RepaircafésDas ist doch noch gut!

In Repaircafés reparieren Ehrenamtliche defekte Dinge. Sie basteln damit an einer Alternative zur Wegwerfgesellschaft. Aber Repaircafés sind auch soziale Treffpunkte. Ein Besuch zeigt, wie der Wunsch, Müll zu vermeiden, Menschen zusammenführen kann.

Zwei Männer beugen sich über ein technisches Gerät.
Bernd und Olaf sinnieren über die Reparatur eines Geräts zur Kniemobilisierung. – Alle Rechte vorbehalten netzpolitik.org

Christiane hat ein Problem. Sie hat sich für 550 Euro einen Apparat gekauft, der ihr frisch operiertes Knie mobilisieren soll. Doch das Gerät kam kaputt bei ihr an. Christiane hat es in ein Repaircafé in Berlin-Reinickendorf gebracht. Dreimal war sie damit schon vor Ort. Beim ersten Mal haben die freiwiligen Helfer ihr mitgeteilt, dass der Trafo durchgebrannt ist. Beim zweiten Mal, dass der inzwischen bestellte Ersatztrafo nicht passt. Beim dritten Besuch haben sie einen Alternativtrafo, der eigentlich zu groß war, mit einigen Mühen in das Gerät konstruiert.

„Die haben den zu dritt eingebaut und ich habe, weil ich so schmale Finger habe, geholfen, ihn festzuhalten“, sagt Christiane. Doch bevor die Helfer den Trafo an die Stromversorgung löten konnten, war die Sprechstunde des Repaircafés vorbei. Deshalb hat Christiane das Gerät noch einmal hergebracht. Heute soll das große Finale der Reparatur sein.

Reparieren liegt im Trend. Es ist ein Gegenprojekt zur Wegwerfgesellschaft. Gelebter Umweltschutz. Ein Versuch, den Kapitalismus zu zähmen und den Ressourcenverbrauch zu senken, indem man Dinge wieder nutzbar macht, die andere zu Müll erklären würden. Es ist ein Kampf gegen die Vergänglichkeit und Widerstand gegen den Druck, immer neue Generationen von Produkten anzuschaffen. Die Reparierer erklären mit ihrem Tun: Das ist doch noch gut.

Reparaturen von Staubsauger bis Zimmerspringbrunnen

Der Apparat, den Christiane gerne reparieren lassen will, ist etwa eineinhalb Meter lang und mit schwarzen Polstern bestückt. Eine motorisierte Schiene soll die Polster auf und ab bewegen. Das Gerät kostet neu tausende Euro. Christiane hat es gebraucht gekauft.

Ihre OP ist inzwischen fünf Monate her. Sie benötigt das Gerät eigentlich nicht mehr. „Aber meine Knie sind so kaputt, ich werde das in meinem Leben bestimmt noch öfter benutzen“, sagt sie.

Christiane war schon oft hier im Repaircafé. Die ehrenamtlichen Helfer kennt sie mit Vornamen. Sie hat hier schon unter anderem einen Staubsauger, einen Toaster, eine Armbanduhr und einen Zimmerspringbrunnen reparieren lassen.

Bernd, der Ingenieur

Nun soll Bernd, einer der ehrenamtlichen Reparierer, den Kniemobilisierer wieder an die Stromversorgung hängen. Bernd war früher Ingenieur. Er sieht nicht mehr so gut, aber führt dennoch den Lötkolben mit ruhiger Hand an die Kabelverbindungen. Danach streift er das Lötzinn mit dem Finger vom heißen Kolben ab.

„Jetzt müsste man das testen“, sagt er. „Du meinst, das sollte jetzt funktionieren? Das ging schnell!“, sagt Christiane. Bernd steckt das Netzkabel in die Steckdose, das Display geht an. Christiane zeigt, wo man die Behandlungsdauer und den Anstellwinkel einstellt.

Doch das Gerät bewegt sich nicht. Eigentlich sollte es jetzt laufen. Aber es passiert nichts. Stattdessen klingelt einen Tisch weiter eine Mikrowelle, als wäre sie fertig. Der Timer ist kaputt und eine weitere Gruppe von Reparierern testet ihn. Immer wieder schallt das Ping durch den Raum.

Eine Wende zeichnet sich ab

Die Industrie tut einiges dafür, Verbraucher*innen weiszumachen, dass Dinge veraltet sind und einen aktuellen Nachfolger brauchen. Sie preist mutmaßliche Verbesserungen an, die letztlich die Lebensdauer von Produkten verkürzen, Kühlschränke mit Touchscreens beispielsweise. Oder sie stellt den Support von Produkten nach einiger Zeit ein, liefert beispielsweise keine Sicherheitsupdates für ältere Smartphones mehr aus oder produziert keine Ersatzteile.

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Die Politik stemmt sich immer deutlicher gegen solche Praktiken. Eine Wende zeichnet sich ab. Gemäß einer EU-Verordnung müssen Hersteller Smartphones und Tablets, die nach dem 20. Juni 2025 auf den Markt kommen, mindestens fünf Jahre mit Updates versorgen und Ersatzteile dafür bereitstellen. Außerdem muss mit einem Label angezeigt werden, wie gut die Produkte reparierbar sind.

Bis Juli kommenden Jahres müssen die EU-Staaten zudem die EU-Richtlinie zum „Recht auf Reparatur“ umsetzen. Verbraucher*innen dürfen dann Geräte wie Waschmaschinen oder Kühlschränke innerhalb der Garantiefrist reparieren lassen, wodurch sich die Garantiefrist um zwölf Monate verlängert. Außerdem sollen die Nationen eine staatliche Reparaturförderung aufsetzen.

Auch in der Industrie kommt der Trend zum Weiterverwenden nach und nach an. Refurbished-Geräte erreichen einen immer größeren Marktanteil und zunehmend werden Geräte wie zum Beispiel Laptops direkt so gebaut, dass sie einfach zu reparieren sind.

Renate will moderne Musik

Eine weitere Frau betritt das Repaircafé in Berlin-Reinickendorf. Sie ist das erste Mal da und stellt sich als Renate vor. Sie fragt Hajo, einen Ehrenamtlichen, ob sie sich zu ihm setzen kann, und holt ein Radio aus ihrer Tasche. Dazu legt sie verpackte Batterien, in der Hoffnung, dass die in das entsprechende Fach passen. Hajo nimmt das Radio, steckt die Batterien hinein und stellt dann fest, dass Renate keinen Deckel fürs Batteriefach dabei hat.

Hajo fragt den Kollegen Ralf nach einer Rolle Isolierband. Ralf reicht es über den Tisch und Hajo klebt das Batteriefach zu. Renate erzählt währenddessen, dass sie mit dem Radio den Sender 94.3 RS2 hören möchte, denn da laufe immer die neueste und modernste Musik. Hajo zieht die Antenne aus dem Radio und schaltet es ein. Zuerst rauscht es, dann wird die Musik immer klarer.

Hajo erklärt Renate, wie sie die Sender wechseln kann. Renate ist das zu kompliziert. Sie beschließt, das Radio lieber an jüngere Menschen zu verschenken. Im Hintergrund läutet die Glocke der Mikrowelle.

Staatliche Unterstützung für Reparaturen

Eine deutschlandweite Reparaturförderung, wie sie das EU-Recht ab 2026 vorsieht, gibt es noch nicht, dafür aber zahlreiche lokale Varianten, zum Beispiel in Bayern und Berlin. Die Fördersummen unterscheiden sich je nach Bundesland und Landkreis. In Berlin wird die Hälfte der Reparaturkosten übernommen, bis zu 200 Euro, mindestens müssen die Reparaturkosten 75 Euro betragen. Wenn die Geräte in einem Repaircafé repariert werden, werden die Ersatzteile ganz übernommen.

Damit sollen Reparaturinitiativen und ein nachhaltiges Wirtschaften gestärkt werden. Doch so richtig klappt das noch nicht. Antragsteller:innen warten zum Teil monatelang auf eine Rückmeldung, ob sie das Geld erstattet bekommen oder nicht.

Eine Art Denksportaufgabe

Um den Tisch, auf dem Christianes Knie-Mobilisierer liegt, stehen inzwischen vier ehrenamtliche Reparierer, lauter ergraute Männer, und fachsimpeln. Bernd beugt sich tief über die offenliegende Elektronik des Geräts. Er verfolgt Kabel und murmelt: „Der Motor bekommt keinen Strom, also muss doch eigentlich hier was sein. Das läuft hier lang, dann geht es hier rein, die Phase geht auf die Rückplatte und das hier an den Trafo.“ Er setzt seine Brille ab und reibt sich mit dem Handballen über die Stirn. „Warum dreht der sich nicht?“

Kollege Olaf fragt: „Was ist das für ein Relais?“ Die Reparatur ist eine Art Denksportaufgabe für die Ehrenamtler. Eine Geduldsspiel. Eine Beschäftigung, die eigentlich nicht in unsere schnelllebige, effizienzorientierte Zeit passt. Weil es sein kann, dass sie es nicht schaffen, das Gerät zu retten und trotzdem viel Mühe investieren.

Christiane sagt: „Du weißt nie, ob es klappt. Das ist glaube ich auch der Kick für die Jungs.“ Bernd sagt: „Der Reiz ist eigentlich, dass es am Ende wieder funktioniert.“ Olaf sagt: „Was der eine nicht kann, kann der andere, einer hat immer ne Idee.“ Die Reparaturen sind Teamprojekte. Ihm geht es hier auch ums Beisammensein. „Wenn keiner kommt, trinken wir Kaffee und essen Kuchen“, sagt er. Die Mikrowelle pingt.

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16 Jahre Repaircafés

Seit 2009 gibt es das Konzept des Repaircafés. Es stammt von einer niederländischen Umweltjournalistin und fand schnell Anklang. Sieben Jahre später gab es schon 1.000 Repaircafés weltweit. Mittlerweile gibt es alleine in Deutschland 1.200. Zum großen Teil organisieren sie sich über das Netzwerk Reparatur-Initiativen. Es gibt auch eine internationale Vernetzung.

Das Repaircafé in Berlin-Reinickendorf gibt es jetzt schon seit zehn Jahren. In dieser Zeit haben verschiedene Reparierende die Klienten betreut. Unter anderem kamen Elektrotechnikstudenten, um praktische Erfahrungen neben ihres Studiums sammeln zu können.

Neben Elektrogeräten können hier in Berlin-Reinickendorf auch Fahrräder und zudem Textilien repariert werden. Letzteres macht Betty, die dafür eine Nähmaschine vor Ort hat.

Renate hat Probleme mit ihrem Telefon

Renate hat noch ein Anliegen. Auf ihrem Handy sind Sachen, die sie da nicht draufgeladen hat. Zum Beispiel hat sie neben der App „WhatsApp“ auch „WhatsApp Business“ und die Suchleiste von Google befindet sich nicht mehr auf ihrem Home-Bildschirm. Hajo ist sich sicher, dass Renate die Suchleiste selbst entfernt und auch „WhatsApp Business“ selbst heruntergeladen hat.

Renate erzählt, dass sie sich extra ein neues Handy gekauft hat. Jetzt habe sie aber wieder „WhatsApp Business“ und keine Google-Suchleiste. Hajo zeigt ihr, wie sie die Suchleiste entfernen kann. Renate lächelt. Dann setzt sie sich zu Betty, die heute „die Empfangsdame“ gibt, trinkt Kaffee und isst den Käsekuchen, den Betty gebacken hat. Beim nächsten Mal will Renate eine defekte Stehlampe mitbringen.

Was man als reparierende Person braucht

Das Repaircafé findet einmal im Monat für drei Stunden im Familienzentrum Letteallee statt. Für die Reparaturen nehmen die Ehrenamtlichen Spenden entgegen, für die sie Kleinkram wie Lötzinn, Sekundenkleber, Reinigungsmittel oder Kabelbinder kaufen. „Und wenn was übrig ist, gehen wir damit zu Weihnachten einmal essen“, sagt Ralf, einer der Reparierer. Einen Grundstock an Werkzeug hat das Repaiarcafé von Sponsoren gestellt bekommen, viel bringen die Reparierenden privat mit.

Ein Mann sitzt vor einem Haufen Werkzeug.
Ralf und sein Werkzeug. - Alle Rechte vorbehalten netzpolitik.org

Ralf stellt stolz seine Werkzeugtasche vor. Darin finden sich unter anderem: Strommessgerät, Lupenbrille, Taschenlampe, Test-Musikkassette und -CD, Federn, Schrauben, Klemmen, Dremel, Bremsenreiniger, Kontaktspray, Schraubendreher und unzählige Bits in absurdesten Formen. „Die Hersteller lassen sich da immer was neues einfallen, damit man die Geräte nicht aufbekommt. Teils gibt es sieben verschiedene Schraubentypen für eine Kaffeemaschine und die nötigen Bits werden manchmal nur an Fachwerkstätten verkauft“, sagt Ralf.

„Für mich steht das Ganzmachen im Vordergrund“

Ralf war Nachrichtentechniker, Filmtechniker, Kältetechniker und Lokführer. Er hat schon immer gerne gebastelt. Jetzt ist er berufsunfähig und hat Zeit. Vier Repaircafes begleitet er als ehrenamtlicher Helfer. „Für mich steht das Ganzmachen im Vordergrund“, sagt er. Er kann es nicht gut aushalten, wenn Dinge weggeworfen werden, die man noch reparieren könnte. Einmal habe er zwei Stunden Arbeit in die Reparatur eines Neun-Euro-Milchschäumers investiert.

Was Ralf richtig fuchsig macht: Wenn Produkte so gebaut sind, dass sie schneller kaputtgehen als sie müssten. Geplante Obsoleszenz nennt sich das. Ralf nennt Beispiele: Monitore mit Kondensatoren, die so verbaut sind, dass sie sich schnell erwärmen, Brotschneidemaschinen mit Plastikzahnrädern, Staubsauger, deren Kabelaufwicklung zu hart am Kabel zieht. Ebenfalls ärgerlich findet er Geräte, die eine Reparatur extra schwer machen. „So wie Apple-Ladegeräte, die sind gegossen. Aber die kriege ich mit der Trennscheibe auch auf. Oder Solarlampen mit eingeklebten LEDs, das ist eine Katastrophe“, sagt er.

Inzwischen ist es 18 Uhr. Die Reparierer und ihre Klienten müssen das Repaircafé abbauen. Christianes Kniemobilisierer ist leider nicht fertig geworden. Sie muss noch einmal wiederkommen. „Wenn das Gerät mal zum finalen Abschluss kommt, das wäre für uns alle eine Erleichterung“, sagt Ralf. „Das Ding ist ein Bumerang“, fügt Olaf hinzu.

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30 Ergänzungen

  1. Manches ist so, leider experimentell, bis der Grund gefunden wird. Man muss sich eben „reindenken“ und verstehen (Hintergründe erforschen).
    Aus Erfahrung, ist einiges durch die Hersteller so gewollt, dass diese nicht langlebig sind. Über die Ausreden und Absichten der Hersteller könnte man ein Roman schreiben.
    Also bitte merke: Sollte mal was nicht reparabel sein, liegt es nicht an Unfähigkeit eines Techniker.

    >“lauter ergraute Männer“
    Auch wenn wir Männer aus Spass (unter uns), uns gegenseitig mit „nah alter Mann“ aufziehen. Hätte ich so im Beitrag nicht geschildert, auch wenn es wohlmöglich der Tatsache entspricht. Auch im Alter gilt, Brust raus und Bauch einziehen… Ah’hmm hust, möglichst einziehen.

  2. Ein weiteres Ärgernis sind die „fake defects“ – also der Ausfall eines Geräts ohne dass tatsächlich etwas kaputt ist.
    Das beginnt bei Kleinstgeräten wie Digitaluhren, elektrischen Zahnbürsten und Haarschneidern und geht bis hin zu Mikrowellenöfen und sogar E-Bikes.
    Alles, in dem ein Mikrocontroller verbaut ist, kann betroffen sein. Beweise sind kaum zu führen.
    Einzig die Tatsache, dass viele dieser Geräte nach ungefähr der gleichen Einschaltdauer ausfallen ist ein deutlicher Hinweis darauf.
    Die Dinger fallen natürlich nicht sofort aus sondern erst nach längerer Nutzungsdauer – oft zwar innerhalb der Garantiezeit aber Viele machen nicht die Mühe ein so „preiswertes“ Gadget zu reklamieren.
    Das geht über „geplante Obsoleszent weit hinaus denn diese „fake defects“ werden ja eigens konstruiert um den Verbraucher an der Nase herumszuführen.

    1. Als mein Drucker streikte, las ich im Forum, dass ein Mitarbeiter jemandem den Tipp gab, das Gerät mit ner Tastenkombination zurückzusetzen. Er würde gleich per PN den Code geben. Ich hatte zwar den Code nicht, aber einfach die paar Tasten etliche Male kombiniert- siehe da- der Drucker ging noch jahrelang

      1. Japp, genau. Ich habe eine Druckerneurose. Alle Drucker hassen mich. Sie machen, was sie wollen und nicht das, was ich will. Bis genau die von dir erwähnte Resetkombination Heilung bringt. In vielen Druckern ist ein Zähler drin, der bei Überschreiten eines bestimmten Wertes einen „Defekt“ signalisiert. Kennt man die Methode, den Zähler zu resetten, bekommt man den Drucker vollkommen funktionsfähig zurück. Einen besseren Beweis für geplante Obsoleszenz habe ich noch nicht gesehen.
        Im Übrigen sind Tintenstrahler in den meisten Fällen Geldvernichtungsmaschinen. Die Patrone bleibt nur frisch, wenn man ständig druckt. Tut man das nicht, ist sie nach drei Wochen eingetrocknet und man darf 30 Euro für eine neue ausgeben, mit der man ev. wieder nur paar Blätter druckt. Da ist Laser besser. Zwar teurer, aber (hoffentlich) immer funktionstüchtig.

        1. Ich bitte Euch, kein Hersteller ist so böse
          Ihr sollt ihm nur mit einem Wartungsvertrag die Taschen füllen

          Und es nennt sich Drucker Inspektion
          Meist funktionieren die Druck danach nicht mehr richtig und müssen ersetzt werden

        2. Ja, das ist ein Ärgernis, hat aber halbwegs ein klein wenig Sinn: in der Grundplatte des Druckers ist ein Papierkissen verbaut, welches die überflüssige Tinte aus den Reinigungszyklen auffangen muss. Nach x Zyklen gehen die Hersteller davon aus, dass das Kissen „voll“ ist und deaktivieren den Druck. Es ist auch eine Sauererei, wenn das „überlaufen“ würde. Mit viel Mühe kann man so ein Kissen tauschen, heißt aber komplettes (damit meine ich auch komplett) zerlegen des Druckers. Danach benötigt man die spezielle reset-Kombination, damit der Zähler zurückgesetzt wird.

          1. Das wusste ich nicht, wohl aber, dass diese Reinigungszyklen bei vielen Tintenstrahl-Druckern bei jedem Einschalten automatisch gestartet werden, obwohl es mit Sicherheit nicht jedesmal so viel zu reinigen gibt. Wird hier auf möglichst viel Tintenverbrauch spekuliert, um sich so eine weitere Einnahmequelle zu erschliessen? Das „volle Kissen“ soll wohl ein „volles Herstellersäckel“ bewirken.
            Man könnte eine Anzeige konstruieren: „Bitte Kissen tauschen“, wenn es unbedingt sein muss und die Drucker einfache bauen oder Tinten herstellen, die länger halten usw.
            Ausserdem wäre interessant zu wissen, ob auch bei nicht vollem Kissen der Zähler irgendwann überläuft.

          2. Sinn macht das nicht wirklich, ein Ablaufschlauch an dem Auffangbehälter, wo die Tinte rauslaufen könnte, wäre das geringste Übel. Aber Drucker sind so billig, dass die Patronen meist teurer als die Geräte sind- auch und gerade bei Lasern. Die Laserpatronen der 100.-€ Drucker sind teils nur 1/3 gefüllt, dann wird es richtig teuer! Die Chips in den „Orginalpatronen“ legen auch manchen Drucker lahm….. usw.

  3. Reparieren muss sich wieder lohnen. Derzeit passiert dies idR aus reinem Idealismus.
    Es gibt genug Milchaufschäumer auf dieser Welt. Die Produktion könnte man einstellen. So wie bei vielen anderen Produkten.
    Die Dinge sind einfach alle viel zu billig und der Gebrauchtmarkt ist überschwemmt. Es gibt Städte (insbesondere in w+s Deutschland) wo man sich an Sperrmülltagen fragt, ob Flohmarkt ist. Da werden dann Teils noch Dinge in OVP weggekloppt. Interesse am Reparieren ist da gleich null, warum auch, wenn man das Zeug funktionsfähig nachgeschmissen bekommt.

  4. Um eine Reparatur sinnvoll zu ermöglichen sollte es Pflicht, daß jedem elektronischen Gerät ein Schaltplan und eine Stückliste beiliegt. Früher war das bei jedem Radio/Stereoanlage/Fernseher üblich.

    1. Früher bei Röhren, dann bei Transistoren, war es üblich Schaltpläne in die Gerätegehäusen mit reinzutun. Seit SMD und Integrierte Schaltungen, begonnen die Hersteller eine Art Katz und Maus zu spielen. Schaltpläne bekamm nur zahlende Kundschaft und Werkstätte, oder auch niemand mehr… Wegwerfgesellschaft war geboren.

      https://de.wikipedia.org/wiki/Surface-mounted_device

  5. An einem Sessel der gehobenen Preisklasse ist ein Beschlag gebrochen. Ein deutscher Markenhersteller sieht sich nicht in der Lage, ein Ersatzteil zu liefern und will auch keine Zeichnung zur Nachfertigung liefern. Mit etwas Geschick konnte ich den abgerochenen Bolzen ersetzen. Fazit: von diesem Hersteller kaufe ich bestimmt kein Möbelstück mehr. So entledigen sich die Hersteller ihre Kundschaft . Alles Gute Himolla.

  6. die zeitspanne von 5 jahre für updates ist lächerlich kurz. ich nutze zB einen Notebook, der weit mehr als 10 Jahre alt ist. Der Hersteller repariert das Ding immer noch. Die wirklich heftigen Reparaturen tauch sicherlich nicht innerhalb der ersten 5 Jahre auf.

    Ich würde statt einer Frist Hersteller verpflichten, die Konstruktionspläne, Reparaturhandbücher und Softwarequelltexte offenzulegen, wenn sie die Reparierbarkeit einstellen. Und das dürfen sie jederzeit tun, auch direkt, nachdem sie das Gerät auf den Markt gebracht haben.

  7. Die EU tut hier bei Klein und Kleinstgeräten so als ob es sie kümmert, wie lange etwas benutzt werden kann, um gleichzeitig bei großen Dingen eine möglichst kurze Lebensdauer hervor zu rufen. Aktuell sind Autos davon betroffen.
    Nach dem willen der EU sollen diese wenn sie 10 Jahre alt sind möglichst schnell verschrottet werden. Daher möchte man den Aufwand und die Kosten für die Haltung und den Verkauf hoch schrauben. Also dort wo Menschen, mit wenig Geld, die vermutlich wenig fahren, die abgenutzten Produkte der Wohlhabenden nutzen, muss die Kommission einschreiten und es teurer werden lassen.

    Keine Ahnung ob das nur mir so vorkommt, aber vieles von dem was die EU uns als positiv verkauft, hat für mich persönlich negative Folgen.

    1. Bei Autos sieht man das noch nicht direkt, bei Linienbusse aber: Ein Verkehrsunternehmen, welches eine Ausschreibung gewinnt muss Neufahrzeuge einsetzen oder Fahrzeuge, die nicht älter als so und so viel Jahre sind, als Kulanz weil die Neubeschaffung eines Linienbusses mittlerweile mehrere Jahre betragen kann.
      Erreichen die Fahrzeuge ein Alter von acht Jahren, so sind diese nicht mehr förderungsfähig und landen mit Glück noch gebraucht oder mit weniger Glück auf dem Schrottplatz.
      Eine Weiterbenutzung des Fahrzeugs außerhalb der EU macht keinen Sinn, wegen fehlendem Adblue. Ohne Adblue im Tank, maximal Notlaufmodus, und somit keine Passagierbeförderung.

  8. Ich weis garnicht warum soviel drumherum geredet wird.
    Garantiepflicht 10 Jahre incl. Updates per gesetz EU weit beschliessen.
    Irgendwie habe ich den Eindruck das zuviele lobbyisten auch in der EU sitzen und die Entscheidungen treffen. Nicht die Politiker die gewählt sind.

  9. Guten Tag , ich hatte eine Waschmaschine die 30 Jahre gehalten hat nur weil ich die Ersatzteile mir vorher ins Lager gelegt habe. Leider brach der Haltestern der Waschtrommel, weil dieser aus Aluminium gefertigt war. Sonst hätte die Waschmaschine noch 30 Jahre lang weiter gelaufen.
    Das Ersatzteil der Haltestern gab es natürlich von Siemens nicht mehr. Die End of Live Industrie frisst unsere Ressourcen und zerstört den Planeten. Ich fahre ein E-Auto und versuche dort Schaltpläne zu bekommen. Keine Chance. Früher gab es die Fibel für jedes Auto „Jetzt Helfe ich mir selbst“. Ich weiß nicht warum es diese Bücher für Neuwagen nicht mehr gibt. Wenn ich als Fernsehtechniker die Elektronik verstehe, dann habe ich das Recht auf Selbstreparatur. Auch jeder Leihe darf sein Eigentum reparieren. Warum das in Deutschland mittlerweile unterbunden wird ist ist mir ein Rätsel. Die Akkus vom E-Auto sind nach 180000KM End of Live nach Hersteller. Das stimmt leider nicht. Man kann Akkuzellen ersetzen die eine niedrige Kapazität aufweisen. Die Ladekapazität misst sich immer an der schlechtesten Zelle. Ich habe versucht Zellen nachzubestellen mit dem Resultat, das die Direktlieferanten nur an die Autokonzerne Ersatzteile liefern. Da kostet eine Akkuzelle natürlich mit einem Aufschlag von 1000% mal eben 1200€. Baut man sich die Zelle selbst kostet diese nur einen Bruchteil und hat natürlich nicht die gleiche Form. Es geht immer nur ums Geld !!!!!!!!!!!

    1. +1

      Doch würde ich heute kein Auto mehr kaufen, wenn ich die „Call Home“ Funktion nicht abstellen kann. Ich unterstütze diese Spionage/Industrie nicht und bleib dabei. Diese Industrie lebt davon, dass Menschen unüberlegt und ohne Voraussetzungen kaufen… sie lassen es mit sich diktiert machen.

      Auch keine Geräte die kein „Resetschalter“ mehr besitzen, dafür per „Code“ ein Reset erfolgen muss, den nur der Hersteller generieren kann!
      Kostet viel Zeit und möglich auch einige Tage so einen „Code“ anzufragen und ist der Hersteller pleite oder so, soll ich das Gerät auch entsorgen?

  10. Wir versuchen gerade, in unserem Heimatort ein Repair Cafe zu öffnen. Das größte Hemmnis ist die Haftung für reparierte 230V Geräte. Wir haben zum Gück einen Elektrikermeister gefunden, der dafür grade stehen will. Das manchmal völlig überzogene Bedürfnis nach juristisch und versicherungstechnisch einwandfreiem Handeln ist – gerade im Elektrikbereich – manchmal kontraproduktiv. Bei einem reparierten Holzstuhl fragt auch niemand nach Schadenersatz, wenn er dann trotzdem wieder zusammenbricht.

    1. „Bei einem reparierten Holzstuhl fragt auch niemand nach Schadenersatz, wenn er dann trotzdem wieder zusammenbricht.“

      Sollte dabei jemand zu Schaden kommen, haben Sie ganz schnell Schadenersatz- und Schmerzensgeldklagen am Hals.

  11. Leider gibt es nicht -mehr- viele dieser Repaircafes, letztlich scheitert es häufig an den Räumlichkeiten, die meist kommunal vergeben werden. Dann braucht man die Räume plötzlich für „Wichtigeres“…….die örtl. Handwerker meckern vielleicht.
    1mal die Woche ist schon viel, manche haben nur 1 mal im Monat auf…..
    Ich hätte auch genug Bedarf und könnte andererseits Wissen und Arbeitskraft einbringen, nur leider sind die Fahrtkosten zum nächsten Cafe zu hoch, wenn man kaum zum Leben genug hat.
    Ist ein Dilemma…..

  12. Habe hier einen ca. 6 Jahre alten 60″ 4K Smart TV – damals gekauft, da konnte ich noch nicht mal 4K gucken, weil es keine Sender gab…
    Nun wird das Betriebssystem nicht mehr geupdated und damit funktionieren auch die Apps (u.a. Netflix) nicht mehr – Serviceinfo: Bitte kaufen Sie sich einen neuen Fernseher, wenn sie die Apps weiterhin nutzen wollen! Danke für Nichts Pennazohnik… – Leider brauche ich das Gerät nicht in ein Repaircafe bringen – keine Chance, das das wieder läuft.

    Aber auch Windows geht mir richtig auf den Keks – Win 11 Updates von Version 10 werden forciert – weil die Unterstützung ausläuft. Wird ja auch aus Sicherheitsgründen angeraten.
    Mit der letzten Version von Win11 (24H2) fliegt aber auch Windows Virtual Reality aus dem Programm – damit ist meine voll funktionstüchtige VR Brille nur noch ein Ziegelstein für 600 €!
    Lösung? – Mircrosoft schlägt vor doch wieder auf Win10 zurückzusetzen ? Bitte ? – Ohne weitere Updates oder Unterstützung???
    Solche Sachen müssten doch von höchster Ebene verboten werden!

    1. In Bezug auf den Fernseher:
      Wenn man den TV einfach als Monitor zusammen mit einem TV Stick (oder Mini PC) nutzt, müsste es eigentlich noch funktionieren, oder?
      Das ist zwar etwas umständlicher und nicht ideal, spart aber zumindest die Anschaffung des großen Gerätes.

  13. Das wirkliche Problem ist die Deutsche Handwerkordnung und dessen Einhaltung schaut die Lobby sehr genau. Kunden jener Einrichtungen müssen die Geräte selbst reparieren, andere dürfen nur Hilfe Leisten aber keines Falles selbst Hand anlegen. Die Gewerbeordnung verzeiht nicht, reparieren dürfen nur Meister und der Grad auf dem man sich bewegt ist sehr schmal.

    1. Das regelt, wie der Name schon sagt, Gewerbe. Repaircafes und Selbsthilfewerkstaetten wollen aus vielen Gruenden keinesfalls als Gewerbe gelten, denn dann greifen eine Menge Regelungen.

      Weswegen man da idR auch nicht keine Leute (Ehrenamtler) oder Reperatur (Selbsthilfe) bezahlt, sondern spendet oder vielleicht einen Infrastrukturkostenbeitrag (Miete, Strom, …) traegt.

      1. Das ist ja das Problem, es dürfen keine Gewinne erwirtschaftet werden es entstehen aber kosten für Miete,Werkzeuge und Maschinen. Immer wieder haben solche Einrichtungen Probleme mit Behörden, weil was am Ende eine gewerbliche Tätigkeit ist kann eine Auslegungssache von Behörden sein. Da reicht schon die Missgunst eines Handwerkbetriebes aus um ein Ermittlungsverfahren in Gang zu setzen und plötzlich steht der Zoll vor der Tür. Repaircafés scheitern am Rechtlichen Rahmen in Sie sich bewegen dürfen um nicht gegen die Gewerbeordnung zu verstoßen.

        1. Wenn Sie mit Ausübung einer Tätigkeit Gewinne erzielen wollen, ist das idR ein Gewerbe und Sie haben Steuern, Haftung, Gewährleistung, Verbraucherrechte, uU Arbeitsrecht und Arbeitsschutz, etc, pp, am Hals. Andererseits wollen Sie das alles vermutlich nicht einfach für alle Gewerbe abschaffen…

          Wenn Sie als Verein Veranstaltungen organisieren, bei denen Leute zusammenkommen und sich gegenseitig kostenfrei helfen, sieht es bezüglich deren Tätigkeit uU anders aus, und bei passendem Vereinsziel können Sie das uU über Spenden finanzieren.

          Aber klar: signifikant grosse Beiträge zur Nutzungsverlängerung bekommen Sie mit ehrenamtlicher Initiative nicht zusammen: das skaliert nicht, ist nicht hinreichend zuverlässig verfügbar und Haftung/Gewährleistung ist für“Kunden“ auch nicht immer vernachlässigbar. Trotzdem wichtig und gesellschaftlich förderungswürdig.

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