Gute Vorsätze im neuen JahrKeine Ausreden!

Jeder Jahreswechsel bietet die Chance, schlechte Angewohnheiten zu überdenken und sich vorzunehmen, in Zukunft vieles besser zu machen. Damit aber nicht schon im Februar alle guten Vorsätze wieder vergessen sind, hier die Anleitung für 2023: Lauter gute Taten! Wer auch nur die Hälfte durchzieht, hat das gesamte Jahr gute Laune.

geschenke, mehrere
Denn die Freude, die wir schenken, kehrt ins eigene Herz zurück. Weiß doch jeder. (Diffusion Bee)

Auch wenn sie oft schon im Februar vergessen sein mögen: Gute Vorsätze für das neue Jahr versuchen sich viele Menschen vorzunehmen. Denn wer möchte nicht schlechte Gewohnheiten ablegen oder gar ein besserer Mensch werden? Mit unserer Liste wollen wir eine Handreichung geben, um die Welt besser zu machen: Hier sind mögliche gute Taten des kommenden Jahres, eine pro Woche umgesetzt ist auch okay.

Selbstverständlich bitten wir um weitere Ideen in den Ergänzungen. Denn mit Sicherheit kann man auch zwei gute Taten pro Woche hinbekommen.


Ordentliche Datensicherung …

Es kostet Zeit, man vergisst es gern, aber kein neues Jahr sollte ohne den guten Vorsatz beginnen, ein ordentliches Back-up einzurichten oder das bestehende zu optimieren: Die Back-up-Platten rangestöpselt und los! Danach bleiben nur noch drei Fragen: Kann das vielleicht künftig automatisiert werden? Kein wichtiges informationstechnisches Gerät vergessen? An die Mobiltelefone gedacht?

… auch bei Papa

Nicht jeder schafft eine gute Back-up-Lösung allein, deswegen ist jetzt ein guter Zeitpunkt, Papa, Tante Franziska oder den netten Nachbarn zu fragen, ob sie vielleicht Hilfe brauchen, um ihre Daten zu sichern. Mit etwas Glück fällt vielleicht ein Stück Kuchen ab, mindestens aber Freude und Dank.

Google meiden

Überraschung, es gibt eine Welt jenseits von Google! Welche Alternativen zur Suchmaschine des Werbekonzerns es gibt und was ihre Vorteile und Nachteile sind, haben wir hier zusammengetragen. Das neue Jahr ist die perfekte Gelegenheit, schlechte Gewohnheiten abzuwerfen und von nun an nicht mehr jede Suchanfrage in den Google-Rachen zu werfen.

Crypto-Termin machen

Es gibt nur zwei Sorten von Menschen: solche, die eine Cryptoparty brauchen, und solche, die bei einer Cryptoparty helfen können. Auf einer solchen Cryptoparty kann man beispielsweise lernen, die eigene Kommunikation abzusichern. Zu welcher der beiden Gruppen man auch gehört: Such nach einem Termin in der Nähe (vielleicht über den Hashtag Cryptoparty) und los! Mit Sicherheit bringt das im neuen Jahr neues Wissen, mehr Sicherheit und Freude.

Whatsapp ist sowas von Facebook

Sich von Whatsapp und damit dem Facebook-Konzern zu lösen, fällt nicht jedem leicht, aber das wäre doch mal ein guter Start ins neue Jahr! Wenn das wirklich nicht geht, dann ist es immerhin ein guter Anfang, sich Alternativen wie Signal oder ohne Telefonnummernzwang auch Threema zu installieren. Denn nichts geht ja über Chats, die wirklich privat sind. Und die Frage bei Freunden und Bekannten, ob sie auch was anderes als Whatsapp benutzen, kostet übrigens nichts.

Noch schöner Videokonferieren

Das Bombardement an Online-Meetings hat zwar etwas nachgelassen, aber es muss dennoch nicht immer Zoom sein. Warum man wenig Ausreden hat, bessere Alternativen für Videokonferenzlösungen zu nutzen, und welche das sind, haben wir hier ausgeführt. Gern geschehen!

Alternative Videokonferenz-Systeme müssen sich nicht verstecken

Android minus Google

Bei mobilen Betriebssystemen ist die Auswahl bekanntlich klein. Hat man ein oder mehrere Android-Betriebssysteme am Bein, sollte man sie besser tunlichst von Google befreien oder gleich zum unvergleichlichen GrapheneOS greifen. Das dauert zwar etwas, aber verspricht ein wunderbares Gefühl der Freiheit im neuen Jahr.

Lass die Puppen tanzen

Die Pandemie hat viele Kultureinrichtungen vor große Probleme gestellt. Warum nicht zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen und sich ein kooperationswilliges Kind für einen Puppentheaterbesuch ausborgen, natürlich mit Eisessen danach, und dem Kind, dem Puppentheater und sich selbst Freude und auch noch den Eltern einen freien Nachmittag schenken? Zur Not macht es auch ein Kinofilm und Popcorn, es muss ja kein Multiplex sein.

Neue Browser braucht das Land

Muss es eigentlich immer der gleiche vorinstallierte Browser sein, mit dem auf dem Mobiltelefon die Abenteuer im World Wide Web gesucht werden? Denn neue Browser, die es in erstaunlicher Fülle gibt, sind fast wie neue Hosen: Der Hintern sieht einfach wieder besser aus! Nunja, und für Safari-Nutzer hilft vielleicht 1Blocker.

Immerhin keine Niere

Wer sich guter Gesundheit erfreut, sollte sich glücklich schätzen. Aber noch glücklicher kann man werden, wenn man eine Stunde investiert und an diejenigen denkt, denen es schlechter geht: Werde im neuen Jahr Blutspender oder Knochenmark- oder Blutstammspender oder beides!

Weg mit den Altherrenwitzen

Glühen die Kommunikationsdrähte wieder, prasseln die Nachrichten im Sekundentakt ein und wabern die Empörungswellen? Die eigene Social-Media-Nutzung im neuen Jahr zu überdenken, ist ein guter Vorsatz. Den Heinz, der schon seit Monaten die Timeline mit Aggressivität flutet, und den Kollegen, der kaum mehr als Altherrenwitze postet, einfach löschen! Wirklich, sich eine halbe Stunde Zeit zu nehmen, um die Kontakte zu flöhen, macht das gesamte Jahr besser.

Komplimente machen

Es gibt aber auch die andere Seite der Social-Media-Welt: Menschen, die es immer wieder schaffen, gute Laune und positive Stimmung auch an regnerischen Tagen zu verbreiten. Sag ihnen Danke, fasse die Wertschätzung für Links, Postings oder Bilder einfach in Worte.

Mit Geduld und Schweiß

Nicht alle verbinden sogenannte Informationstechnische Geräte mit Spaß und Bequemlichkeit, für viele bedeuten sie auch Stress, technische Sackgassen und Hilflosigkeit. Biete doch den Eltern oder Großeltern mal Hilfe an, frag nach, wo es gerade hakt oder ob sie was brauchen. Es kann einige Zeit in Anspruch nehmen, aber so gut wie immer lernt man selbst noch was dabei. Selbst wenn es nur eine Anekdote aus vergangenen Zeiten ist.

Gegen die Ohnmacht

Die Krisen und Menschenrechtsverletzungen in der Welt beschäftigen viele, mitunter kann sich Ohnmacht breitmachen. Vielleicht hilft es, Menschen im Iran, in China oder Belarus und allen anderen Zensurbetroffenen digitale Hilfe anzubieten: Spende ihnen anonyme Internetnutzung und Umgehung von Netzblockaden mit der Browser-Erweiterung Snowflake.

Entdeckerfreude wecken

Die beste App ist bekanntlich eine, die Spaß mit Nutzen kombiniert: Schnell einen Account bei Openstreetmap geklickt oder gleich die App StreetComplete installiert und ab jetzt dabei helfen, das freie Kartenmaterial zu vervollständigen. Das bringt Freude und Entdeckungslust in jeden Spaziergang, versprochen.

Besser als keins

Kein Jahr sollte ohne den Vorsatz beginnen, etwas für die Passwortsicherheit zu tun. Da jeder mittlerweile mindestens dutzende Passwörter nutzt, ist das Verbessern schlechter Passwörter nicht mehr unbedingt eine Sache von ein paar Minuten. Aber es gibt vielleicht das eine Passwort, bei dem man bei jedem Eingeben denkt: Das müsste man wirklich mal ändern, vierstellig war ja in den Neunzigern schon nicht mehr okay. Dann aber los!

Ein ganz neues Surferlebnis

Werbung nervt nicht nur, sie ist auch gefährlich. Schon deswegen gibt es keine Ausreden für Adblocker, außer Faulheit natürlich. Das Surferlebnis ohne Tracking wird ein ganz Wunderbares sein!

Common Sense

Schon von essbaren Landschaften, Streuobstwiesen und Gemeingütern gehört? Irgendwann wird es auch dieses Jahr Sommer und Herbst, und dann können wieder ungenutzte Obstbäume und -sträucher entdeckt werden. Versuch es einfach mal.

Weniger peinlich sein

Ist es nicht langsam peinlich, jemandem eine E-Mail mit einer Gmail-Adresse zu senden? Weil die Antwort schlicht Ja lautet, sollte im neuen Jahr endlich eine vorzeigbare und möglichst Tracking-freie E-Mailadresse her. Ja, Mensch, dann such doch einfach eine aus. Bonus: Die Werbung ist anfangs null, mit etwas Disziplin kann das gar so bleiben!

Datenschutz

Wer bei uns nach Datenschutz sucht, wird fündig. Unterstütze unsere Arbeit!

Zu gut zum Wegschmeißen

Was liegt eigentlich an informationstechnischen Geräten in den Schubladen, die noch zu gut zum Wegwerfen sind? Wenn es sich noch lohnt, könnte sich doch jemand anderes darüber freuen! Wenn es sich nicht mehr lohnt, gibt es übrigens auch Handy-Sammelstellen zum Recycling.

Mehr als nur Konsument sein

Brauche ich das wirklich? Über diese Frage kann man stundenlang philosophieren. Ein guter Vorsatz für das neue Jahr: Beim nächsten Online-Einkauf mit über fünf Artikeln denjenigen weglassen, den man am wenigstens braucht und nicht etwa heimlich offline nachkauft. Danach die gesparte Summe spenden. Bonus: doppelt gute Laune!

Aufbruch in neue Welten

Microsoft Office ist gar nicht alternativlos. Was spricht also dagegen, endlich attraktive alternative Office-Pakete wie LibreOffice oder Calligra auszuprobieren? Richtig, nichts.

Hundehäufchen einsammeln

Schon lange nichts mehr von Facebook gehört, also außer Strafzahlungen und peinlichen Auftritten von Zuck? Dann räum doch mal den Datenhaufen weg, denn den letzten beißen vielleicht die Hunde.

Vorsorge für harte Zeiten

Gerade kein VPN am Start, eine Geo-Schranke lähmt oder die DSGVO-Europäer sollen rausgefiltert werden? Oder einfach keine Lust mehr auf gezielte Werbung und Tracking? Wenn es mal notwendig wird, sollte man ihn besser schon vorher installiert haben: den Tor-Browser, auch als Orbot-App auf dem Mobiltelefon. Bei der Gelegenheit kann man auch gleich OnionShare ausprobieren: Das Werkzeug ist vor allem für jene hilfreich, die in zensurfreudige Regionen reisen.

Freiwillige vor!

Jeder von uns nutzt Open-Source-Software. Viele Open-Source-Projekte arbeiten nicht-kommerziell und sind auf Spenden angewiesen. Ein guter Vorsatz im neuen Jahr ist deswegen die Unterstützung von freier Software, vorzugsweise der, die man selbst gern und viel nutzt. Es muss auch nicht immer eine Geldspende sein, viele Open-Source-Projekte suchen auch Freiwillige mit oder ohne technisches Wissen, die sich einbringen und mitmachen.

Nicht mehr zugemauert

Ja, Heidi Klum ist auch da und die Obamas, aber Instagram ist die prototypische Definition eines geschlossenen Systems, wo von außen, ohne Account, fast nichts sichtbar ist. Nicht einmal ordentliche Links kann setzen. Hallo? Da muss endlich eine Alternative im neuen Jahr her: Versuch mal Pixelfed!

Frei und schön

Wie lange ist es eigentlich her, dass beim Starten des Betriebssystems erwartungsvolle Freude und gar ein Lächeln aufkam? Wer schon lange auf Linux umsteigen wollte, der kann sich einfach hier die schönste Linux-Distribution aussuchen und loslegen. Es ist wirklich längst einfacher als man denkt.

Komm zu den Guten

Elmu ist immer noch Chef bei Twitter. Aber das Fediverse ist groß, bunt und vielfältig. Versuch doch Mastodon oder Friendica. Nicht morgen, heute. Denn immer dran denken: Widerstand ist Hoffnung!

Weichen stellen

Mit Büchern kann man die Welt verändern, vor allem im Kleinen: Verschenke die Open-Access-Kindergeschichte „Ada & Zangemann“, denn dort kann man lernen, mit „wenig Geld die Welt besser zu machen“, wie Anna es in ihrer Rezension ausdrückte. Geht übrigens auch bei Erwachsenen, die noch neugierig sind.

Werde kreativ

Wer sich von Adobe noch länger an der Nase herumführen lässt, sollte sich nicht Kreativer nennen. Neben der Abofalle sollte schon allein die jüngste Frechheit der Schlussstrich sein. Also werde kreativ und probiere eine der vielen Alternativen aus. Denn nichts ist so gut, dass man dauerhaft mafiöses Verhalten dulden sollte.

Reparieren ist sexy

Reparieren statt neu kaufen, sollte im neuen Jahr die Devise sein. Manchmal ist Wegschmeißen nicht zu vermeiden, oft aber eben doch: Es gibt Repair-Cafés mittlerweile überall, mal mit mehr, mal mit weniger Hilfestellung. Geh einfach mal vorbei. Der erste selbstreparierte Toaster ist eine echte Einstiegsdroge.

Sich eine ganze neue Welt öffnen

Was ist für alle da, kostet nur zehn Euro im Jahr und bietet (digitale) Bücher, Audiobooks und Filme in Hülle und Fülle? Genau, und dazu mit einer guten App zum Durchsuchen vor dem Runterladen. Man braucht nichts weiter als einen Bibliotheksausweis, den man ja ohnehin im neuen Jahr besorgen wollte.

An das Team denken

Was man so Cloud nennt, sind ja nur die Computer anderer Leute. Aber manchmal braucht man einfach einen File-Server, um Dokumente und Dateien für ein Team an Menschen vorzuhalten. Es muss wirklich nicht immer Dropbox sein. Versuch doch mal die Open-Source-Alternative Pydio.

Im Kiez bleiben

Nicht nur wegen Arbeitsbedingungen und Umweltbilanz steht der Versandhändler Amazon in der Kritik, sondern auch, weil er ortsansässigen Geschäften schadet. Deshalb lohnt sich die Suche nach Alternativen. Für Bücher gibt es zum Beispiel geniallokal.de, die Bestellungen an einen Buchladen in der Nähe vermitteln. Funktioniert genau so einfach wie Amazon, aber erhält Arbeitsplätze in der Region.

Wer wirklich bis hier unten gelesen hat, wird vielleicht nicht alle, aber hoffentlich doch einige gute Vorsätze beherzigen wollen. Damit wir bei netzpolitik.org nicht im nächsten Jahr wieder in den Dezemberstress kommen, lass und doch die eine oder andere Penunze da.

Deine Spende für digitale Freiheitsrechte

Wir berichten über aktuelle netzpolitische Entwicklungen, decken Skandale auf und stoßen Debatten an. Dabei sind wir vollkommen unabhängig. Denn unser Kampf für digitale Freiheitsrechte finanziert sich zu fast 100 Prozent aus den Spenden unserer Leser:innen.

5 Ergänzungen

  1. >> Such nach einem Termin in der Nähe (vielleicht über den Hashtag Cryptoparty) und los!

    Dabei findet man welche Cryptopartys gerade mal zur Vergangenheit gehören oder „heute nachmittag“ stattfinden.

    Schön, dass des spontan jemandem einfällt dass man Leute auch einladen sollte. Noch schöner wäre es, wenn das so geschehen könnte, dass die Menschen den Termin in einer Weise erfahren könnten, dass sie eine Chance haben, eine Teilnahme in den nächsten Tagen einzuplanen.

  2. Viele dieser Punkte sind bei mir bereits erfüllt, aber die Betriebssysteme sind und bleiben die Achillesferse. Am Ende ist so ein Betriebssystem kein Selbstzweck, sondern man will darauf bestimmte Software ausführen. Nicht alle können diese selbst schreiben, daher müssen viele mit dem Vorlieb nehmen, was es gibt. Und man setzt Software nicht nur zu beruflichen oder „nötigen“ Zwecken ein, sondern auch zu Unterhaltung. Spätestens da führt nach wie vor leider kein Weg an Windows vorbei, auch wenn Linux nicht zuletzt von Valve seit längerem verstärkt Rückenwind erhält. Ein Dualboot-System (oder mehrere PC-Systeme) mit klar getrennten Nutzungsszenarien bleibt da der bestmögliche Kompromiss.

    (An der Stelle wäre aber noch ein weiterer Tipp gut platziert, nämlich, nach Möglichkeiten auf DRM-freie Alternativen auszuweichen. Valve hat DRM und Accountzwang bei Spielen erst salonfähig gemacht, die sind genauso Teil des Problems statt der Lösung – also muss es wirklich immer Steam sein, wenn dasselbe Spiel auch bei GOG erhältlich ist?)

    Auch Hardwareinkompatibilitäten machen einem unter Linux nach wie vor zu schaffen, und als Nicht-Informatiker ist man da regelmäßig aufgeschmissen. Eine Webcam zum Laufen zu bringen gleicht immer noch einer Lotterie, vor allem, wenn sie zur Konfiguration eine Software braucht, die es selbstverständlich nur für Windows gibt. Oder ein ganz persönliches Beispiel: Für mich als absolutem Linux-Anfänger war es ein erheblicher Aufwand, rauszufinden, wie ich die Tottasten für Akzentzeichen aktivieren kann, die ich für meine Arbeit regelmäßig brauche. Meine Hoffnung dabei war: Einmal konfigurieren, und dann läuft der Laden. Dann kam ein größeres Update, und die Einstellungen wurden überschrieben, ich durfte also von vorn anfangen. Beim nächsten Mal wieder. In so einer Situation ist es einem egal, ob Linux oder der Webcamhersteller Schuld hat, oder welches Update die Tastaturkonfiguration zurücksetzt. Wenn die Gerätschaften funktionieren müssen und man nicht das Fachwissen, die Zeit oder den Nerv dafür hat, alles selbst zurechtzubasteln, wird man zwangsläufig auf die schnellste und bequemste Lösung ausweichen.

    Mobil ist das noch schlimmer. Admin ist man auf seinem Mobilgerät schon lange nicht mehr, aber wirklich passable Lösungen habe ich da auch noch nicht gefunden. Ich finde es ohnehin paradox, dass man ausgerechnet Google-Hardware kaufen muss, wenn man das „beste“ Google-freie Android-System GrapheneOS nutzen will; und generell wird in Sachen Hardwarekompatibilität außerhalb von LineageOS extrem dünn. Letzteres auf einem Altgerät zu betreiben scheiterte bei mir am Ende daran, dass die verfügbare Kamera-App nicht einmal in der Lage war, die Weitwinkelkamera zu erkennen. Die Google-Freiheit muss einem schon sehr wichtig sein, wenn man dafür die Funktionen seiner Hardware, für welche man sie gekauft hat, kastriert. Und das steht sinnbildlich für das Kernproblem bei der Verbreitung freier und datenschutzfreundlicher Alternativen: Die Nachteile der Datensammelei werden von den meisten Menschen nicht wahrgenommen, solange es sie nicht ganz konkret trifft (Identitätsdiebstahl, polizeistaatliche Willkürmaßnahmen…); die tatsächlichen und eingebildeten Nachteile, welche die Umstiege mit sich bringen, hingegen schon.

    Unternehmen und Bildungseinrichtungen, wo in großem Umfang Software zum Einsatz kommt, sind auch keine große Hilfe. Statt auf Kompetenz und digitale Souveränität hinzuarbeiten, nutzt man das verfügbare Budget oft lieber für das Vollkasko-Paket, wo man dann nicht zuständig und nicht schuld ist, wenn etwas schiefgeht. Die Hochschule, an der ich bin, ist ein besonders trauriges Beispiel in der Hinsicht. Mal ganz grundsätzlich: Welcher Ort wäre besser geeignet als eine Hochschule, um Freie und Open-Source-Software einzusetzen, den Umgang mit dieser zu schulen und die Kompetenz auszubilden, diese weiterzuentwickeln? Offener Quellcode ist schließlich eine ideale Voraussetzung für Leute, die Informatik, Medientechnik etc. studieren. Stattdessen schlägt einem die Kommerzhölle entgegen: Windows, Microsoft Office, Active Directory; alternativ gleich Apple. Das E-Mail-System läuft auf Exchange. Geschult wird mit Visual Studio Code und natürlich Adobe. Was da jedes Jahr an Steuermitteln für Lizenzen verbraten wird, die dann nicht einmal weit genug gehen, dass die Studenten die Programme, mit denen sie ihre Aufgaben erledigen müssen, auf ihren eigenen Geräten einsetzen dürfen – dafür will Adobe den Studis schließlich eigene Lizenzen verkaufen. Von den Hacking-Angriffen, die in mehr oder minder regelmäßigen Abständen halt passieren, wenn man Windows, Office, Active Directory, Exchange und Visual Studio Code einsetzt (selbstverständlich mit Schlangenöl garniert), ganz zu schweigen.

    Man sieht also: Selbst wenn man mit Enthusiasmus und größtmöglicher Entschlossenheit nach Alternativen sucht, sieht man sich in der Praxis häufig mit dem Problem konfrontiert, dass dieses Vorhaben von allen Seiten sabotiert wird. Und zwar nicht von den Profiteuren des Status Quo, die diesen natürlich beibehalten wollen, sondern von ihren Opfern, die damit zum Teil permanent gegen ihre eigenen Interessen arbeiten. Man kann (und sollte) dagegen ankämpfen, aber es ist oft unheimlich ermüdend.

    In dem Sinne: Vielen Dank für diese ebenso pointierte wie lehrreiche Zusammenstellung, und auch generell dafür, dass ihr beim Thema Datenschutz und Späherei nicht lockerlasst, ganz gleich, wie vielen Menschen es egal ist oder wie viele schon resigniert haben. Gerade, weil wir nicht alle Informatiker sein können, ist es umso wichtiger, digitale Grundrechte nicht zu einem Privileg verkommen zu lassen, das sich nur noch Informatiker leisten können.

  3. Moin Constanze und frohes neues Jahr!
    Danke für diese nette Übersicht. Für mich waren tatsächlich ein paar nützliche Anregungen drin. Zu dem einen oder anderen Punkt hätte ich Rückmeldungen, davon greife ich hier nur einen heraus. Die wichtigste Rückmeldung betrifft „Android minus Google“.

    GrapheneOS läuft nur auf einigen Pixel-Geräten von Google, und man muss es selber flashen. Das ist für viele Mitmenschen eine unüberwindliche Hürde – verständlich.
    Das weit bekanntere und am stärksten verbreitete Custom-ROM ist LineageOS (LOS), der Nachfolger des legendären CyanogenMod. LOS läuft auf einer Vielzahl von Geräten. Das nackte LOS ist etwas spartanisch, beispielsweise fehlt default das GSF (Google Services Framework), das etliche Apps benötigen, und es selber reinzuwürgen ist herausfordernd.
    Aber Rettung ist in Sicht. :-) Erstens gibt es mit „LOS for MicroG“ eine inoffizielle Abspaltung, in der GSF in Form von MicroG integriert ist.
    Zweitens, viel besser: Es gibt zwei Weiterentwicklungen auf der Basis von LOS. Die eine heißt /e/OS, die andere iodé. Beide enthalten MicroG; /e/OS ist eher auf Komfort orientiert, iodé auf Sicherheit.
    Und noch mal besser: Man kann neue und gebrauchte Smartphones mit /e/OS oder mit iodé fertig kaufen! Nix selber flashen – auspacken und genießen! Mehr dazu (auch die Links zu den Shops) habe ich hier aufgeschrieben: https://www.pc-fluesterer.info/wordpress/vorbeugen/schutz-vor-datensaugern-was-kann-ich-konkret-tun/smartphone-und-tablet-betriebssysteme/

  4. Ich hatte noch nie „gute Vorsätze für’s neue Jahr“, aber naja. ^^

    Anstelle von Mastodon empfehle ich Pleroma. Dort ist die Zeichenbegrenzung nicht so absurd niedrig wie bei Mastodon und wenn man selber einen Server (oder „eine Instanz“, wie der Fachbegriff dafür lautet) betreiben möchte, reicht bei Pleroma bereits ein Raspberry Pi.

    Außerhalb der Journalismus-Bubble ist Mastodon als Software dafür berüchtigt, dass es mit hohen Nutzerzahlen auf dem Server nicht gut klarkommt.

  5. Mich stört es dass seit einigen Jahren zentrale Dienste als datenschutzfreundlich propagiert werden. Ich habe über viele Jahre Infrastruktur aufgebaut die mit jabber.ccc.de kompatibel ist, aber jetzt soll ich plötzlich meine Metadaten einem Moxie Marlinspike von Signal anvertrauen? Oder dem schweizer Startup threema, dem gerade die Kryptografie auseinandergefallen ist?

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.