Telepolis hat ein Interview mit Ben Hayes von der Bürgerrechtsorganisation Statewatch: „In Europa entsteht ein sicherheitsindustrieller Komplex!“
Das klingt erst einmal nicht besonders beeindruckend. Gibt es denn überhaupt eine wirklich gemeinsame europäische Sicherheitspolitik?
Ben Hayes: Für die Mitgliedsstaaten ist die EU eine Möglichkeit, Maßnahmen durchzusetzen, die in den nationalen Parlamenten keine Chance hätten. Viele Überwachungsmaßnahmen, wie die Vorratsdatenspeicherung oder flächendeckende Fingerabdrucksammlungen, kamen so zustande. Solche Maßnahmen nutzen den Behörden in allen Ländern und werden von ihnen vorbehaltlos unterstützt. Wenn es aber um Institutionen auf der europäischen Ebene geht, die nur dem sogenannten europäischen Projekt zugute kommen (wie beispielsweise die European Rapid Reaction Force als europäische Quasi-Armee), dann sind sie nicht wirklich interessiert.
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Ist diese Sicherheitspolitik im Interesse aller EU-Staaten?Ben Hayes: In Europa entsteht ein sicherheitsindustrieller Komplex, der sozusagen den alten militärisch-industriellen Komplex beerbt, wie Ike Eisenhower ihn einst beschrieben hat. Die Rüstungsunternehmen haben ihre Arbeit diversifiziert und produzieren heute auch Sicherheitstechnologie für den zivilen Einsatz. Auf diesen Märkten treffen sie sich mit IT-Unternehmen. Beispiele für die „doppelte Nutzung“ von Sicherheitstechnologie sind optische Überwachungssysteme, biometrische Identifikation, unbemannte Aufklärungsflugzeuge (Unmanned Arial Vehicles) oder Technologien zur Verteidigung von kritischen Infrastrukturen. Natürlich ist der Einsatz von solchen Technologien in manchen Fällen sinnvoll. Andererseits wird militärisches Gerät, das früher nur im Krieg zum Einsatz kam. immer häufiger für die normale Polizeiarbeit eingesetzt. Es findet sozusagen deren Militärisierung statt.
Große IT- und Rüstungsfirmen wie Thales oder Siemens treiben diese Entwicklung voran. Sie sind mit den fünf einflussreichsten Mitgliedsstaaten verwoben, mit Deutschland, Italien, Frankreich, Spanien und Großbritannien. Hochrangige Militärs arbeiten eng mit den Vertretern dieser Industrie zusammen. Der Einfluss des sicherheitsindustriellen Komplexes zeigt sich zum Beispiel im aktuellen Forschungsrahmenprogramm der EU, das für die Sicherheitsforschung jährlich 400 Millionen Euro vorsieht.
Die ACLU redet seit 2004 auch von einem „überwachungs-industriellen Komplex“.
Hier deren Studie dazu (pdf).
Vielleicht ein Thema für den Chat mit Konrad Freiberg (Vorsitzender GdP) morgen bei tagesschau.de.
Hab ich den Link vergessen? Also wen dieser Chat interessiert, der kann ja auf
http://www.tagesschau.de/interaktiv/chat/chat2.html
vorbeischauen. Ob da jemand IP-Adressen speichert weiß ich aber nicht. ;)