Netzpolitischer Wochenrückblick KW 31: Neues am Bahnhof Südkreuz und beim Glasfaserausbau

Diese Woche beschäftigten uns der Verfassungsschutz, der die Erlaubnis zum Hacken bekommen soll. Für das Überwachungs-Pilotprojekt Bahnhof Südkreuz gibt es neue Pläne. Auch spannend: die Anschuldigungen, die ein Ausschuss des britischen Parlaments gegenüber Facebook vorgebracht hat. Außerdem wurde ein vielgenutztes Schlupfloch im Netzausbau geschlossen.

– Gemeinfrei-ähnlich freigegeben durch unsplash.com Jairo Alzate

Wenn es nach dem Willen des Innen- und Heimatministeriums geht, soll dem Bundesverfassungsschutz die Erlaubnis zum Hacken erteilt werden. Per Gesetz könnte dem Geheimdienst der Gebrauch von Staatstrojanern ermöglicht werden. Dies bekräftigte ein Staatssekretär von Minister Horst Seehofer in einer Rede, die wir veröffentlichten. Dabei geht es nicht um die zusammengestutzte Schadsoftware, mit der man Gespräche mithören kann, sondern die sogenannte „Online-Durchsuchung“. Mit dieser Spionagesoftware ist es möglich, den gesamten Inhalt von Festplatten und anderen informationstechnischen Geräten zu durchsuchen und auszuleiten.

Nach Ablauf der Testphase zur Gesichtserkennung am Berliner Bahnhof Südkreuz beginnt ein weiteres Pilotprojekt. Dabei liegt der Fokus auf der Erkennung von „auffälligem Verhalten“. Darunter fallen laut Bundesinnenministerium Szenarien wie „Abgestellte Gegenstände“, das „Betreten festgelegter Bereiche“ oder „Personenströme/Ansammlungen“. Solche „Anomalien“ sollen unter Zuhilfenahme „intelligenter Videoanalysesysteme“ automatisiert aufgespürt werden. Das Ganze ist ein Projekt des Bundesministeriums des Inneren, für Bau und Heimat, dem Bundeskriminalamt, der Bundespolizei und der Deutschen Bahn. Zur Verfolgung mutmaßlicher Straftäter ist der Einsatz von „Stillen SMS“ weiterhin rechtmäßig. Dies entschied der Bundesgerichtshof (BGH). Ein Mann hatte dagegen geklagt und argumentiert, dass es für den Einsatz von heimlichen Nachrichten an Mobiltelefone, um deren Standort zu bestimmten, keine Rechtsgrundlage gäbe.

Anmnesty International meldete diese Woche, dass einer ihrer Mitarbeiter Ziel eines Spionageangriffs wurde. Dabei soll die Schadsoftware „Pegasus“ zum Einsatz gekommen sein. Claudio ‚Nex‘ Guarnieri, der auch bei Amnesty International arbeitet, hat die Quellcodes von Schadsoftware, die weltweit gegen Dissidenten eingesetzt wird, in Grafiken und Klänge verwandelt. Die Ergebnisse veröffentlicht er nun zusammen mit Informationen zu den Geschädigten und den Trojanern in der „Gallery of Surveillance“. Nex war nach Eigenauskunft ermüdet von den ständigen technischen Berichten, die wohl eher wenig an der Situation ändern.

Datenschutz und Soziale Netzwerke

Ein Ausschuss des britischen Parlaments hat am Sonntag einen umfassenden Bericht zu Desinformationen und „Fake-News“ veröffentlicht. Die Abgeordneten stellen insbesondere Facebook, Google & Co. an den Pranger und werfen ihnen Intransparenz, mangelnde Kooperation sowie die Verbreitung schädigender und illegaler Inhalte vor. Das habe letztendlich zum Brexit und dem Völkermord an der Rohingya-Minderheit in Myanmar beigetragen und die Grundrechte von Millionen von Bürger*innen verletzt. Das britische Parlament möchte die sozialen Netzwerke in Zukunft stärker regulieren und hierfür bis Ende des Jahres ein Konzept vorlegen.

Beeinflussung wird seit dieser Woche auch dem Auswärtigen Amt vorgeworfen, das die Seite „Rumours about Germany“ verantwortet. Obwohl das Ziel der an Migranten gerichteten Kampagne explizit faktenbasierte Aufklärung und nicht Abschreckung sei, zeigen nun interne Dokumente, dass die strategische Kommunikation sehr wohl darauf abzielt, Personen von der Flucht nach Deutschland abzuhalten beziehungsweise zur Rückkehr zu bewegen. Die ursprünglich als Verschlusssache eingestuften Dokumente sind nach einer Anfrage nach dem Informationsfreiheitsgesetz herausgegeben worden.

Noch weitere Dokumente gelangten diese Woche an die Öffentlichkeit: Laut geleakten Dokumenten, die The Intercept vorliegen, plant Google weiter in den chinesischen Markt zu expandieren. Das Unternehmen will offenbar eine zensierte Version ihrer Suchmaschine für das chinesische Internet anbieten. Regimekritische Inhalte würden also weiterhin gesperrt bleiben. Neu dabei ist, dass Google offenbar bereit ist, sich auf die Seite des Regimes zu stellen, um Zugang zum größten Online-Markt der Welt zu bekommen.

Offene Netze für alle?

Ein neuer Gesetzesentwurf des Bundesverkehrsministeriums sieht Veränderungen beim Glasfaserausbau vor. Diese betreffen insbesondere eine Regelung im DigiNetz-Gesetz, das 2016 zur Beschleunigung des Glasfaser-Ausbaus in Deutschland beschlossen wurde. Das DigiNetz-Gesetz erlaubte es privaten Netzanbietern bei (teil-)öffentlichen Bauvorhaben ihre Glasfaser gleich mitzuverlegen und somit Kosten zu sparen. Das klingt zunächst nicht sehr problematisch, doch auf diese Art und Weise kam es oft zum sogenannten Überbau bereits bestehender oder geplanter Netze, besonders durch die Deutsche Telekom. Eine neue „Unzumutbarkeitsregel“ soll diese Praxis nun verhindern, gerade dann, wenn Open Access Netze von einem Überbau betroffen wären. Dadurch erhofft man sich mehr offene Netze, die alle nutzen können.

Wir wünschen ein schönes Wochenende.

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