Kein BeobachterstatusChina blockiert Aufnahme von Wikimedia in UN-Organisation für geistiges Eigentum

Seit letztem Jahr ist die Wikipedia in China nicht mehr erreichbar. Diese Woche blockierte das Land auch die Aufnahme der Wikimedia Foundation als Beobachterin bei der Weltorganisation für Geistiges Eigentum der UN.

WIPO Hauptquartier
Hauptquartier der Weltorganisation für Geistiges Eigentum (WIPO) CC-BY-SA 2.0 Ville Oksanen

Wikimedia, die gemeinnützige Organisation hinter der freien Online-Enzyklopädie Wikipedia und deren Schwesterprojekten Wikidata oder Wikivoyage, hat sich einem möglichst freien Zugang zum Weltwissen verschrieben. Von großer Bedeutung für den Erfolg dieser Mission sind die rechtlichen Rahmenbedingungen, allen voran Urheber- und Patentrechte. Diese werden wiederum zum größten Teil auf internationaler Ebene in ihren Grundsätzen ausverhandelt. Regelungen auf Ebene der Europäischen Union und schließlich der Nationalstaaten bewegen sich nur noch in jenem Rahmen, den internationale Verträge vorgeben.

Die UN-Weltorganisation für geistiges Eigentum („World Intellectual Property Organization“, WIPO) mit Sitz in Genf ist hierfür das wichtigste Forum. Neben den Mitgliedsstaaten sind in die Beratungen der WIPO auch über 400 nationale und internationale Organisationen mit Beobachterstatus eingebunden. Mit ihrem Ansinnen, ebenfalls diesen offiziellen Beobachterstatus zu erlangen, ist die Wikimedia Foundation jetzt jedoch am Widerstand Chinas gescheitert.

Keine Unterstützung durch EU-Vertreter

Wie Thiru Balasubramaniam, Vertreter der Organisation Knowledge Ecology International in Genf, dokumentiert, sprach sich China gegen die Zulassung von Wikimedia als WIPO-Beobachter aus. Diese eher ungewöhnliche Vorgehensweise begründete der WIPO-Repräsentant Chinas unter anderem damit, das sich unter den 41 anerkannten Wikimedia-Organisationen eine in Taiwan befinde sowie folgender Befürchtung (meine Übersetzung):

Es gibt Grund zur Annahme, dass diese Stiftung politische Aktivitäten durch ihre Mitgliedsorganisationen verfolgt, die die staatliche Souveränität und territoriale Integrität des Staates unterminieren könnten und die Stiftung erfüllt daher nicht die Voraussetzungen für den Beobachterstatus in dieser Organisation.

In einer ersten Stellungnahme fürchtet Wikimedia, durch diese Blockade von Sitzungen ausgeschlossen zu bleiben, die für Fragen des Zugangs zu digitalem Wissen von entscheidender Bedeutung sein könnten. Während sich die Vertreter der USA und des Vereinigten Königreichs explizit für eine Aufnahme von Wikimedia aussprachen, gab es zumindest keine explizite Unterstützung durch EU-Vertreter in Genf.

Das Verhältnis zwischen China und der Wikimedia Foundation ist nicht erst seit der aktuellen Auseinandersetzung angespannt. Während Wikipedia-Artikel zu bestimmten Themenfeldern schon seit längerem in China blockiert wurden, kam es im Jahr 2019 zu einer Totalsperre sämtlicher Sprachversionen der Wikipedia.

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10 Ergänzungen

  1. 50% Lobbyismus könnte man absägen, in dem man eine Pflicht zur Angabe von Gründen, zuzüglich Transparenz und Veröffentlichung, sowie Begeleitung durch Mechanismen wie Ungültigkeit bei offensichtlichem Schwachsinn ohne Vetorecht einzelner einführt.

    Geben die sich dann 300% mehr Mühe?

  2. Natürlich hat China etwas gegen Wikimedia und natürlich hat Wikimedia etwas gegen China. Chinas Diktatur will nicht nur die Köpfe des eigenen Volks beherrschen, sondern das der ganzen Welt. Es gibt aus meiner Sicht nur eine Option: Vollständiges Decupling. Wir müssen die Internetleitungen zwischen China und dem Rest der Welt kappen. Es kann nicht sein, dass China hier seine Lügen verbreitet und gleichzeitig das freie Internet ausschliesst.

    Und bezüglich der Taiwan-Ausrede: Wir sollten China ganz klar machen, dass die Welt in einem Konflikt auf Seiten von Taiwan steht. Sollte es zu einem militärischen Angriff von China auf Taiwan kommen, müsste das automatisch zu einer Aufheben sämtlicher diplomatischen Beziehungen zu China führen.

    Die Appeasementpolik hat zum Zweiten Weltkrieg geführt. Einen dritten Weltkrieg wird die Menschheit nicht überleben. Deswegen müssen wir jetzt ganz entschieden die chinesischen Aggressionen in Schranken weisen.

    1. Bei Taiwan muss man dann aber vielleicht recht robust rangehen (Atomwaffen). Die KPC nimmt das Thema schon mal recht ernst.

      Problem ist auch, dass die „internationale Politik“ fast nichts zu tun gewillt ist, ohne irgendwie zu übervorteilen.

      Und ist uns Taiwan persönlich wichtiger als die Uigurensituation oder Tibet oder allgemein „Umerziehnungsphantasien“? So von wegen Appeasement.

      Taiwan ohne Festland ergibt auch nicht so viel Sinn, also bin ich gespannt auf das Konzept, oder geht es nur um die Frage, wo und wann China gestoppt wird? Und dann mit Atomwaffen oder wie war das Konzept?

  3. @ Swen

    „ Wir sollten China ganz klar machen, dass die Welt in einem Konflikt auf Seiten von Taiwan steht“

    Das tut sie aber leider nicht. Die Situation ist bestenfalls 50:50. China hat sich überall auf der Welt geschickt eingekauft.

    1. Es würde schon reichen wenn die USA eine konsequente „Ein-China-Politik“ fahren würden, ausschließlich die Republik China (Taiwan) als legitim anerkennen würden, die illegitimen kommunistischen Rebellen auf dem Festland als Terroristen brandmarken, und zu allen Terrorunterstützern sämtliche Beziehungen abbrechen würden. Da würde unsere Europäischen Wendehälse ganz schnell einknicken.

      1. Ja, ne, das geht leider nicht: im Rahmen der konsequenten „Ein-Koenigreich-Politik“ erkennen wir ausschliesslich UK als legitim an und brandmarken die illegimitemen kolonialen Rebellen in Washington als Terroristen, zu denen wir alle Beziehungen abbrechen.

  4. Die Mensche sind schon sehr einseitig geworden, anstatt es distanziert zu betrachten stellen sie sich wenn es gegen China geht schon gern mal an die Seite der USA.

    Von China kann man halten was man will, aber sich an die Seite der USA zu stellen ist jämmerlich gerade die die in vielen bereichen der IT ein Monopol halten,
    sei es mit Intel, Amd, Nvidia, Microsoft, Google etc.

  5. Erschreckend, welche Trumpeltiere hier unterwegs sind:
    China tut gut daran, seine staatliche und territoriale Integrität zu verteidigen.
    Es hat in den letzten 70 Jahren bewiesen, dass es diese auch bei anderen Staaten und
    sogar anderer Wirtschaftsordnung nicht in Frage stellt.

    – Und da gibt es westliche Bullhörner, die mit Atomwaffen unterwegs sind und solche die
    Taiwan mit neuester und aggressivster Militärtechnik versehen.
    China tut gut daran, die Deutungshoheit nicht diesen zu überlassen.

    Solange China nicht das Söderreich Bayern mit modernster Raketentechnik versorgt, um seinen
    Freistaatsstatus über ganz Deutschland zu errichten, gibt es für mich keinen Anlass mich in
    chinesische Angelegenheiten einzumischen.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.