Wochenrückblick KW5Eine stürmische Woche für den Datenschutz

Mit Schneeregen, Diskussionen um Deplatforming, Hasskriminalität auf Telegram und dauergrauem Himmel endet eine weitere netzpolitische Woche. Also warum fangen wir nicht einfach mal mit den guten Nachrichten an? Und für die Pessimist:innen unter uns wird es später auch noch interessant – versprochen!

Überwachung aus der Luft: Die EU subventioniert für ihre Mitgliedsstaaten die Anschaffung von Drohnen – Vereinfachte Pixabay Lizenz Susanne Jutzeler

Kurz nach ihrem 20. Geburtstag beschloss die freie Enzyklopädie Wikipedia einen „Universellen Verhaltenskodex“. Er soll die gemeinnützige Plattform „einladender und inklusiver“ machen. Inwiefern der Kodex umsetzbar ist, lässt sich noch nicht abschätzen.

Apropos Gemeinnützigkeit: Die ist dann in Gefahr, wo kapitalstarke Unternehmen in Marktlücken drängen. In der stark umkämpften Podcast-Welt ringen Tech-Giganten wie Amazon, Apple und Spotify um die Vorherrschaft. Bisher konnte sich noch kein Geschäftsmodell durchsetzen. Dabei sind die Möglichkeiten zur Monetarisierung von Podcasts zahlreich. Und die Hörer:innenzahlen wachsen rasant.

Von Überfliegern, Träumern und gefallenen (B)Engeln

Die EU subventioniert die Überwachung mit Drohnen. Mehr als 300 Millionen sind bereits für die unbemannten Luftfahrzeuge aus den Kassen geflossen. Die Überwachungssysteme sollen gut genug sein, um die genaue Passagieranzahl eines Schlauchboots feststellen zu können. Außerdem kann die ausgefeilte Technik gegen illegale Fischerei, Grenzüberwachung und Verschmutzungen auf See verwendet werden. Auch der Einsatz von ferngesteuerten Patrouillenbooten wird in Aussicht gestellt.

Die Havarie um das gesunkene Twitter-Schiff des ehemaligen Präsidenten der USA wirft nach wie vor politische und rechtliche Fragen auf. Experte Matthias C. Kettemann hat mit netzpolitik.org im NPP221 über Donald Trumps Deplatforming gesprochen und juristische Unterschiede zwischen der EU und ihrem transatlantischen Verbündeten erläutert.

Weniger spannungsgeladen geht es in Deutschland zu. Zumindest, wenn es um den Datenschutz geht. Die Frist für die Umsetzung der europäischen JI-Richtline hat das „Mutterland des Datenschutzes“ um tausend Tage überschritten. Deshalb forderte der Bundesdatenschutzbeauftragte Ulrich Kelber die Bundesregierung in einer Pressemitteilung zu sofortigem Handeln auf.

Technik und Umwelt

Mit gutem Beispiel geht Frankreich in Sachen Nachhaltigkeit voran. Anfang des Jahres hat das Land einen Reparaturindex eingeführt, der elektronische Geräte nach ihrer Reparierbarkeit bewertet. Der „Indice de réparabilité“ soll dabei helfen, Elektroschrott zu vermeiden. Es bleibt zu hoffen, dass die EU-Kommission sich durch das neue Gesetz inspirieren lässt.

Stichwort Nachhaltigkeit: „Klimaschutz durch künstliche Intelligenz“. Künstliche Intelligenz wird gerne als Allheilmittel für Probleme jeder Art angeführt. So haben diverse Institutionen behauptet, dass KI den Klimawandel bremsen könne. Das Gegenteil ist der Fall – KI trägt nachweislich zu Umweltverschmutzung bei.

Unter dem Radar – wenn Gesetze ausgelegt werden

Auf Telegram wird offen zu Gewalt aufgerufen und Hass verbreitet. Die Plattform unternimmt dagegen bisher herzlich wenig. Das Netzwerkdurchsetzungsgesetz, das gegen Hasskriminalität helfen soll, greift dabei auch nicht: Telegram wird nicht als soziales Netzwerk, sondern als Messengerdienst begriffen. Recherchen von netzpolitik.org zeigen auf, wo womöglich versäumt wurde, das bestehende Gesetz so anzuwenden, dass Telegram zum Handeln gezwungen ist.

Einige Debatten gab es in dieser Woche über die Urheberrechtsreform. Erst wurde das Gesetz vertagt und dann doch beschlossen. Die zunächst vorgebrachten Einwände sieht Julia Rede als Verschleierungstechnik, um von den wirtschaftlichen Interessen der Medienunternehmen und Medieninhaber:innen abzulenken, und die gravierenden Auswirkungen auf die Grundrechte der Nutzer:innen zu vertuschen. Nach beschlossener Sache scheint klar zu sein: Die Angelegenheit ist noch komplexer geworden und die Urheber:innen werden erst nach einiger Zeit erkennen, dass sie instrumentalisiert wurden.

Ein weiteres Gesetz, bei dem vieles zunächst im Dunklen blieb, ist die EU-Richtlinie über die Verwendung von Fluggastdatensätzen. Nach ihr hatte das BKA im letzten Jahr 5.347 Personen ermittelt, die dann Ziel polizeilicher Maßnahmen wurden. Es kam zu vielen falschen Verdächtigungen, tausende Menschen gerieten irrtümlich ins Visier der Behörden. Wie die Fahndungen konkret vonstatten gingen, und was zu weiteren Schritten führte, erklärt das BKA nun zum ersten Mal.

Was uns betrifft…

…ging das Jahr gut los. Oder wie war das gleich mit dem Eigenlob? Egal. Chris Köver und Markus Reuter haben für ihre weltweit beachteten Recherchen zur Social-Media-Plattform TikTok den Journalistenpreis Informatik erhalten. Die beiden Redakteur:innen von netzpolitik.org legten ausgrenzende Praktiken von Moderation und Informationskontrolle des chinesischen Konzerns offen. Und was sagte die Jury dazu?

Für die Jury zeigt der Artikel, dass fundiert recherchierte Beiträge, die Missstände offensiv anprangern, die Gesellschaft verändern können.

Der aufregendste Monat des Jahres? Richtig, Dezember. Vor allem, wenn man sich für Budgetplanung interessiert. Wir haben im Transparenzbericht Dezember 2020 über unsere Ausgaben, Einnahmen, die Gestaltung des neuen Jahres und vieles mehr gesprochen.

Nach der Arbeit kommt das Vergnügen. Passend zum tristen Wetter hat Constanze den Kamin befeuert und die schaurig-schönsten Kommentare von netzpolitik.org vorgetragen. Das war es für heute, für die Kalenderwoche 5 und von uns. Wir wünschen euch ein entspanntes Wochenende.

1 Ergänzungen

  1. Gerade vorbei: Tagesschau24 „Hass ist ihr Hobby“ / Rabiat.
    -> Pseudonymität/Anonymität im Schlussstatement als möglicher Hauptbösewicht bzw. möglicherweise für Lösung hinreichend ausgemacht. Auch schön im Verlauf schon mit Suggestivfrage an Vergessenwer „könnte es nicht sein, dass das Verstecken hinter… Rollen einnehmen…“

    Wo wir gerade beim Ausmachen sind…

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