MobilfunkstrategieMit Absichtserklärungen gegen Funklöcher

Mit einer Mobilfunkstrategie will die Bundesregierung endlich Schwung bringen in den schleppenden Mobilfunkausbau. Die meisten heute vorgestellten Punkte sind jedoch bloße Absichtserklärungen. Bis zur wirklich flächendeckenden Mobilfunkversorgung wird noch einige Zeit ins Land ziehen – von 5G ganz zu schweigen.

Irgendwann sollen in Deutschland endlich die vielen Funklöcher verschwinden, wünscht sich die Bundesregierung. – Gemeinfrei-ähnlich freigegeben durch unsplash.com https://unsplash.com/photos/tZlwKpphSGA

Nach unzähligen Mobilfunkgipfeln, 5-Punkte-Plänen und Absichtserklärungen hat die Bundesregierung heute ihre neue Mobilfunkstrategie vorgelegt. Damit soll Deutschland endlich seine Nachzüglerrolle ablegen, Ziel ist eine „zukunftsfähige und flächendeckende Mobilfunkversorgung“.

Gelingen soll dies mit einem Bündel an Maßnahmen, die freilich seit geraumer Zeit bekannt sind. Insbesondere die handfesten Vorschläge ergeben sich aus den Auflagen der Bundesnetzagentur, die an die Nutzungsrechte der Frequenzen des kommenden 5G-Mobilfunkstandards gekoppelt sind.

Aufholbedarf bei 4G

So stellt die Regierung in Aussicht, die Versorgung an Autobahnen und Bundesstraßen zu verbessern, Netzbetreiber zur gemeinsamen Nutzung von Funkmasten anzuregen oder bis Ende 2020 ganze 99 Prozent aller Haushalte mit immerhin 4G zu versorgen.


Allein das ist schon ambitioniert: Laut einer aktuellen Studie der Marktforscher von Open Signal hat sich zwar zuletzt die 4G-Versorgung verbessert, liegt hierzulande aber immer noch bei unter 80 Prozent. Vor allem der ländliche Raum ist weiterhin von Funklöchern durchsetzt, insgesamt liegt Deutschland, zumindest laut Open Signal, hinter Ländern wie Libanon, Vietnam und Senegal.

Der Aufholbedarf ist also enorm – schon allein, weil in erster Linie Haushalte statt Flächen versorgt werden sollen. Bis 2024 fasst die Regierung eine Flächenversorgung von 95 Prozent ins Auge.

Tausende Funkmasten benötigt

Doch selbst das wird ohne tausende neue Funkmasten nicht zu schaffen sein. Zwar können die Netzbetreiber selbst für eine gewisse Entlastung sorgen, indem sie beispielsweise neue oder bestehende Masten mit ihren Wettbewerbern teilen. Erst letzte Woche haben die drei großen Betreiber Deutsche Telekom, Telefónica Deutschland und Vodafone eine Absichtserklärung unterzeichnet, ein tatsächlicher Vertrag soll im nächsten Jahr folgen. Bis zu 6.000 neue Mobilfunkstandorte sollen letztlich koordiniert aufgebaut und genutzt werden.

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Allerdings wird das in jedem Fall dauern: Derzeit dauert der gesamte Prozess, von der Planung bis zur Errichtung einer Sendeanlage, im Schnitt zwei Jahre – eine Ewigkeit. Deshalb will die Bundesregierung auch die Länder und Kommunen in die Pflicht nehmen. „Dies gilt vor allem für die Beschleunigung von Genehmigungsverfahren, die derzeit oft noch viel zu lange dauern und so den Netzausbau verzögern“, heißt es im Strategiepapier.

Aber auch hier gilt: Zunächst müsse geprüft und beraten werden, um „Beschleunigungs- und Vereinfachungspotenziale“ zu ermitteln. Bei der Zeitplanung heißt es bloß lapidar: „Länder“. Dort, wo der Bund Durchgriffsrecht besitzt, wird es nur geringfügig konkreter. So sollen im zweiten Quartal 2020 schnelle Genehmigungsverfahren identifiziert und schließlich als „best-practice-Modelle“ für kommunale Entscheidungsträger zur Verfügung gestellt werden.

Milliardensubventionen und langjährige Kommunikationsinitiative

Auch die angekündigte Mobilfunkinfrastrukturgesellschaft (MIG), die den Ausbau mit rund 1,1 Milliarden Euro bezuschussen soll, wird noch auf sich warten lassen müssen: „Die Gründung der MIG erfolgt, wenn die Voraussetzungen nach §65 BHO erfüllt sind und die qualifizierte Haushaltssperre der Mittel durch den Bundestag aufgehoben wurde.“ Operativ soll die MIG im dritten Quartal 2020 starten, gibt sich die Regierung optimistisch.

Zweifel und Widerstand von Bürgern, die sich gegen neue Masten wehren, soll mit einer mehrjährigen „Kommunikationsinitiative“ aus dem Weg geräumt werden. Angepeilter Start der allermeisten Maßnahmen – etwa der Einberufung eines ressortübergreifenden Runden Tisches zu „Fragen der Akzeptanz des Mobilfunkausbaus und des Strahlenschutzes“ – ist freilich auch hier frühestens das erste Quartal 2020.

Warten auf 5G

Und bevor dies aus dem Blick gerät: Praktisch alle heute präsentierten Maßnahmen beziehen sich auf die längst überfällige Verbesserung des Ist-Zustandes in den deutschen 4G-Netzen. Von 5G ist nur am Rande zu lesen.

Geschuldet ist dies sicherlich auch den Frequenzbereichen, die im Vorjahr versteigert wurden. Sämtliche davon liegen in einem hochfrequenten Bereich und sind damit für eine Flächenversorgung ungeeignet. Die Nutzungsrechte für passende Frequenzen in den Bereichen 700, 800 und 900 MHz werden jedoch erst 2025 beziehungsweise 2033 frei.

In Betracht zieht die Regierung nun eine Frequenzverlängerung, um den Betreibern eine bessere Planung zu erlauben. Geduld wird gefragt sein: „Die Bundesregierung wird die Bundesnetzagentur kurzfristig bitten, mögliche Implikationen einer Frequenzverlängerung auf die Mobilfunkversorgung umfassend zu prüfen und das Ergebnis dieser Prüfung bis Ende 2020 vorzulegen.“

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5 Ergänzungen

  1. Zwei Punkte:

    Nahezu alle Basisstationshardware die jetzt verbaut wird ist bereits 5G fähig, d.h. ein 4G Ausbau jetzt ist gleichzeitig der 5G Ausbau.

    “ Die Nutzungsrechte für passende Frequenzen in den Bereichen 700, 800 und 900 MHz werden jedoch erst 2025 beziehungsweise 2033 frei.“ – Spektrum wird technologieneutral vergeben (seit einiger Zeit) d.h. ein Betreiber der jetzt LTE-900 hat, könnte auf flächig 5G-900 umsteigen.

    1. Danke für den Hinweis, ich habe den Satz angepasst und noch mal ausdrücklich klargestellt, dass sich das auf Open Signal bezieht. An welcher Stelle sich Deutschland genau befindet ist aber Nebensache, die überall vorhandenen Funklöcher düfte wohl niemand in Frage stellen.

      1. Im welchen Flächenland gibt es denn keine Funklöcher?
        Und zahlreiche Funklöcher sind doch staatlich gewollt. Wo eine Bürgerinitiative sich gründet um einen Funkmast zu verhindern, wird kein Mast mehr genehmigt.

        Die Aussage „zumindest laut Open Signal, hinter Ländern wie Libanon, Vietnam und Senegal“ ist immer noch falsch.

        Open Signal vergleicht den Gewinner von 4G Verfügbarkeit in Vietnam https://www.opensignal.com/reports/2019/09/vietnam/mobile-network-experience (Viettel Mobile mit 84,6%) mit der durchschnittlichen 4G Verfügbarkeit von Deutschland 76,9%.
        Aber der niedrige Wert von knapp 77% kommt durch die schlechte 4G Verfügbarkeit von Vodafone und O2 zustande. https://www.opensignal.com/de/reports/2019/11/germany/mobile-network-experience
        Die Telekom bewegt sich hier aber auf einem weit überdurchschnittlichem Niveau. Es hängt also vom Netz ab, ob man in Deutschland überdurchschnittliche Verfügbarkeit hat oder nicht.

  2. Bei der Diskussion über Funklöcher durch fehlende Funkmasten wird ein Aspekt fast immer vergessen: Die Versorgung bei Stromausfall! Auf dem Land, besonders in hügeligen Gebieten, ist oft nur ein Funkmast verfügbar. Bei Stromausfall ist der Funkmast ausser Betrieb, das Telefon ebenso und der Notruf für die Dauer des Stromausfalls nicht erreichbar!
    So geschehen vor Kurzem in unserer Region für 3 Stunden.
    Lt. Bundesnetzagentur sind die Netzbetreiber nicht verpflichtet, die Erreichbarkeit des Notrufs bei Stromausfall sicherzustellen.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.