EU-Abgeordnete sollen künftig Treffen mit Lobbyisten offenlegen

Ein Ausschuss im EU-Parlament stimmte in einer denkbar knappen Abstimmung für mehr Transparenz. Neue Regeln sollen zeigen, wie oft Politiker die Vertreter von Konzernen hinter verschlossenen Türen treffen. Ob sich tatsächlich etwas ändert, entscheidet das Parlament aber erst im Januar.

– Gemeinfrei-ähnlich freigegeben durch unsplash.com Thomas Drouault

EU-Abgeordnete sollen künftig ihre Treffen mit Lobbyisten melden müssen. Der Ausschuss für konstitutionelle Fragen im Parlament stimmte heute mit denkbar knapper Mehrheit für die Pflicht zur Transparenz. Vor allem konservative Abgeordnete hielten dagegen, berichtete ein anwesender Journalist auf Twitter. Die neuen Spielregeln könnten das europäische Gesetzgebungsverfahren deutlich transparenter machen.

Die endgültige Entscheidung findet am 14. Januar statt. Dann muss sich eine Mehrheit der 751 Abgeordneten im Plenum des EU-Parlaments für die neuen Regeln aussprechen. „Wenn das Plenum zustimmt, wäre das ein Meilenstein für die Demokratie“, sagte Nina Katzemich von LobbyControl. Der Ball liege nun bei der konservativen Fraktion, in der CDU und CSU sitzen. „Fraktionsvorsitzender Manfred Weber muss bei der Abstimmung nächste Woche beweisen, dass seine Rede von Bürgernähe nicht nur eine leere Hülle ist“. Auch die Lobbywächter von Corporate Europe Observatory und Transparency International zeigten sich erfreut.

Bisher nur die Kommission offen

Bisher gilt eine verpflichtende Offenlegung aller Treffen nur für die EU-Kommission. Firmen und Verbände müssen sich in das Transparenzregister eintragen, wenn sie sich mit Vertretern der Kommission treffen. In dem Register ist festgehalten, wer sich wann traf und was der Zweck des Treffens war. Durch Informationsfreiheitsanfragen lässt sich dann zudem in einigen Fällen eine Mitschrift des Gesprächs bekommen. Gänzlich wasserdicht sind die Regeln zwar nicht, wie sich am Beispiel des Ex-Digitalkommissars Günther Oettinger zeigte, aber immerhin erlauben sie einen gewissen Blick hinter die Kulissen.

Solche Transparenz gibt es bisher im EU-Parlament nicht: Firmenvertreter können dort hinter verschlossenen Türen für ihre Interessen werben, ohne dass diese Treffen bekannt werden. Das führt dazu, dass manche Gesetze praktisch von Lobbyisten geschrieben werden – und die Abgeordneten später mit tollen Jobs bei Firmen rechnen können. Lobbywächter warnen seit langem vor dem großen, aber unsichtbaren Einfluss von Lobby-Gruppen auf den Gesetzgebungsprozess.

Die heutige Entscheidung im Ausschuss ist ein Erfolg für den Grünen Sven Giegold. Dieser hatte den entscheidenden Zusatzantrag (Amendment 68) eingebracht, der bald Transparenz verpflichtend machen könnte. „Der legislative Fußabdruck ist ein großer Schritt zu mehr Transparenz im Lobbyismus im Europaparlament“, sagte Giegold.

Spesenabrechnungen bleiben intransparent

Keinen Erfolg hatte hingegen ein Versuch, die Abgeordneten auch zur Offenlegung aller Spesenbelege verpflichtet hätte. Abgeordnete erhalten für ihre Ausgaben eine „allgemeine Kostenvergütung“ in der Höhe von 4.320 Euro monatlich. Sie müssen dafür keinerlei Rechenschaft ablegen. Ein Antrag Giegolds und seines schwedischen Fraktionskollegen Max Andersson hätte vorgeschrieben, dass die Abgeordneten ihre Belege sammeln und abgeben.

Dieser Wunsch nach Transparenz scheiterte jedoch. Durchsetzen konnten sie lediglich eine Kompromissvariante, nach der künftig jeder Abgeordnete über die Parlamentswebseite einfach zeigen kann, ob er seine Belege sammelt und prüfen lässt. Das soll in Zukunft die Abgeordneten dazu ermutigen, ihre Ausgaben zu dokumentieren.

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