in den einzelnen EU-Mitgliedstaaten. Erörtert wurde die „notwendige luftrechtliche Absicherung des Einsatzes von Unbemannten Luftfahrtsystemen im zivilen Luftraum“. Bislang ist dort überall vorgeschrieben, dass Drohnen nur in dafür reservierten Lufträumen zulässig und möglich sind.
Damit sich das ändert, wird auch FRONTEX auf der Konferenz in Brüssel referieren. In einem Vorab-Artikel beschreibt „Überwachungsbedürfnisse“ „vom offenen Atlantik bis zu den griechischen Inseln, und über Land von Norwegen bis Griechenland“. Drohnen könnten sich dabei bis zu 800 Kilometer von ihrer Basisstation entfernen.
FRONTEX will nun im Rahmen eines „Aerial Border Surveillance Trial 2013“ probeweise ein „optionally-piloted aircraft“ fliegen. Dabei handelt es sich vermutlich um eine „Diamond DA42“ des Herstellers Diamond Aircraft. Die Flugzeuge können mit einem Pilot/ einer Pilotin geflogen werden. Inzwischen hat aber der israelische Drohnen-Hersteller IAI eine unbemannte Version entwickelt, die bereits in einem FRONTEX-Workshop präsentiert wurde.
Das Flugzeug wird von der Scotty Group vermarktet, die hierfür in einem Konsortium mit den Firmen Lockheed Martin, Diamond Aircraft Industries, Inmarsat, FLIR Government Systems, FAST Protect AG und Broadcast Microwave Services auftritt. Die DA-42 ist mit einem optischen und einem infratrot-basiertem Radar ausgerüstet, die im Rahmen der FRONTEX-Operation Poseidon getestet werden. Poseidon soll unerwünschte MigrantInnen aus Libyen an der Überfahrt hindern.
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