Verkehrsministerium will angeblich offene Daten, aber Gesetzentwurf dazu nicht herausgeben

Das Bundeskabinett hat in dieser Woche einen Gesetzentwurf des Verkehrsministeriums beschlossen, nach dem Wetterdaten künftig möglicherweise gebührenfrei veröffentlicht werden sollen. Das soll vor allem der Wirtschaft helfen. Überprüfbar ist die Ankündigung aber nicht: Den Gesetzentwurf dazu will das Ministerium nicht herausgeben.

Verkehrsminister Alexander Dobrindt – Bild: BMVI.de, Lizenz: Creative Commons BY-ND 2.0

Wer ist eigentlich für politische Entwicklungen der Digitalisierung in Deutschland verantwortlich? Darüber streiten sich seit Jahren die drei Regierungsparteien. Sowohl das CDU-geführte Innenministerium als auch das Wirtschaftsministerium von SPD-Chef Gabriel und das CSU-Verkehrsministerium beanspruchen das Digitalressort für sich. Das führt mitunter zu einem Wettbewerb der Ministerien – oft aber nicht um die beste Digital-Politik, sondern um die knackigste Digital-Schlagzeile.

Am Mittwoch etwa verkündete Verkehrsminister Alxeander Dobrindt, er stelle Wetterdaten des Deutschen Wetterdienstes (DWD) künftig „kostenfrei“ für alle interessierten Nutzer bereit. Das Bundeskabinett habe einen entsprechenden Gesetzentwurf aus seinem Haus verabschiedet. Damit öffne das Ministerium „einen einzigartigen Datenschatz“.

Pressestelle hat den Gesetzentwurf nicht, schreibt aber Pressemitteilung dazu

Die Nachrichtenagentur dpa machte aus der Pressemitteilung sogleich einen Artikel, der von vielen Medien verbreitet wurde. In der weiteren Berichterstattung wurde aus der Ankündigung teilweise sogar ein Bekenntnis zu „Open Data“.

Das Problem dabei nur: Keines der Medien hatte tatsächlich Zugriff auf den Gesetzestext. Nicht einmal die Pressestelle des Ministeriums selbst, die die Pressemitteilung verfasste, oder der betroffene Wetterdienst verfügen nach eigenen Angaben über den Gesetzestext. Das Ministerium will ihn auch nicht aus seiner eigenen zuständigen Abteilung DG 22 beschaffen. Auf Anfrage teilte uns die Pressestelle mit:

Der Gesetzentwurf zur Änderung des DWD-Gesetzes ist vom Bundeskabinett beschlossen worden. Damit beginnt das parlamentarische Verfahren. Das Gesetz wird veröffentlicht, sobald es vom Deutschen Bundestag beschlossen worden ist.

Bis der Entwurf in den Bundestagsausschüssen angelangt ist, soll also niemand das Gesetz sehen. Dabei wurden Eckpunkte dazu schon von Minister Dobrindt im Bundestag angekündigt. Und auch einige Lobbyisten durften sich mutmaßlich den Entwurf schon ansehen.

Ist das Gesetz so gut wie angekündigt?

Dass das Ministerium den Entwurf, den es bejubelt, auch der Öffentlichkeit zeigt, wäre aus verschiedenen Gründen angebracht. Es sind nämlich ernsthafte Zweifel angebracht, dass der Gesetzentwurf des Verkehrsministeriums tatsächliche Verbesserungen bringt. Zum einen sind viele Wetterdaten bereits frei verfügbar. Ob weitere Daten veröffentlicht werden müssten, ist unklar. Zum anderen spricht das BMVI davon, die Daten „für alle interessierten Nutzer“ zu öffnen. Das könnte bedeuten, dass für den Zugang zu den Daten zum Beispiel eine Registrierung notwendig ist. Mit einer echten Öffnung der Daten im Sinne der Open Definition hätte das dann nichts mehr zu tun.

Eine sinnvolle Debatte über den Gesetzentwurf ist nicht möglich, solange die Datengrundlage dafür fehlt. Wenn Verkehrsminister Dobrindt also von einem „einzigartigen Datenschatz“ spricht, den er mit den Wetterdaten öffnen will, dann sollte er gleich einen weiteren „einzigartigen Datenschatz“ öffnen: Das Gesetz, auf dem die Öffnung basieren soll.

Deine Spende für digitale Freiheitsrechte

Wir berichten über aktuelle netzpolitische Entwicklungen, decken Skandale auf und stoßen Debatten an. Dabei sind wir vollkommen unabhängig. Denn unser Kampf für digitale Freiheitsrechte finanziert sich zu fast 100 Prozent aus den Spenden unserer Leser:innen.

11 Ergänzungen

    1. Gibt es eine deutsche Demokratie? Man weiß es nicht so genau, weil so vieles geheim ist. Nennen wir es einfach Geheimdemokratie.

      1. Der Bürger braucht die Gesetze nicht zu kennen, er muss diese nur befolgen!
        … hat mir mal eine CDU Abgeordnete gesagt!

  1. Die Wetterdaten waren „frueher“ schon einmal
    frei. In der allerletzten Plenarsitzung der
    Regierung Kohl wurde dann die jetzige
    gesetzliche Regelung getroffen, sozusagen als
    Abschiedsgeschenk… Mein (ehem.) Prof. fuer
    Meteorologie, Prof. Foken, und eigentlich
    alle in der Wissenschaft fanden das unmoeglich.

  2. Zitat:
    „Der Gesetzentwurf zur Änderung des DWD-Gesetzes ist vom Bundeskabinett beschlossen worden. Damit beginnt das parlamentarische Verfahren. Das Gesetz wird veröffentlicht, sobald es vom Deutschen Bundestag beschlossen worden ist.“

    Hat das noch irgend etwas mit Demokratie zu tun, wenn die Öffentlichkeit nicht wissen darf, was da als Gesetz beschlossen werden soll, und sich mit der Veröffentlichung des Gesetzestextes erst nach dessen Beschluss durch den Bundestag abfinden soll?

    Bei welchen Fußballspiel findet dann die Sitzung statt?

  3. Die Darstellung ist missverständlich und die Pressestelle scheint auch nicht so richtig Ahnung zu haben. Das Gesetz wird hier http://dipbt.bundestag.de/ veröffentlicht , wenn die Behandlung im Bundestag beginnt. Bis zum finalen Beschluss braucht es dann noch drei Lesungen, u.U. den Bundesrat, jedenfalls gewöhnlich Monate. Also darin eine Demokratiegefährdung zu vermuten, ist arg übertrieben.

      1. Ich meinte auch eher die anderen Kommentatoren, die wie so oft den Untergang des Abendlandes dämmern sehen.

  4. In der Datenschnittstelle mcloud ist zu sehen, dass nur Mittelwerte, Daten von gestern, vom letzten Jahr etc. frei verfügbar sind.Der eigentliche „Datenschatz“ sind aber aktuelle Wetterdaten.

    Aktuelle Wetterdaten in einer Datenschnittstelle verfügbar zu machen, dazu ist der DWD auch nach dem Gesetzentwurf der Bundesregierung nicht verpflichtet.

    Das geplante Gesetz hat nur einen Zweck: Herrn Dobrindt eine Klatsche vor Gericht zu ersparen. Deshalb soll jetzt schnell das Gesetz geändert werden.

    Der Kabinettsentwurf liegt uns vor.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.