Statistik der Informationsfreiheit: Bürger nutzen ihr Recht auf Informationsauskunft nicht oft genug

Letztes Jahr wurden in Deutschland nur zwei Dutzend Anfragen pro Tag gestellt. Das geht aus der jährlichen Statistik des Innenministeriums hervor. Die offiziellen Daten scheinen zudem lückenhaft zu sein.

Könnten mit einem Transparenzgesetz elektronisch werden: Akten.
Foto: Tim Rieckmann. CC BY-SA 2.0

Das Bundesinnenministerium hat ohne Pressmitteilung die neue jährliche Statistik zur Nutzung des Informationsfreiheitsgesetzes im Jahr 2016 veröffentlicht. Sie zeigt: Nur wenige Menschen fragen bei Behörden Informationen an.

Die Übersicht der Anfragen ist als Tabelle in PDF und nach einer Anfrage von uns auch als csv verfügbar. Wir haben die Statistik visualisiert:

Die interaktive IFG-Visualisierung von Stefan Wehrmeyer bereitet die Statistiken der letzten zehn Jahre auf

Im vergangenen Jahr gingen bei Bundesbehörden insgesamt nur 8.885 Anfragen ein, was in etwa dem Vorjahreswert entspricht. Ein großer Teil davon kam nicht von Privatpersonen. Etwa 40 Prozent der Anfragen richteten sich ans Finanzministerium und seinen Geschäftsbereich, vor allem die BaFin, die seit Jahren mit Massenanfragen von Anwaltskanzleien zu Insolvenzsachen zu kämpfen hat. Auch die Arbeitsagentur bekam hunderte Anfragen.

Ansonsten verzeichneten etwa das Justiz-, Bildungs- und Verkehrsministerium jeweils weniger als 100 Anfragen (einige davon von der netzpolitik.org-Redaktion) – ein Zeichen dafür, dass sowohl die fehlende Bekanntheit von Auskunftsrechten als auch mögliche Gebühren für Auskünfte die Nutzung des Informationsfreiheitsgesetzes vereiteln.

Offizielle Statistik mit großen Fehlern

An der Aussagekraft der Zahlen gibt es jedoch einige Zweifel. So gingen 2016 alleine über FragDenStaat.de 2.798 Anfragen nach dem Informationsfreiheitsgesetz beim Bundestag ein. In der Statistik tauchen allerdings lediglich 526 Anfragen auf. Das gleiche gilt auch für andere Behörden: Der Bundesrechnungshof verzeichnet lediglich sieben Anfragen, obwohl er über FragDenStaat.de zehnmal angefragt wurde. Das Umweltministerium gibt 22 Anfragen an, wurde aber online 34 Mal angefragt. Das zuständige Referat des Bundestags reagierte nicht auf unsere Anfrage zu dem Thema.

Würde die Bundesregierung eine eigene Plattform zum Stellen von Anfragen entwickeln, ließe sich transparent nachprüfen, wie viele Anfragen wann beantwortet wurden. Die derzeitige Statistik basiert allerdings auf geschlossenen Daten. Nicht darin vor kommen etwa Anfragen, die nicht beantwortet oder „aufgrund von Büroversehen“ vergessen werden. Auch lässt sich nicht nachprüfen, wie viele Anfragen etwa angesichts von Gebührendrohungen zurückgezogen wurden.

Zumindest die Zahl der bei Bundesbehörden eingegangenen Klagen scheint zu stimmen: Von 419 Klagen wurden gerade einmal zwei ganz und eine teilweise stattgegeben. 31 wurden abgelehnt. Die meisten anderen wurden auf sonstige Weise erledigt, also etwa durch einen Vergleich.

Millionen Anfragen in den USA

Vergleichbare Statistiken führt auf Landesebene in Deutschland keine Verwaltung. Eine Ausnahme bildet das Land Berlin – allerdings nicht ganz freiwillig. Seit 2013 wird dort per Kleiner Anfrage eine jährliche Statistik der Informationsfreiheit abgefragt. Nach der aktuellen Statistik wurde 2016 in knapp 10.000 Fällen Akteneinsicht gewährt – also so oft wie auf Bundesebene. In anderen Bundesländern bleibt nur die FragDenStaat-Statistik: Sie zählt pro Bundesland zwischen 14 (Baden-Württemberg) und 345 (Nordrhein-Westfalen) Anfragen.

Im internationalen Vergleich etwa mit den USA erscheint die Zahl der Anfragen in Deutschland in jedem Fall sehr gering. So haben alleine die fünf Antragssteller mit den meisten Anfragen ans FBI im Jahr 2016 mehr als alle Antragssteller in Deutschland erfragt – laut einer FBI-internen Liste mehr als eine Million Dokumentenseiten.

Anfragen nach dem Informationsfreiheitsgesetz lassen sich über FragDenStaat.de stellen. Klagen werden durch das Projekt Transparenzklagen.de der Gesellschaft für Freiheitsrechte unterstützt, die auch die Kampagne „Informationen befreien – Für eine transparente Verwaltung“ ins Leben gerufen hat.

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