Die Politik entdeckt „die Internet-Community“

Die Taz berichtet über uns: „Entdeckung der Internet-Community: Die Ureinwohner wehren sich“.

Die CDU hat ihn entdeckt, die SPD auch, die Berliner Morgenpost schreibt darüber, die FAZ und ja, ab und an auch die taz – über den fremdartigen Stamm namens Internet-Community, von Hobbyetymologen schon zur Netzgemeinde eingedeutscht. Gemeinde erinnert ein bisschen an evangelikale Bibelschüler. Allerdings klingt das meist so, als würde da eine Horde junger, verspielter, freiheitsliebender, aber auch ein wenig beschränkter Tarzans durchs Geäst des digitalen Dschungels hüpfen. Vor allem aber macht es klar: Hier stehen wir, und dort sind die Fremden – hinter dem Computerbildschirm beginnt ein possierliches Barbaricum.

Das kenne ich nur zu gut: Die Verwendung des Wortes „Internet-Community“ durch Politiker mit denen ich spreche, hat immer einen etwas komischen Klang. Man denkt dann immer, die halten „die Internet-Community“ für so eine Art Gewerkschaft und man selbst ist für sie sowas wie ein Sprecher dieser „Community“. Es ist dann immer schwierig, diesen zu erklären, dass es sich um Menschen handelt, die ähnlich wie unsere Gesellschaft äussert vielfältig und wenig organisiert sind. Und das wir (in der Regel) nicht beißen.

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14 Ergänzungen

  1. Das mit dem „nicht beissen“ könnte sich ändern, wenn unsere Politiker weiter so hirnverbrannte Politik im Bezug auf „das Internet“ machen…

  2. Aus dem aktuellen Spiegel dazu ein passendes Zitat über die SPD:

    „Wahlkampfchef Kajo Wasserhövel und Generalsekretär Hubertus Heil sind sauer auf Fraktionschef Struck, weil der gemeinsam mit der Union das Gesetz gegen Kinderpornographie im Internet durchgesetzt hat. Mit Sorge sehen Wasserhövel und Heil, dass die SPD deshalb bei Internet-affinen Jungwählern in die Kritik geraten ist. Mitglieder der Internet-Gemeinde sehen in dem Gesetz einen Angriff auf die Meinungsfreiheit im Netz.“

    Abgesehen davon, dass der Spiegel hier eine bemerkenswerte Unkenntnis über Zensursula an den Tag legt und suggeriert, die „Internet-Community“ sei gegen ein Gesetz gegen Kinderpornographie (statt nur gegen das Sperren derselben), erinnert die Formulierung „Mitglieder der Internet-Gemeinde“ doch schwer an eine Art Verein oder Sekte. Muss gleich mal schauen, ob ich meinen Mitgliedsausweis noch habe…

  3. Verdammt. Das mit dem „nicht beissen“ wollte ich auch sagen. Glaube nicht, das die Politiker sich da noch lange drauf verlassen sollten.

    Wenn man lange genug auf einen Hund einprügelt, dann fängt auch der zahmste Hund irgendwann an zu beissen. Langsam haben die Politiker genug auf uns eingeprügelt, oder?

  4. Jedoch denkt die „Internet-Community“ manchmal sehr konform: 6 Antworten und in wenigstens 2 steht ähnliches, was ich zu virtuellem Papier bringen wollte:

    „Oh wohl, und wie wir beißen können!“

  5. @Garonne: Ich denke, mit der ePetition zu den Netzsperren haben wir schon mindestens heftig geknurrt, wenn nicht gar geschnappt. Es kann also keine(r) dieser Herrschaften sage, sie/er wäre nicht gewarnt!

  6. lustig auch in diesem zusammenhang:

    http://www.youtube.com/watch?v=Ao6LttfuTP4

    zensursula will sich mit „unserer sprecherin“ franziska heine treffen / unterhalten.
    ich kann mich nicht erinnern, dass wir, die „internetcommunity“, irgendwen als sprecher benannt haben. wer ist denn dann unser präsident? und kassierer, schriftführer? in welchem vereins- oder handelsregister ist diese organisation denn eingetragen?

    dass es viele individuen mit gleichem ansinnen gibt, die sich nicht direkt in einer partei oder einem verein organisieren, geht den grauen damen und herren mit kugelschreibern scheinbar auch nicht in den kopf.

  7. naja immerhin vereinigt man sich unter gewissen natzpolitischen ansichten. und von daher kann man schon als gemeinschaft/community/gemeinde bezeichnet werden.
    vielleicht gehts ja auch mal wieder darum, alles politische außer der piraten-partei als lächerlich, beschränkt und altmodisch abzutun. aber wehe jemand bezeichnet euch als computer-nerds.

    msg
    justin

  8. hmm.. da zeigt sich eines der probleme der damen und herren in berlin…

    sie glauben sie hätten es mit einer breiten front zu tun, mit einem organisierten gegner. eben einer anderen partei.

    tja… dumm nur das die meisten user sich überhaupt nicht organisieren wollen….sie sind einfach nur STINK SAUER auf diese lernresistent Menschen im Bundestag …

    Wie man mit Menschen umgeht die STINK SAUER sind….kann man lernen…jeder Callcenteragent kann das… ach was reg ich mich auf… hat ja eh keinen zweck ..

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