Deutschland will ein wenig offener werden. Künftig soll sich der Zugang zu Verwaltungsvorschriften und Erlassen verbessern, Daten zu öffentlichen Beschaffungen sollen zentral bereitgestellt werden und die Verwaltung soll ein gemeinsames Entwicklungsportal für freie Software erhalten.
Insgesamt elf Verpflichtungen enthält das Vorhaben, das die Bundesregierung heute beschlossen hat. Sie sind Teil des Dritten Nationalen Aktionsplans 2021-2023 im Rahmen der Open Government Partnership (OGP). Das ist eine internationale Initiative von 78 Staaten, die sich offenes Regierungs- und Verwaltungshandeln zum Ziel gesetzt haben.
Langsame Öffnung
Deutschland ist seit 2016 mit an Bord, die Öffnung gelingt bislang jedoch nur schrittchenweise. Der letzte Aktionsplan konnte zwar einige Fortschritte bei Open Government erreichen, dennoch blieb der Umsetzungsstand der meisten Projekte lediglich „eingeschränkt“, berichtete die Bundesregierung im vergangenen Herbst.
Unabhängig vom OGP verabschiedete die Große Koalition jüngst ein Open-Data- und E-Government-Gesetz. Dieses enthält etwa Vorgaben zur elektronischen Aktenführung und elektronischen Amts- und Verkündungsblättern. Der große Wurf blieb allerdings aus. So sollen zwar Bundesbehörden künftig unbearbeitete, maschinenlesbare Daten der Öffentlichkeit bereitstellen, einen Anspruch darauf gibt es jedoch nicht.
Zentrales Portal
Zumindest könnte der Aktionsplan aber einige der Löcher stopfen. Innerhalb der nächsten zwei Jahre soll etwa ein einheitliches und nutzungsfreundliches Rechtsinformationsportal entstehen. Derzeit sind vom Bund bereitgestellten Rechtsinformationen auf drei Portale verteilt, darunter Gesetze-im-Internet. Künftig sollen die Dokumente an einer Stelle abgerufen werden können, einschließlich umfangreicher Metadaten und auf Wunsch über eine Programmierschnittstelle.
Deutlich einfacher soll auch der Zugang zum Gemeinsamen Ministerialblatt werden, dem amtlichen Publikationsorgan der Bundesregierung. Um an Verordnungen, Richtlinien oder Erlasse zu gelangen, muss man derzeit Bibliotheken bemühen oder bei der richtigen Behörde anklopfen. Bis 2024 sollen die Inhalte weitgehend gebührenfrei und digital erhältlich sein.
Grundsätzlich sieht das OGP eine möglichst enge Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft vor, zu jedem Zwischenschritt lassen sich Stellungnahmen abgeben. Die nächste Gelegenheit dazu wird der Abschlussbericht zum Zweiten Nationalen Aktionsplan sein, ein erster Entwurf des Berichts soll noch im Sommer veröffentlicht werden.
Wenn ich es richtig verstanden habe, geht es hierbei nur um das deutsche Bundesrecht und die Rechtsprechung der deutschen Bundesgerichte. Demnach bliebe es bei der föderalen Zersplitterung, und das Landesrecht bliebe außen vor auf jeweils eigenen Plattformen. Das Kommunalrecht ebenfalls, also die kommunalen Satzungen. Im Gegensatz zu Österreich, wo im Rechtsinformationssystem RIS wirklich alles österreichische Recht unter einer Oberfläche recherchierbar ist. Auch das Europarecht fehlt und bliebe auf EUR-Lex ausgelagert. Gleiches gilt für das Völkerrecht, das eine erhebliche Bedeutung bekommen hat (UN-Kinderrechtskonvention, UN-Behindertenrechtskonvention…). Eine Integration per API in das neue Portal ist offenbar nicht angedacht, oder habe ich das übersehen? Historisch geht diese Zersplitterung übrigens auf das Monopol des Portals Juris zurück, das von einer GmbH vermarktet wird, die der Bund einst gegründet hatte. Diese Geschäftsmodelle sollten gefördert werden. Mittlerweile gibt es zwei Konkurrenten. Nur diese Unternehmen bieten gegen erhebliches Entgelt eine Oberfläche, unter der man alle Daten auf einmal durchsuchen kann. Die Vollversion von Juris kostet fast 2000 Euro pro Jahr. Solange der Zugang zu Bibliotheken eingeschränkt ist, können die meisten Bürger unter anderem auch auf solche Datenbanken nicht frei zugreifen. Wohlgemerkt: Die Unternehmen erwirtschaften einen Großteil ihres Gewinns mit gemeinfreien Texten (Gesetze und Beschlüsse von Gerichten).
Genau, das betrifft alles erst nur mal Bundesrecht. Die Länder stricken ihre eigenen Lösungen, zB. die „Bayern App“.
Eine API (ich habs als „Schnittstelle“ bezeichnet) soll es geben, ich zitiere aus dem Aktionsplan:
Danke für die Ergänzung! – Ggf. wäre für die weitere Arbeit am Thema auch dieser neue Aufsatz von Interesse: Hamann, Hanjo. 2021. Der blinde Fleck der deutschen Rechtswissenschaft – Zur digitalen Verfügbarkeit instanzgerichtlicher Rechtsprechung. JuristenZeitung 76, Nr. 13: 656. doi:10.1628/jz-2021-0225, https://www.mohrsiebeck.com/10.1628/jz-2021-0225