Kein Porno ohne AusweisDer Medienaufsicht ist Datenschutz „wumpe“

Alle Erwachsenen sollen vor dem Besuch einer Pornoseite ihren Ausweis zücken, das will die deutsche Medienaufsicht. Auf der re:publica verteidigte Medienwächter Marc Jan Eumann den Kurs seiner Behörde: Ihm sei der Datenschutz von Nutzer*innen egal. Ein Kommentar.

Ein sich küssendes Paar, ein Betreten-verboten-Schild
Schild: Pixabay / hpgruesen; Motiv: Stable Diffusion / Montage: netzpolitik.org

Die deutsche Medienaufsicht möchte das Internet auf den Kopf stellen. Pornoseiten, die meistbesuchten Websites der Welt, sollen künftig das Alter ihrer Besucher*innen kontrollieren. Dafür sollen Abermillionen Nutzer*innen gegängelt werden: Vor dem Besuch einer Pornoseite sollen sie etwa ihren Ausweis vorlegen oder ihr Gesicht scannen lassen. Es gäbe zwar deutlich weniger aufdringliche Möglichkeiten, um Jugendliche von Pornoseiten fernzuhalten. Etwa Jugendschutz-Filter, die Eltern auf dem Gerät ihrer Kinder und Jugendlichen installieren. Aber solche Filter sind laut deutschem Recht nicht ausreichend.

Am heutigen Montag hat ein Vertreter der Medienaufsicht auf der Berliner Konferenz re:publica vor Publikum versucht, das Vorgehen seiner Behörde zu rechtfertigen. Marc Jan Eumann ist derzeit Vorsitzender der Kommission für Jugendmedienschutz (KJM), einem gemeinsamen Organ der föderal organisierten Medienanstalten. Außerdem ist Euman Direktor der Medienanstalt Rheinland-Pfalz. Die Medienanstalt Berlin-Brandenburg ist Partner der re:publica. Eumanns Auftritt bei einer Diskussion mit Porno-Aktivistin und -Regisseurin Paulita Pappel gibt Einblicke in die teils haarsträubende Denkweise der Behörde.

Das Problem: Alterskontrollen für Pornoseiten gefährden die anonyme Nutzung des Internets – ein Ideal, das auch die Ampelregierung im Koalitionsvertrag festgehalten hat. Da Pornoseiten zu den meistbesuchten Websites der Welt gehören, würden die Alterskontrollen entsprechend viele Millionen Nutzende in ihren Rechten einschränken.

Die Gefahr solcher Datensammelei machte Pappel mit einem Vergleich anschaulich: Man stelle sich vor, da gebe es einen Anwalt namens Meier aus Rheinland-Pfalz, der in einem konservativen Umfeld lebe. Er schaue sich privat mit seiner Frau BDSM-Pornofilme an, wie Pappel ausführte. Wenn sich nun Herr Meier mit seinem Ausweis verifiziere, könnte seine Identität mit seinen Porno-Sehgewohnheiten und seinen sexuellen Vorlieben verknüpft werden. Im Fall eines Leaks, so Pappel, könnte das sehr negative Konsequenzen für Herrn Meier haben.

Wer Ausweis nicht zeigen will, soll Gesicht scannen lassen

Nicht nur Pappel hat solche Bedenken. Als wir im Dezember 2021 darüber berichteten, sprachen sich etwa die netzpolitischen Sprecher von SPD und Grünen für möglichst datensparsame Alterskontrollen aus. Die netzpolitische Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag Anke Domscheit-Berg warnte vor „gigantischen Datenbanken mit personenbezogenen Daten in einem hoch sensiblen Kontext“, was „äußerst gefährlich“ sei.

Medienwächter Eumann zeigte hierzu eine weniger differenzierte Haltung: Das Schutzbedürfnis von Herrn Meier erscheine ihm nicht so groß; er finde den Schutz von Kindern und Jugendlichen wichtiger. Zum Datenschutz von Herrn Meier sagte Eumann: „Das ist mir echt wumpe“. Die Aussage mag verwundern, immerhin sind auch Privatsphäre und Datenschutz Grundrechte. Diskutabel wäre, wie sich diese Grundrechte mit dem Schutzbedürfnis von Kindern und Jugendlichen vereinbaren lassen. Es braucht eine Abwägung und lässt sich nicht als „wumpe“ vom Tisch fegen.

Auf dem Panel zeigte Eumann nicht nur, dass ihm Datenschutz egal ist. Seine Äußerungen legten auch nahe, dass er nicht verstanden hat, was Datenschutz überhaupt bedeutet. Als Alternative zur Ausweiskontrolle lobte Eumann Verfahren zur automatischen Alterserkennung. Seine Behörde stuft sie ausdrücklich als „positiv“ ein. Bei solchen Kontrollsystemen müssen Nutzer*innen ihr Gesicht in die Webcam halten und eine Software berechnet eine Prognose ihres wahrscheinlichen Alters. Wer zu jung aussieht, um einen Porno zu schauen, wird abgewiesen.

Solche Systeme würden „total super laufen“, findet Eumann. Was der Medienwächter dabei unterschlägt: Das eigene Gesicht liefert ähnlich sensible Daten wie der Klarname auf dem Ausweis. Längst demonstrieren biometrische Suchmaschinen wie Clearview AI und PimEyes die Gefahren der massenhaften Erfassung vor Gesichtern. Nutzer*innen müssen sich darauf verlassen, dass die Anbieter solcher Alterskontrollen mit den Daten vorbildlich umgehen und auch nicht gehackt werden. Die Vergangenheit zeigt: Selbst reiche Tech-Riesen wie Facebook haben immer wieder dramatische Datenschutz-Pannen.

Medienwächter vergleicht Pornos mit Alkohol

Eröffnet hat Eumann seinen Auftritt auf der re:publica mit einem Vergleich. Natürlich, so Eumann, würde niemand sein Kind losschicken, um mit dem Ausweis der Mutter beim Supermarkt Alkohol zu kaufen. Auch bekomme das Kind nicht „zur Belohnung“ einen „Schluck aus der Pulle“. Ebenso wenig sollten Jugendliche im Netz Pornos sehen dürfen. Eumann relativierte zwar, dass der Vergleich „hinkt“. Er legte aber nicht offen, inwiefern. Genau das ist aber geboten, denn sonst kann sich ein irreführender Vergleich schnell in Desinformation verwandeln.

Das Problem des Vergleichs: Im Gegensatz zu Alkohol ist Pornografie kein Gift und auch kein Suchtmittel. Selbst wenn Nachrichtenmedien immer wieder von angeblicher „Pornosucht“ berichten: Diese Krankheit existiert so nicht. Laut Weltgesundheitsorganisation kann übermäßiger Pornokonsum allenfalls ein Teil der vielschichtigen „zwanghaften sexuellen Verhaltensstörung“ sein.

Treffender erklärt Porno-Expertin Pappel das Problem: Kinder und Jugendliche müssen lernen, wie sie Pornografie richtig einordnen und ein gesundes Verhältnis dazu entwickeln. Es gehe um Medienkompetenz in Bezug auf Pornografie, kurz: Pornokompetenz. Ähnlich sehen das Medienpädagoginnen, wie wir hier berichtet haben.

Niemand kann Jugendliche vor Pornos schützen

Pappel greift den fragwürdigen Alkohol-Vergleich auf und führt aus: Auch Eltern würden Alkohol zuhause nicht in die Reichweite ihrer Kinder stellen. Entsprechend könnte man auch im Fall von Pornografie Eltern und Hersteller*innen von Geräten in die Verantwortung ziehen, etwa mit Jugendschutz-Filtern.

Solche Filter existieren schon längst, ein Beispiel ist etwa JusProg. Die Filter lassen sich auf dem Gerät von Kindern und Jugendlichen installieren und stoppen automatisch den Zugriff auf eine riesige, aktualisierbare Liste an Pornoseiten. Das einzige, was man von Eltern verlangen müsste, wäre diese Filter einzurichten – und Geräte-Hersteller*innen könnten das einfacher machen.

Netzsperren als Erfolg

Pappel würde sich außerdem wünschen, dass Pornos mit entsprechender Alterskennzeichnung auch bei großen Streaming-Anbietern und öffentlich-rechtlichen Mediatheken verfügbar wären. Als Branchen-Vertreterin möchte sie den Standort Deutschland stärken. Im März war Pappel Regisseurin beim ersten öffentlich-rechtlich produzierten Pornofilm, den das ZDF Magazin Royale veröffentlichte.

Es wäre die Aufgabe des Gesetzgebers, die Gesetze entsprechend zu ändern. Behörden wie die Medienaufsicht sind dafür nicht zuständig, das macht auch Marc Jan Eumann nochmal deutlich. Aber es macht wenig Hoffnung auf Besserung, wenn die Medienaufsicht die Gesetze engstirnig verteidigt. Handfeste Gegenargumente blieb Medienwächter Eumann in der Debatte mit Porno-Expertin Pappel schuldig. Als Reaktion auf Kritik pochte er etwa mehrfach auf das Grundgesetz, das dem Staat eine Schutzpflicht gegenüber Kindern und Jugendlichen zuschreibt – obwohl das Grundgesetz nie infrage gestellt wurde.

Nachfragen aus dem Publikum waren bei der Veranstaltung nicht vorgesehen. Auch der Moderator des Panels hakte an vielen Stellen nicht nach. So blieben viele Behauptungen ohne Widerspruch. Zum Beispiel gab Eumann eine irreführende Erzählung zum Besten, die durchaus als Ablenkungsmanöver gedeutet werden kann. Der Medienwächter lobte seine Behörde für das Vorgehen gegen Pornoseiten, die keine Alterskontrollen einführen. Demnach habe die Medienaufsicht „erfolgreich“ bei Internet-Providern eine Netzsperre gegen eine Pornoseite erwirkt.

Offensichtlich bezog sich Eumann an dieser Stelle auf xHamster, eine der meistbesuchten Pornoseiten Deutschlands. Aber das Wort „erfolgreich“ trifft in diesem Zusammenhang eher weniger zu: Die Netzsperre gegen xHamster im März 2022 hat nicht einmal einen Tag lang gehalten, bis die Seite durch einen simplen, technischen Trick wieder verfügbar war.

Offenlegung: netzpolitik.org-Gründer Markus Beckedahl ist seit 2010 Mitglied des Medienrats der Medienanstalt Berlin-Brandenburg (mabb).

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36 Ergänzungen

  1. Ich frag mich ja immer warum in der ganzen Diskussion pr0n-Portale herhalten müssen. Hat denn bislang niemand mal eine profane Google Bildersuche bemüht? Kann ich mir kaum vorstellen. Das Ziel ist daher klar: die anonyme Nutzung des WWW grundsätzlich zu unterbinden, pr0n ist hier letztlich nur eins der typischen Vehikel den Fuß in die Tür zu bekommen.

    1. Die Gefahr sehe ich auch. Neben den Seiten, die ihre Inhalte ausdrücklich als pornografisch verstehen, gibt es zahlreiche Seiten, deren Inhalte als pornografisch eingeordnet werden könnten, je nach Bauchgefühl des Entscheiders bzw. Gestaltung des Algorithmus: Gesundheitsinformationen, Sexualaufklärung, Darstellungen von Nacktheit, fiktive Erzählungen…
      Die Erfahrung mit den Sperralgorithmen von Social Media-Plattformen zeigt, dass manchmal schon einzelne Stichworte ausreichen, die in einem sexuellen Kontext verstanden werden können, damit Inhalte gesperrt werden.

  2. Na dann viel Spaß dabei Millionen, bzw. Milliarden von Seiten anzuklagen und zu sperren. Einfach unglaublich was einige Eumann von sich gibt.

    Um dieses Ziel zu erreichen ist es also in Ordnung sämtliche Grundrechte fernab des Jugendschutzes quasi in die Bedeutungslosigkeit zu beschneiden? Mal davon abgesehen für was alles solche Massenüberwachungen missbraucht werden können, wenn sie denn mal etabliert sind. Das kann sich auch gegen Kinder richten, also wieder nichts gewonnen, denn auch diese haben eine Privatsphäre verdient.

  3. Die Sache mit xhamster, da seid Ihr (netzpolitik) damals ja selbst auf die Anti-Porno-Aktivisten reingefallen. Habt Ihr das mal intern aufgearbeitet?

    1. also die dimensionen des anti-porn-aktivismus habe ich erst mit der zeit begriffen, aber an einen reinfall-artikel kann ich mich nicht erinnern. schick doch mal nen link, was du meinst, dann schau ich rein.

  4. Diese heilige Aufgabe ist doch mittlerweile deren einzige Existenzgrundlage. Man stelle sich nur einmal vor, welchen Themen sie sich sonst widmen müssten. Da gängelt man dann doch lieber Erwachsene und setzt seine Anti-Porno Agenda verpackt als Jugendschutz fort. In den USA sieht man ja, was für Extreme Kräfte da hinterstecken.

    Bin aber eher der Meinung das hier echte, fehlgeleitete Überzeugung am Werk ist. Hat fast schon religiöse Züge, da dieser ganze Aufwand nicht einmal hinterfragt wird, sondern doktrisch verfolgt wird.

  5. Das Ergebnis wird sein das es in Deutschland oder der EU keine erfolgreichen Anbieter von Pornos mehr geben wird. Insbesondere fuer Kunden deren Vorlieben etwas vom Mainstream abweichen und daher lieber anonym bleiben moechten. Das fuehrt dann wiederum zu Diskussionen ueber Netzsperren und irgendwann bestimmt auch zur EU Firewall ….

  6. >>> Der Medienaufsicht ist Datenschutz „wumpe“

    Dann ist jetzt meiner Meinung nach Schluss, und die dürfen dann nicht für die Formung von Maßnahmen zuständig sein. Kann man das vielleicht erklagen, oder macht der Gesetzgeber mal seinen Job?

    Balancierungsprinzipien sind wichtig, hier müssen wir schneller vorankommen, also muss das politisch entschieden werden, oder von Fachgremien mit nachgewiesener Kompetenz. „Macht mal irgendwas“ sollte an der Verfassung zerschellen, und das bitte Vorgestern!

  7. Die Lebenserfahrung hat mich anderes gelehrt: sowohl Alkohol als auch Pornografie („Schmuddelheftchen“) waren für Jugendliche immer schon auf kurzen Umwegen erhältlich. Man träumt im Digitalen aber weiter den Traum der totalen Kontrolle, weil es eben inzwischen technisch möglich geworden ist. Ich bin gespannt mit welchen Mitteln die Medienaufsicht NRW eine weltweite Ausweispflicht für deutsche Porno-Nutzer:innen durchsetzen will.

    1. Das Ziel ist natuerlich Ausweiskontrolle und damit gesicherte Ueberwachung jeder Aktion im Netz.

      Das ganze dann per Gesetz als „sicher“ definiert und damit beweiskraeftig bis zum Beweis des Gegenteils durch den Betroffenen.

  8. .. und ich dachte wir hätten das Problem, dass die Kids sich mit Snuffvideos -die per Airdrop direkt im Schulbus geteilt werden- gegenseitig traumatisieren. Naja die Spezialexperten der Medienaufsicht werden schon wissen was sie tun.. oder?

  9. >>Zum Datenschutz von Herrn Meier sagte Eumann: „Das ist mir echt wumpe“

    Kann man diesen Herren rechtlich für diese Aussage nicht irgendwie zur Verantwortung ziehen?

  10. Die Kinder und Jugendlichen von heute sind die Erwachsenen von morgen. Und den (aufgezwungenen) „Schutz“ einer Person während der ersten 20–25 % ihres Lebens damit zu erkaufen, dass sie die restlichen 75–80 % totalitären, religiös-fundamentalistisch begründeten Überwachungsmaßnahmen ausgesetzt wird, halte ich für einen ausgesprochen schlechten Deal. Aber ich komme ja auch nur evidenzbasiert zu Ergebnissen und nicht, wie die Medienspitzel, ergebnisbasiert zu einer Herleitung.

    Anderen Leuten vorzuschreiben, was sie sehen dürfen und was nicht, war schon immer ein Mittel kleiner, unbedeutender, böser Menschen, um über andere Menschen Macht auszuüben und so ihre eigene Bedeutungslosigkeit zu kompensieren. Die Aussage „Datenschutz ist mir echt wumpe“ (kann man übersetzen mit: „Grundrechte sind mir echt wumpe“) spricht da eine sehr deutliche Sprache und disqualifiziert diesen Herren eigentlich für jedes Amt in einem freiheitlich-demokratischen Rechtsstaat, aber sie steht auch sinnbildlich für den autoritären Charakter der „Medienaufsicht“ (schon der Begriff ist eine gezielte Irreführung, als beaufsichtigten ein paar Erwachsene ein Volk von Kleinkindern) insgesamt.

    Merke: Was zum Ziel hat, so viele Grundrechte wie möglich und so wenig wie gerade nötig einzuschränken, ist per Definition autoritär und eines freiheitlich-demokratischen Rechtsstaats unwürdig.

  11. „Ohne Abwägung lässt sich das nicht als „wumpe“ vom Tisch fegen.“

    Ohne doppelte Verneinung hieße das ja
    „Mit Abwägung lässt sich das als „wumpe“ vom Tisch fegen.“

    Ist hier vielleicht gemeint
    „(Nur) ohne Abwägung lässt sich das als „wumpe“ vom Tisch fegen.“
    oder
    „Mit Abwägung lässt sich das nicht als „wumpe“ vom Tisch fegen.“
    ???

  12. Ich fände es wünschenwert, wenn MJEs Wahl auf den aktuellen Posten nicht unerwähnt bleiben würde.

    Rechtlich ist es schlicht ein Skandal, dass er an dem Stuhl klebt, auf dem er sitzt.

    JME ist aus meiner Sicht ein Prototyp des heutigen Politikers: auf den eigenen Vorteil bedacht, Recht und Gesetz sind ihm egal und das Einbeziehen anderer Argumente ist ihm fremd – ein Abwägen ist nicht ersichtlich. Ich habe die Diskussion mit dem lange aufgegeben (und ja, ich habe vor mehr als einem Dutzend Jahren bei der Novelle des MDStV (damals noch Rundfunkstaatsvertrag) sehr lange mit ihm diskutiert.

    Diese Zeit würde ich mir heute schlicht sparen.

  13. Ich glaube durchaus, dass es Dinge im Internet gibt, die Jugendliche nicht sehen sollten. Ob das jetzt (klassische) Pornos sind, sei mal dahingestellt.

    Ich sehe als politische Lösung aber immer nur gleich die volle Verifizierung mit Ausweis, inkl. allen Daten die darauf stehen. Ich frage mich immer, ob es nicht technisch möglich wäre, dass z.B. der e-Perso „nur das Alter rausrückt“ zusammen mit einer eindeutigen, aber nicht auf den Besitzer rückführbaren ID (er könnte sogar wirklich nur die Infomation herausgeben „ist volljährig“ und nicht einmal den Geburtstag). Wenn das Verfahren und die Hardware dann auch noch offen wären, hätte ich gleich viel weniger Probleme, mich irgendwo im Netz als volljährig zu identifizieren, weil ich mich eben darauf verlassen, nur diese Daten von mir preiszugeben.

    Letztlich basiert OAuth z.B. auf einem ähnlichen Verfahren: Der eine Anbieter weiß eine Menge über mich, ist aber über ein klar definiertes Protokoll in der Lage, nur einen Teil dieser Daten an einen anderen Anbieter weiterzugeben, die dieser zu einer wie auch immer gearteten Verifizierung nutzen kann.

    1. Es gibt so eine datensparsame Methode, mehr dazu findest du hier: „Am wenigsten invasiv ist wohl noch eine Alterskontrolle mit Personalausweis. Zum Einsatz käme die neue eID-Funktion in der Ausweis-App des Bundes, mit der man sich online ausweisen kann. Dabei sollen keine sonstigen Ausweisdaten übertragen werden – nur die Info, dass man volljährig ist.“ – Das Problem ist aber: Diese Methode ist in der Praxis kaum verbreitet und für weltweit operierende Plattformen zu sehr eine Insellösung.

  14. Schon das Gesetz für die Identifizierung von (Prepaid-)SIM-Karten-Besitzer*innen wurde Anno dazumal wegen „Terroristen“ verabschiedet – inzwischen zieht man die Daten aber für jegliche Bagatelle heran. Ich glaube bei solchen Gesetzen inzwischen einfach kein Wort mehr, egal welche Partei oder staatliche Institution dabei behauptet Gutes zu tun.

  15. Ich sehe Herrn Eumanns Aussage nicht so problematisch, auch wenn man sich das natürlich anders wünschen würde. Er ist für Medienaufsicht und Jugendschutz zuständig und kümmert sich darum. Bei seinem Vorhaben muss er m. E. (zumindest wenn es vor Gericht Bestand haben soll) die Datenschutzbeauftragten einbinden und denen ist dann anaolg der Jugenschutz wumpe. Aus diesen „Extrempositionen“ ergibt sich ein Kompromiss, der beide Seiten ausreichend berücksichtigt. So zumindest die Theorie…

  16. Ich empfehle dringlichst, sich mal den Wikipedia-Artikel zu Marc Jan Eumann durchzulesen.
    Plagiatsvorwürfe und der eigene Doktorlehrer wünscht die Aberkennung des Titels, Korruption und Spendenaffären, eine Wahl mit knapper Mehrheit in sein aktuelles Amt als einziger (!) Kandidat, während er selbst die Kriterien zur Nominierung festlegte…

    Wer schützt uns vor Menschen wie Eumann?

  17. Auch wenn Eumanns Methoden in meinen Augen nicht die geeignetsten sind, um eine Alterskontrolle einzuführen, so zeigte er doch eindeutig den Mumm, auf einer größeren Bühne auf ein Riesenproblem und den Nicht-Umgang damit hinzuweisen.

    Aber wieso konzentrieren sich Meineck und andere hier vor allem auf Netzsperre anstatt das eigentliche Thema: Jugendschutz? Hm, ich hätte da eine Idee. Wer mal im FTP-Netzwerk auf dem CCC-Kongress unterwegs war, hat vielleicht einen Geschmack davon behalten, wie groß das Thema in der Community tatsächlich ist, wie ignorant Kritik daran behandelt wird, wie mit pornhub-Tshirts Firmen zur Schau getragen werden, die mit Frauenfeindlichkeit, Ausbeutung und child porn Profite machen. Mein Recht auf porn, aha. Die „Porno“kompetenz der jungen Leute lässt sich ganz gut in dieser Studie betrachten, sogar was für Frau Porno-Expertin Pappel:

    https://assets.childrenscommissioner.gov.uk/wpuploads/2023/02/cc-a-lot-of-it-is-actually-just-abuse-young-people-and-pornography-updated.pdf

    Wahrscheinlich stehe ich hier relativ alleine mit der Position, dass diese bis auf’s Erbrechen ständig wiederholten Darstellungen von sexueller Gewalt, die Objektifizierung, die überwiegend gleiche Verteilung der Machtrollen auch seinen Anteil am allgemeinen Zustand der Gesellschaft hat:

    https://www.hs-merseburg.de/hochschule/information/neuigkeiten/details/sachsenweite-dunkelfeldbefragung-zu-geschlechtsspezifischer-gewalt-abgeschlossen/

  18. Ich stelle mir vor, dass Gesetze die demokratische Legetimierung verlieren können, wenn sie z.B. mit Lügen beworben oder im Parlament als etwas anderes dargestellt werden, als sie dann erreichen, unabhängig von der Intention Handelnder. Meiner Meinung nach besteht hier der Zwang zur Korrektur, da Wähler damit keinen demokratischen Hebel mehr haben, bzw. Repräsentation auch nicht mehr stattfindet. Das vor allem bei fundamentalen Fragen, nicht bei marginalen Parkticketbußgeldhöhen. Z.B. wäre die EU-Urheberrechtsreform so gestoppt, bevor sie nationales Gesetz wird, denn für den Gesetzgebungsprozess bedeutet das im Umkehrschluss, dass fundamentale Probleme im Gesetz vor Inkrafttreten konkret addressiert werden müssen.

    Gewöhnen wir uns daran, hat also der Wähler keinen demokratischen Hebel mehr, werden wir wohl immer mehr mit sogenannten Minderheiten konfrontiert werden, die andere Hebel einsetzen wollen.

  19. Ach wie gut, dass das Internet an den deutschen Grenzen endet. Und solche realitätsfernen Bullshit-Forderungen haben natürlich auch den zusätzlichen charmanten Vorteil, dass man es sich dann auch sparen kann ernsthafte Bemühungen in Richtung Jugendschutz (sprich Aufklärung!) zu unternehmen.

    Herr lass Hirn regnen.

    1. Naja oder man liest es anders:
      – Die Chinawand nebst totaler Kontrolle ist fest eingeplant.
      – Die Vorteile kleiner Anbieter, mit Privatsphärenversprechen, werden gegenüber den großen Datenschleudern noch weiter nivelliert.

      Emergentes Problem-chen: Beides ist eine Richtung.

  20. Nett wäre noch ein formal verifiziertes Gerät+Firmware, das nur anonyme Altersverifikation macht. Auf dem EPerso ist die dann eben freigeschaltet, oder noch besser: für dieses und meine anderen fünf Geräte?

    Auf die schnelle finde ich nicht, wie man das auf Internetdienstseite implementiert, mus mann auf Englisch suchen?

    1. Verhilft denn das zu mehr Jugendschutz wenn das Kind bei Abwesenheit/Abgelenktheit der Eltern das Gerät und den ePerso mopst, sich auf SeiteX anmeldet und dann Pornos gucken kann?
      Definitiv nicht.

      Also nur mit TouchID/FaceID? Diese Daten „sollen“ auf dem Endgerät bleiben… bis zum nächsten Crack!?

      Die Umgehung Technischer Sperren durch Trickreiches Manuelles Handeln nennt man Social Engineering. Schon länger bekannt und immer wieder vorgekommen.

      Genau so wie „Nimm keine Bonbons von Fremden Leuten an“.

      1. „Personalausweis mopsen“ gibt halt Ärger, dazu dann der Aspekt, dass du das nicht jedes mal kannst. Bei einer anonymen Funktion könntest du dich jedes einzelne mal altersverifizieren, oder jede Woche. Päpstlicher als der Papst müssen wir da auch nicht sein. Bildung brauchen wir da natürlich auch für Eltern.

        Zudem könnte ein Log der anonymen Verifikation mittels des EPersos abrufbar werden, so dass es eine gewisse Überprüfbarkeit gibt.

        Wenn Verifikation, dann anonym, und der Ausweishalter, bzw. Eltern entscheiden, ob mit Pin oder ohne. Das Gerät hat einzig den Sinn, dass ich bzw. meine Kinder SICHER und einfach dieses Feature benutzen können.

        Das ist ja kein Werbepost für die Blödheit an sich, aber wenn Verifizieren, dann auch Flankieren!

      2. Umgehbarkeit ist nicht so das Argument, die Kinder könnten auch untereinander alle Eltern mit Spyware versehen, und immer den Bildschirm der Pornoguckenden auf die Etafel in der Grundschule gegenüber umleiten, weil deren Transponderschließsystem naturgemäß nicht nur zu schließen vermag, sondern auch zu öffnen!

        Die Zahlen ins Verhältnis zu setzen ist dann der nächste Schritt, was erwartbar ist usw. usf., in der Praxis dann Studien und Überprüfung. Hier hakt es in der Praxis dauernd überall, so dass Überwachungswahn auch eine valide Annahme ist. Dennoch wäre eine anonyme Altersverifizierung die bessere der denkbaren Welten mit solchen Maßnahmen, denn man muss sich hier auch in die Perspektive der Inhalteanbieter versetzen, und zwar nicht nur der riesigen Datenkraken und werbegetriebenen Trackingmitläuferdienste, sondern auch der theoretisch zuvor gerade noch machbaren privatsphärenaffinen Kleingewächse. Eine anonyme API wäre doch da viel schöner, ansonsten gratuliere ich zur Liquidierung der Privatsphäre, mit ungewissem Ausgang (außer man weiß, dass es globaler Selbstmord ist, denn der Eroberer will ja genau das alles gerne nutzen)…

        1. Warum reicht denn eine Aufklärung nicht aus? Wieso kommt das Thema „anonyme Altersverifizierung“ ausgerechnet erst im Zusammenhang mit Pornographie und nicht mit Gewalt?
          Zogen sich unsere Vorfahren in den Höhlen in ihre eigenen Zimmer?

          Tagesschau verbieten, weil dort Kriegsbilder gezeigt werden? Es geht nicht per se um die Überwachung und die Methoden, sondern um diese Heuchlerei. Der Gesetzgeber räumt 14 Jährigen ein das sie selbstbestimmt Geschlechtsverkehr mit anderen einwilligen können, ungeachtet wie alt der Partner ist, aber das Betrachten selbst normaler Pornographie ist dann plötzlich das Schlimmste was sie sehen können?

          In einer Welt, wo Gewalt die Medien dominiert ist das einfach nur lächerlich und lässt tief blicken.

          1. Da gibt es drei Aspekte:
            1. Wenn-dann. Wenn Regulieren, dann wenigstens vernünftig. Wir müssen Phantasiemaßnahmen loswerden. Ich will hier nicht für unnötige Maßnahmen optieren, dennoch ist anonyme Altersverfizierung der einzig gangbare Weg in dieser Richtung. Hier gibt es auch andere Internetkäufe wie Alkohol, Waffen bzw. Wekzeuge, Autos, you name it.
            2. Die Gesellschaft ist aber nun mal so, andere sind noch krasser. Das kann man nicht mal kurz über den Logikbügel drüberziehen, gilt allerdings auch im Fernsehen. Pornographisches gibt es da zu Nachtzeiten auch mal im ÖR, von wegen starker Altersverifizierung. Klar, eher Filme mit gewissem künstlerischen Anteil und sicherlich weniger Schadpotential als allgemein im Internet, aber immerhin. Gewalt gibt’s quasi schon zum Frühstück…
            3. Wer sagt, dass Gewalt nicht als auch noch Reguliert wird? Anonyme Altersverifikation ist besser früh da als spät, es ergibt auch im internationalen Kontext Sinn.

            Dazu dann die Frage, ob man jetzt über die Gestaltung von Maßnahmen spricht, oder über das große Ganze. Bildung würde ausreichein, aber wir sehen keinen signifikanten und systematischen Fortschritt diesbezülich über einige Jahrzehnte. Die Gesellschaft hat sich hier in eine blöde Situation manövriert.

          2. „3. Wer sagt, dass Gewalt nicht als auch noch Reguliert wird? Anonyme Altersverifikation ist besser früh da als spät, es ergibt auch im internationalen Kontext Sinn.“

            Hier möchte ich relativiern: könnte/gäbe!
            Der Rest der Welt wird jetzt keine Altersverifikation nach EU-Vorbild für ihre eigenen Bürger einführen, jedenfalls an den meißten Plätzen nicht ohne Totalüberwachung, und zudem vielleicht hier oder dort noch mit besonders runder Kostengestaltung. Dürfte ich die Verifikation für das jew. Land anbieten, könnte ich wohl damit leben, aber „starke Altersverifikation“ für US-Bürger z.B., artet dann schon direkt zum Standortnachteil aus.

  21. Als ginge es da um Jugendschutz vor Pornographie! Es geht wie Sebastian Meineck im Artikel bereits durchscheinen ließ darum, dass Porno-Seiten halt von enorm vielen genutzt werden und mit der persönlichen Identifizierung per Ausweis oder Dreitagebart können die natürlich auch anonymisierte oder VPN-Verbindungen ganz einfach dem Nutzer zuordnen.
    Wenn es um Jugendschutz ginge… also, ja der Vergleich „mit Muttis Perso Alkohol“ einkaufen, der hinkt nicht nur, er ist vollkommen weltfremd. Die Jugendlichen haben doch alle ein Smartphone, dann gehen sie kurz an die Handtasche, machen ein Foto vom Ausweis und kommen auf die nicht jugendfreien Seiten…

    Als ob Eltern ihre Kinder für so blöde halten würden wie die Union die Bevölkerung verkaufen will. Alle haben sie 5 Kinder und 15 Enkelkinder und das sind natürlich alles Chorknaben und – mädels.
    Man kommt sich richtig veralbert vor von der Union. Und das traurigste: deren Wählerschaft ist – Hanlon’s Razor zufolge – auch noch wirklich so einfältig!

    Habt ihr euch mal die Debatte zur Cannabis-Legalisierung angetan?

    https://shows.acast.com/grasland/episodes/8-sollten-wir-kiffen-fuer-alle-erlauben

    Dieses Schmierentheater ist wirklich kaum zu ertragen, hört euch mal die Argumente der Maude Flanders von der CDU an, als ginge es um die Kinder auf Utoya…

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