Drohnen: EU-Verkehrsminister beraten morgen über mehr Investitionen in „neues Zeitalter der Luftfahrt“

EU-Forschungsprojekt "Demonstration of Satellites enabling the Insertion of RPAS in Europe" (DeSIRE)
EU-Forschungsprojekt „Demonstration of Satellites enabling the Insertion of RPAS in Europe“ (DeSIRE)

Morgen berät der EU-Rat für Verkehr, Telekommunikation und Energie über die Integration von Drohnen in den allgemeinen, von der zivilen Luftfahrt genutzten Luftraum. Auf der Agenda der Minister steht die Beratung eines Kommissionspapiers mit dem Titel „Ein neues Zeitalter der Luftfahrt“. Dabei geht es um zivil genutzte Drohnen, die im EU-Neusprech als „pilotenferngesteuerte Luftfahrtsysteme“ bezeichnet werden (im englischen „Remotely Piloted Aircraft Systems“, RPAS).

Durch eine Öffnung des „Luftverkehrsmarktes“ erhofft sich die Kommission mehr Initiativen für die Nutzung unbemannter Luftfahrtsysteme. Ab 2016 sollen Drohnen schrittweise mit der bemannten Luftfahrt gleichgestellt werden und perspektivisch im nicht reservierten Luftraum fliegen. „Voll automatische“, also nicht ferngesteuerte Luftfahrtsysteme, könnten demnach bis 2050 den Himmel bevölkern. Das gleiche Ziel wird auch in der EU-Initiative „Single European Sky“ verfolgt. In dem zuständigen Komitee sind zivile und militärische Vertreter aller EU-Mitgliedstaaten vertreten. Das deutsche Bundesverteidigungsministerium sitzt dort mit Bundesverkehrsministerium zusammen.

„Wachstum und Arbeitsplätze“ durch Drohnen

Das Papier der EU-Kommission zum „neuen Zeitalter der Luftfahrt“ war bereits im April diesen Jahres veröffentlicht worden. Hintergrund ist vor allem die wirtschaftliche Entwicklung und Förderung der Drohnen-Industrie. Laut der Kommission sei es „unbedingt erforderlich“, den europäischen Markt auf den „aufstrebenden Sektor“ Drohnen vorzubereiten. Dadurch könnten „Wachstum und Arbeitsplätze“ geschaffen werden. Allerdings brauche es dafür einen politischen Rahmen.

Vorgeschlagen werden mehrere Maßnahmen und „konzertierte Bemühungen“ im Bereich Forschung und Entwicklung, aber auch Fragen der Haftung, der Abwehr von Gefahren durch herunterfallende Drohnen und des Datenschutzes. Der Vorschlag war bereits in der Ratsarbeitsgruppe „Luftverkehr“ beraten worden, wo sich die Delegationen der EU-Mitgliedstaaten organisieren. Laut der Kommission sei das Papier dort begrüßt worden.

Die Gruppe unterstützte demnach den Gedanken, dass die heimische Drohnenindustrie einen Wettbewerbsvorteil für die europäische Fertigungs- und Dienstleistungsbranche bieten könne. Dabei geht es wohl vor allem um die Nutzung größerer Drohnen für zivile Behörden. Die EU fördert hierzu die Projekte DeSIRE, Closeye, SUNNY und Aeroceptor, die allesamt bislang militärisch genutzte Drohnen beforschen. Von Interesse ist, wie diese Polizeien und Grenzpolizeien zugänglich gemacht werden. Nach einer Studie des Statewatch-Mitarbeiters Ben Hayes hat die EU bereits mindestens 300 Millionen Euro für die Drohnenforschung ausgegeben, in Deutschland dürfte sich der Betrag in einer ähnlichen Größenordnung bewegen. Nicht alle Zahlen zu Ausgaben für das Militär werden veröffentlicht.

Sollen Drohnen „Teil des ’normalen‘ Luftverkehrs sein“?

Zur Vorbereitung der morgigen Ratstagung waren vom Generalsekretariat des Rates Fragen versandt worden, die allerdings kaum kontrovers sein dürften. Erfragt wird etwa, ob die Mitgliedstaaten die „neuen Technologien“ entwickeln wollen, ohne dabei die Sicherheit zu beeinträchtigen. Drohnen könnten dann „Teil des ’normalen‘ Luftverkehrs sein“. Außerdem ist von Interesse, ob die Minister eine Harmonisierung der europäischen Regeln für erforderlich halten, ohne dass „lokale Entwicklungen gehemmt werden“ und ein großer Regelungsaufwand entstehe.

Gefragt wird aber auch, ob und inwiefern auch besondere Vorschriften über Datenschutz und Gefahrenabwehr ausgearbeitet werden sollen. Die Regelungen in den Mitgliedstaaten sind hierzu nicht einheitlich. Hier könnte etwa gefordert werden, dass bestimmte Orte, Zeiten oder Veranstaltungen nicht von Drohnen überwacht werden dürfen oder eine Überwachung stets vorher mitgeteilt werden muss. Vermutlich geht es aber vielmehr um Fragen des Überflugs privater Grundstücke oder Regelungen, wann und wo Aufnahmen gefertigt werden dürfen.

Was Alexander Dobrindt, der deutsche Minister für Verkehr und digitale Infrastruktur (CSU) morgen dazu vortragen wird ist nicht bekannt. Allerdings hatte ein Staatssekretär des Verkehrsministeriums bereits vor einigen Jahren auf einer Konferenz bekräftigt, dass deutsche Behörden jederzeit Zugriff auf größere Drohnen haben müssten und diese daher an mehreren Standorten verfügbar sein müssten.

„Luftfahrtamt der Bundeswehr“ nimmt Arbeit auf

Für EU-weit einheitliche luftfahrtrechtliche Regelungen ist die Europäische Luftfahrtagentur EASA in Köln zuständig. Dies betrifft jedoch lediglich zivil genutzte Drohnen mit einem Abfluggewicht über 150 Kilogramm. Regularien für militärische Drohnen werden bislang von allen Mitgliedstaaten selbst festgelegt. Nach dem Scheitern der Bundeswehr-Drohne „Euro Hawk“ hatte der damalige Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) jedoch die Einrichtung einer europäischen, militärischen Luftfahrtbehörde gefordert.

Die EU hatte daraufhin angekündigt, Fragen der luftfahrtrechtlichen Zulassung zivil und militärisch genutzter Drohnen zukünftig gemeinsam zu betreiben. Die EU-Verteidigungsagentur und die EASA haben hierfür ein Kooperationsabkommen geschlossen. Ziel ist die Beschleunigung verkehrsrechtlicher Fragen und der gegenseitige Austausch zur Lufttüchtigkeit von Drohnen, dem größten Hindernis bei der Integration in den nicht reservierten Luftraum. Die EASA soll von militärischen Forschungsergebnissen profitieren. Die Verteidigungsagentur prüft außerdem, inwiefern die derzeitigen europäischen militärischen Zulassungsvorschriften (EMAR) die Anforderungen an Drohnen wie gewünscht abdecken.

Auch in Deutschland hatte der Verteidigungsminister die Gründung einer neuen, militärischen Luftfahrtbehörde vorbereitet. Zur „Optimierung des Zulassungswesens“ bemannter und unbemannter Systeme werden nun „alle diesbezüglichen Kompetenzen unter einem Dach“ im „Luftfahrtamt der Bundeswehr“ zusammengeführt. Ein erster „Aufstellungsstab“ hat bereits im April diesen Jahres seine Arbeit aufgenommen, nun werden die „relevanten Verantwortungen und Aufgaben“ aus anderen Organisationsbereichen der Bundeswehr an das Luftfahrtamt vorbereitet.

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