Informationsfreiheit: Der Bundestag ist dagegen

Wie der Tagesspiegel meldet, geht die Bundestagsverwaltung gegen ein Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vor, in dem das Zurückhalten einer Ausarbeitung des Wissenschaftlichen Diensts für rechtswidrig erklärt wurde. Sie hat beim Oberverwaltungsgericht Berufung eingelegt.

Hintergrund: Im Oktober 2010 hatte ein Bürger Einsicht in die Ausarbeitung zum Thema „Die Suche nach außerirdischem Leben und die Umsetzung der VN-Resolution [sic!] A/33/426 zur Beobachtung unidentifizierter Flugobjekte und extraterrestrischen Lebensformen“ beantragt. Dies war von der Verwaltung abgelehnt worden, da der Anwendungsbereich des Informationsfreiheitsgesetzes (IFG) nur öffentlich-rechtliche Verwaltungsaufgaben abdecke, nicht aber parlamentarische Angelegenheiten.

Der Bürger klagte und bekam Recht, das Urteil gilt als „Grundsatzurteil zur Rechtsnatur der Ausarbeitungen des Wissenschaftlichen Dienstes des Parlaments“.

Auf fragdenstaat.de findet sich übrigens die Antwort auf eine weitere Anfrage nach dem IFG zum selben Thema, in der es heißt, dass es dem Bundestag unmöglich sei, das Gutachten herauszugeben, da die Arbeiten des Wissenschaftlichen Diensts vom IFG nicht abgedeckt seien. Außerdem:

Unabhängig davon behält sich der Deutsche Bundestag sämtliche Veröffentlichungs- und Verbreitungsrechte an den Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste vor. Da bezüglich der von Ihnen
beantragten Ausarbeitung eine Freigabe durch den Abteilungsleiter W nicht erteilt wurde, kann auch aus diesen Gründen das beantragte Gutachten nicht bekannt gemacht und übersandt werden.

Eine schöne Wasserstandsmeldung zum „kulturellen Wandel im Verhältnis von Bürger und Staat, der zu mehr Transparenz, mehr Teilhabe und einer intensiveren Zusammenarbeit führen kann“. Außer Zwang scheint es keinen vorstellbaren Grund zu geben, Informationen herauszugeben.

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9 Ergänzungen

  1. „der Deutsche Bundestag sämtliche Veröffentlichungs- und Verbreitungsrechte an den Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste vor“

    uhm….im Auftrag des Volkes ? Wo ist der Vertrag/das Gesetz, dass die Verwertungsrechte an den Bundestag übergehen?

    1. “ im Auftrag des Volkes?“

      Wohl eher im auftrag der Lobbyisten, eigener Interessen, dem eigenem Bankkonto, dem dritten Haus (und fünftem Auto), den diversen nebenjobs in diversen Aufsichtsräten, usw.

  2. Stellt euch mal vor warum die das nicht wollen:

    Ein Grundsatzurteil welches jedem Bundesbürger zugriff auf diese Arbeiten zugesteht. Was könnte da alles über unsere Politiker herauskommen?
    Hatte nicht Gutti z.B. den Wissenschaftlichen Dienst für seine Doktorarbeit „ausgeliehen“?

  3. Es würde vielleicht helfen alle Kanten des System systematisch zuerfassen, denn es gibt wohl unbestritten viele Felder mit gewissen grundsätzlichen Fragen, die zZ dauerhaft unbeantwortet bleiben und mit neuen Details verzögert und erklärt aber nicht aufgeklärt werden.

    Wo wir bei „Wissenschaft“ sind.
    Bitte 3 mal gucken
    http://www.youtube.com/watch?v=w9pj3fiZGNE
    Higgs Boson (extended interview footage)

  4. Das „geistige Eigentum“ steht bei einem Arbeitsverhältnis demjenigen zu, der eingestellt hat.
    Der wiss. Dienst wurde (über Umwegen) von den Abgeordneten eingestellt.
    Die Abgeorneten wurden von den deutschen Bürgern eingestellt.

    Ergo ist alles, was der wiss. Dienst erstellt, sowie alles, was die Abgeordneten in Zuge ihrer Arbeit erstellen, Eigentum der deutschen Bürger.

    Es wird Zeit, dass das geistige Eigentum besser geschützt wird! Dieser Diebstahl (der Auftraggeber bekommt es nicht, also tatsächlich Diebstahl) muss aufhören!

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.