Memes im Alltag: Pofalla beendet Dinge

In unserer Reihe “Memes im Alltag” präsentieren wir euch im März regelmäßig Memes – neue und alte, interessante und obskure, mal (netz-)politisch, mal quatschig. Zum Anfang wollen wir den Bundestagswahlkampf Revue passieren lassen und euch einige (deutschsprachige) Memes vorstellen, die uns die letzten Wochen vor der Wiederwahl Merkels versüßt haben – oder eben auch nicht.

( Aus kommentarpolitischen Gründen wird von mir ab sofort die englische Pluralform „Memes“ verwendet. ;-) )

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CC BY 2.0 – PM Cheung

Gar nicht versüßt hatte uns in den letzten Monaten seine Eminenz aus dem ehemaligen Herzogtum Kleve, Ronald Pofalla. In seiner Funktion als Kanzlerinnenamtschef demonstrierte er nicht nur ein eher diskussionswürdiges Konfliktlösungsverhalten („Ich kann deine Fresse nicht mehr sehen!“), sondern auch geballte Sachkompetenz bei der Aufklärung der Snowden-Affäre. Die musste er als Verantwortlicher für die Geheimdienstkoordination und den Bundesnachrichtendienst auch vorweisen.

Und wie er durchgriff! Pofalla schaffte Mitte August 2013 sofort Klarheit: Es sei nie zu millionenfachen Grundrechtverletzungen und Geheimdienstaktivitäten der USA in Deutschland gekommen, die ganzen Vorwürfe sind unbegründet und überhaupt, die Affäre ist beendet und er hat es ja sogar schriftlich. Supergeil!

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Angesichts dieser unmenschlich anmutenden Leistung, den größten Überwachungsskandal der Geschichte mir nichts, dir nichts beenden zu können, verneigte sich das Internet selbstverständlich vor dem großen Beender aller Dinge, Pofalla. Schon gleich wurden ihm weitere Fähigkeiten zugesprochen: Die Bauarbeiten am Pannenflughafen BER könne er beenden, das iranische Atomprogramm, schlechtes Wetter und die Schnappschildkröte Lotti waren für Pofalla auch nur Peanuts.

Das zuständige Blog pofallabeendetdinge.de wurde nicht einmal eine Woche lang bespielt, die Redewendung fand aber sowohl Anklang im den großen Zeitungen wie auch unter Aktivistinnen. Pofalla verkörperte die verschiedenen Akte des NSA-Trauerspiels gekonnt: Die Haltung: „Es gibt keine Affäre und ich weiß gar nicht wieso ihr alle so aufgebracht seid!„, das realitätsferne Überhöhen des Aufklärungswillens aller Beteiligten und ein heilloses Durcheinander aus (Nicht)-Dementieren, (Nicht-)Ignorieren und (Nicht-)Wissen, wann immer neue Fakten auf dem Tisch lagen – zum Beispiel wenn der Verfassungsschutz nicht wie angegeben 2, sondern 864 Datensätze an den NSA weitergegeben hat. Ähnlich wie die Merkel-Raute ist auch „Pofalla beendet Dinge“ ein dezidiert politisches Meme, welches dem Spott, der Entrüstung und Fassungslosigkeit über das Zuschaustellen geballter politischer Kompetenz ein Äußerungsfeld gegeben hat. 

Ein leidenschaftlicher Aufklärer der Extraklasse: Das war Roland Pofalla. Wir wünschen ihm natürlich alles Gute bei der Deutschen Bahn und hoffen, dass er bald Verspätungen, marode Schienennetze und völlig überdimensionierte Großprojekte mit mindestens der gleichen bewundernswerten Leidenschaft für beendet erklärt, wie er es bei der Herumspioniererei der NSA getan hat!

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Eine Ergänzung

  1. „wegen […] geballter politischer Kompetenz“? Nö, nicht von mir. Schon lange nicht mehr. Sie verkleiden ihr Handeln hinter scheinbar hilflosen Gesten, weil die Inkompetenz tragbarer ist als die böswillige Absicht.

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