Neues aus dem Fernsehrat (36): Wie transparent sind die Öffentlich-Rechtlichen?

Eine Recherche der Fachzeitschrift epd medien dokumentiert, dass bei öffentlich-rechtlichen Medien ein einheitlicher Mindeststandard für Transparenz nötig wäre. Trotz öffentlicher Finanzierung sind die Anstalten bisweilen weniger transparent als die privat-kommerzielle Konkurrenz.

Ein Mainzelmännchen
Mainzelmännchen würden mehr Transparenz auch gut finden, denke ich. CC-BY 4.0 Leonhard Dobusch

Seit Juli 2016 darf ich den Bereich „Internet“ im ZDF-Fernsehrat vertreten. Was liegt da näher, als im Internet mehr oder weniger regelmäßig Neues aus dem Fernsehrat zu berichten? Eine Serie.

Der Titel dieser Folge ist geklaut. Denn genau so lautet der Untertitel des Artikels „In der Blackbox“, der seit kurzem beim Fachdienst epd medien frei online zugänglich ist. Und während sich unsere Fernsehrat-Reihe vor allem an der (fehlenden) Transparenz des ZDF abarbeitet, hat sich der Autor des epd-Beitrags Dominik Speck die Mühe gemacht, den Wildwuchs an Transparenzpraktiken der verschiedenen öffentlich-rechtlichen Anstalten zu durchforsten. Ernüchternde Erkenntnis:

Manches börsennotierte Unternehmern kommuniziert ausführlicher über sich als der ein oder andere Sender.

Der Einstieg in seinen Beitrag ist entlarvend. Er zitiert aus einem Heft der Vorgängerpublikation von epd medien aus dem Jahr 1953. Schon dort wurde unter Verweis auf die Finanzierung der öffentlich-rechtlichen Medien mit „öffentlichen Geldern“ mehr Transparenz eingefordert. Heute, 66 Jahre später, lässt die Informationspolitik weiterhin zu wünschen übrig:

Das ZDF etwa veröffentlichte Anfang des Jahres seinen durchaus detaillierten Geschäftsbericht für 2017 (!) im Internet. Eine Mitteilung zur Veröffentlichung des Jahresabschlusses und der Bezüge der Geschäftsleitung suchte man allerdings vergebens. Börsennotierte Medienunternehmen wie Axel Springer oder ProSiebenSat.1 kommunizieren häufig ausführlicher über ihre Jahreszahlen als die von der Öffentlichkeit bezahlten Rundfunkanstalten.

Besonders schwer ist es, sich einen Überblick über die verschiedenen öffentlich-rechtlichen Anstalten hinweg zu verschaffen, denn „wie viele Informationen überhaupt im Netz angeboten werden und wie aktuell diese sind, ist von Anstalt zu Anstalt unterschiedlich“. Es fehlt an Mindeststandards für Transparenz. Das macht es zum Beispiel auch schwer, häufige Themen von und Umgang mit Programmbeschwerden anstaltsübergreifend zu vergleichen.

Derartige Vergleichbarkeit sollte auch im ureigensten Interesse der Anstalten selbst sein. Denn solche Vergleiche lassen etwa Rückschlüsse darauf zu, ob eine Zunahme von Programmbeschwerden zu einem bestimmten Thema an der senderspezifischen Berichterstattung liegt oder zum Beispiel Folge politischer Mobilisierung ist. In der letzten öffentlichen Sitzung des ZDF-Fernsehrats war das eines der Themen: Die relativ starke Zunahme an Publikumsrückmeldungen in einem vergleichsweise kurzen Zeitraum – genaue Zahlen darf ich hier nicht nennen – legt nahe, dass diese zunehmend koordiniert werden und nicht ohne weiteres mit Werten aus Vorjahren vergleichbar sind.

Gemeinsamkeiten bei Geheimhaltung

Groß sind die Gemeinsamkeiten unter den Sendern hingegen, was die Zurückhaltung bei der Veröffentlichung von Sitzungsunterlagen betrifft – auch, wenn die Sitzungen selbst öffentlich sind. Wie in dieser Reihe berichtet, werden zum Beispiel von öffentlichen Sitzungen des ZDF-Fernsehrats zwar Wortprotokolle erstellt, diese allerdings nicht veröffentlicht. Eine gesetzliche Pflicht zur Veröffentlichung dieser Protokolle gibt es Speck zu Folge jedoch beim Rundfunkrat von Radio Bremen.

Nur unterstreichen kann ich auch Specks Forderung nach einer größeren Eigenständigkeit der Rundfunkaufsicht, etwas das ich als „Senderferne“ bezeichnet habe. Speck schreibt:

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Steffen Grimberg anlässlich der „Besonderen Ehrung“ beim Bert-Donnepp-Preis mit mir geführt hat und das jetzt in der Preispublikation zum Grimme-Preis 2019 erschienen ist. Ein Auszug daraus:

Grimme: In seinem ZDF-Urteil von 2014 forderte das Bundesverfassungsgericht ein „Mindestmaß an Transparenz“ in den Gremien des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Reicht das?

Leonhard Dobusch: Die Frage ist, was mit mehr Transparenz in den Aufsichtsgremien öffentlich-rechtlicher Medien erreicht werden soll. Wenn es nur darum geht, gesetzliche Vorgaben zu erfüllen und möglichst ungestört von gesellschaftlichen Debatten zu administrieren, reicht ein „Mindestmaß“. Wenn aber Transparenz auch dazu dienen soll, die Besonderheit eines öffentlich-rechtlichen im Vergleich zu privat-kommerziellen Angeboten deutlich zu machen, dann greift ein Mindestmaß viel zu kurz. Dann geht es darum, viel mehr Transparenz zu wagen und damit einen Beitrag zur Legitimität und Glaubwürdigkeit eines beitragsfinanzierten Angebots zu leisten.

Hier der Link zu einem PDF des Interviews.

1 Ergänzungen

  1. wenn ich, als ehemaliger leitender Angestellter und Norddeutscher, aus der freien und erfolgsabhängigen Wirtschaft kommend, über Jahre rückblickend , die Ergebnisse der von uns finanzierten Rundfunk- und Fernsehsender betrachte, fühle ich mich äußerst schlecht vertreten, wenn es doch darum gehen müsste, die Arbeit und die Effiziens der “ Öffentlich Rechtlichen “ so zu kontrollieren, dass ein hör- und sichtbares Preis- Leistungsverhältnis erkennbar wird. Da die geradezu selbstherrlich und unbelehrbar auftretenden Mitarbeiter der, meiner Meinung nach überbürokratisierten und aufgeblähten Strukturen innerhalb der Sender und deren unübersichtlichen Unterabteilungen, nach Gutsherrenart Hof zu halten scheinen ( man ehrt sich gegenseitig, läd sich kostenträchtig wechselseitig ein, vergewaltigt die Gebührenzahler mit vielfachen Wiederholungen und springt unbeirrbar immer zu spät und dafür aber in unerträglicher Übertreibung auf vermeintliche Trends auf. Ehe der Wahn der geradezu belästigenden vielen Koch – Sendungen erkannt wurde, vergingen Jahre. Geradezu jedes Dorf in Deutschland hat inzwischen einen Tatort mit den quälenden Versuchen, auch mal etwas Neues zu schaffen. Natürlich hat jeder Sender und auch jedes “ Dorf – Team “ eine eigene Hersteller – Mannschaft mit eigenem kostenträchtigen Equipment ( nicht auszurechnen, was bei einer sinnvollen Zentralisierung an Kosten gespart werden könnte). Wohltuend wäre es, wenn dem Gebührenzahler verstärkt das geboten würde, wofür die “ Öffentlich Rechtlichen “ einmal als
    vielschichtige Ergänzung der freien Sender erdacht wurden. Aber nein, wir werden unausweichlich – seit ca. zwei Jahren von morgens bis abends – mit Quizsendungen bis XXL und Preisen bis zu € 100.000.– im Einzelfall ( Pilava, Bommes, Pflaume, Kerner und Hirschhausen ) belästig, wobei die immer begeistert Beifall spendenden Zuschauer zum Einen besonders motiviert zu sein scheinen und zum Anderen sowieso nicht repräsentativ sind. Die dann noch stolz erwähnten tollen Einschaltquoten sind keinesfalls objektiv zu betrachten, sondern sind einzig das Ergebnis dessen, dass es – ohne Werbung – keine ausreichenden Alternativen gibt.
    Unabhängig von der Qualität der Angebote, bemerke ich auch immer wieder, dass sich eine Vettern- und Günstlingsmentalität zu vollziehen scheint; nicht selten partizipieren Familienmitglieder von dieser geduldeten Machenschaft, weil eben die notwendige Führung / Kontrolle durch neutrale und fachkundige Aufsichtsgremien zu fehlen scheint!! An Beispielen für größte finanzielle Schäden, die dadurch entstanden sind, dass die geradezu automatisch als Aufsichtsgremien inthronisierten Politiker über keine ausreichende Fachkenntnis verfügten, mangelt es angesichts des BER, der Elbphilharmonie, der HSH – Nordbank und der Bankenkrise insgesamt etc. ja wahrlich nicht; dazu bedarf es der Schaffung eines
    “ Schlaraffenlandes der Selbstbedienung “ , namens “ Öffentlich Rechtliche “ nicht mehr.
    Angesichts der bereits anderweitig, aber offenbar nicht durchgreifend, erwähnten üppigen Gehälter, einhergehend mit weltfremden Altersversorgungen, die sich innerhalb der Sendeanstalten zugebilligt werden, stellt sich die Frage nach einer zu verantwortenden Wirtschaftlichkeit mehr und mehr. Es ist doch allgemein bekannt, dass Verwaltungen dann, wenn sie nicht regelmäßig auf ein noch erträgliches Maß zurückgeführt werden, ständig den Bedarf “ sehen „, sich durch Schaffung neuer Organisationsformen und zusätzlicher Gremien
    auszudehnen. Hier kann nur eine fachkundige und auch unbequeme Aufsicht / Kontrolle dafür sorgen, dass solchen kostenträchtigen Fehlentwicklungen sachgerecht entgegengewirkt wird.
    Zu dieser Meinungsäußerung sehe ich mich zusätzlich dadurch veranlasst, dass ich kürzlich Panorama, in Person von Frau Anja Reschke, meine Initiative zum “ Modell “ der Abzocke durch die Mineralölgesellschaften zugeleitet hatte und erst nach vierfachem Nachfragen einen grob
    abweisenden und völlig unangemessenen Dreizeiler des Redaktionsleiters erhalten habe, der
    mich meinte belehren zu müssen, dass man auf offene Briefe aus zeitlichen ( also subjektiv überarbeitet!!?? ) und auch aus inhaltlichen ( pauschal ! ) Gründen nicht antwortet. Dann fügte er noch hinzu, dass eine Information aus offenen ( ???? ) Briefen per se nichts neues mehr sei ( welch eine völlig unangemessene Überheblichkeit ). Sollte es helfen, bin ich gerne bereit, sowohl meine Darlegungen zum Kartell der Minaralölgesellschaften, als auch meine Schreiben an Panorame zur Verfügung zu stellen.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.