Neuer Fünfjahresplan für die innere Sicherheit befürwortet Anti-Terror-Zentrum bei Europol

Europol-Broschüre zur "Zukunft der Strafverfolgung".
Europol-Broschüre zur „Zukunft der Strafverfolgung“.

Auch die Kommission schlägt mittlerweile die Einrichtung eines „European Counter Terrorism Centre“ (ECTC) vor. Dies berichtet die Tageszeitung Die Welt unter Berufung auf eine Mitteilung namens „Europäische Agenda für Sicherheit“, die von der Kommission morgen veröffentlicht werden soll. Das Papier soll die „wichtigsten Prioritäten und Maßnahmen für den Zeitraum 2015-2020“ beschreiben. Das ECTC wird nur einen von vielen Punkten darstellen: Die Mitteilung der Kommission befasst sich mit der zukünftigen Bekämpfung von „Terrorismus, organisiertem Verbrechen und Cyberkriminalität“. Ähnliche Papiere hatte die EU in der Vergangenheit als Fünfjahrespläne oder als „Strategie der inneren Sicherheit“ veröffentlicht.

Das vorgeschlagene ECTC folgt offensichtlich dem Vorbild amerikanischer „Fusion Centres“ und dem deutschen „Gemeinsamen Terrorismusabwehrzentrum“ (GTAZ) in Berlin-Treptow. Dort arbeiten alle zuständigen Polizei- und Geheimdienstbehörden in themenspezifischen Arbeitsgruppen zusammen. Derartige Analysegruppen existieren auch bei Europol.

Europol will geheimdienstliche Daten verarbeiten

Bisher war ein solches Zentrum lediglich vom Anti-Terrorismusbeauftragten der EU befürwortet worden. Vor einem Monat hatte schließlich Europol selbst für ein ECTC geworben. Die Polizeiagentur will auf diese Weise auch geheimdienstliche Informationen („intelligence data“) speichern und analysieren. Europol will dadurch „zentrale Nachrichtenlücken“ („key intelligence gaps“) schließen.

Nur eine Woche nach dem Europol-Papier hat auch die Justiz-Agentur Eurojust einen offensichtlich abgestimmten, gleichlautenden Vorschlag zur Verarbeitung von „intelligence data“ gemacht. Europol und Eurojust machen sich mit dem neuen Vorschlag den Umstand zunutze, dass es keine einheitliche Definition für den Begriff „intelligence data“ gibt.

Europol will sogar zum „vorrangigen Informationskanal“ für „intelligence data“ werden. Die Daten könnten von Geheimdiensten der Mitgliedstaaten angeliefert werden. In Deutschland wäre dies das Bundesamt für den Verfassungsschutz.

Derzeit darf Europol keine als „Geheim“ oder „Vertraulich“ eingestufte Daten verarbeiten. Das könnte sich laut dem Europol-Papier vom März ändern. Das EU-Anti-Terror-Zentrum soll abgeschottete, abhörsichere Hochsicherheitstrakte erhalten. Dies wäre nötig, um die Anforderungen für die Verarbeitung als vertraulich oder geheim eingestufter Informationen zu erfüllen.

Nationale Staatsschutz-Abteilungen der Polizei fürchten Konkurrenz

Die europäischen Geheimdienste koordinieren sich bislang in der „Counter Terrorism Group“ (CGT). Die Gruppe gehört nicht zur EU. Im Zuge der Bekämpfung „ausländischer Kämpfer“ wird der Informationsaustausch innerhalb der CTG derzeit intensiviert. Der neue Europol-Vorschlag dürfte bei der CTG als Angriff auf die liebgewonnen Geheimdienst-Kompetenzen verstanden werden.

Europol begründet seine Vorschläge mit Aufforderungen des Rates, seine Anstrengungen zum Informationsaustausch unter den Mitgliedstaaten zu verstärken. Derartige Formulierungen waren womöglich gar nicht als Aufforderung zum Aufbau einer geheimdienstlichen Kriminalpolizei gedacht, finden sich aber seit 9/11 in vielen Ratsdokumenten. Auch in den Beschlüssen zur Einrichtung des Schengener Informationssystems, des SWIFT-Abkommens oder Abkommen zum Tausch von Fluggastdaten tauchen Formulierungen zur Verarbeitung von „intelligence data“ auf.

Zahlreiche Mitgliedstaaten sprechen sich gegen den Vorschlag aus. Befürchtet wird der Verlust nationaler Verantwortungsbereiche bei den Staatsschutz-Abteilungen der Polizei. Auch die Bundesregierung lehnt die Einrichtung eines ECTC unter den derzeit vorgeschlagenen Rahmenbedingungen ab.

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2 Ergänzungen

  1. Ich habe Angst vor diesem Plizeistaat ohne Staat (europa). Wir müssen mittlerweile nicht nur an der deutschen Front, sondern auch noch an der „übergeordneten“ europäischen kämpfen. Und dann noch gegen diese durchdrehenden Amis. Wie soll man das schaffen….. da bleibt nur noch Angst vor der Zukunft und den dann wieder stattfindenden Deportationen! Komisch, dagegen habe ich echt wenig Angst vor Terroristen?!!

    1. man kann nicht mal weglaufen. die ganze welt fällt in einen von EDV geprägten faschismus, sehenden Auges. jeder Artikel dieser Rubrik beschreibt nur eine winzigkleine Facette des Panopticons.
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