Showdown verzögert sich: Europäisches Parlament stimmt erst Ende Mai über Datenschutzreform ab

Auf ihrer heutigen Pressekonferenz haben die Berichterstatter für die Datenschutzreform Jan Philipp Albrecht (Grüne/EFA) und Sozialdemokrat Dimitrios Droutsas angekündigt, dass der federführende Ausschuss für Bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres (LIBE) erst Ende Mai (voraussichtlich am 29.5) über seine Änderungsanträge zu den beiden Kommissionsvorschlägen abstimmt. Begründet wird das mit der außergewöhnlich hohen Zahl von Änderungsanträgen, die für beide Legislativvorhaben, Datenschutzgrundverordnung (PDF) und Richtlinie für den Polizei- und Justizbereich (PDF), vorgebracht wurden.

Ende Mai solltet ihr euch fett im Kalender markieren. Der LIBE-Ausschuss bestimmt hier die Standpunkte des Europäischen Parlaments zur Datenschutzreform. Mit dieser Position gehen die beiden Berichterstatter dann in die Verhandlungen mit dem Ministerrat und der Kommission. Der Ministerrat ist in Sachen Datenschutzreform Bremser und Verwässerer ohnegleichen. Der Berichterstatter für die Datenschutzrichtlinie für den Polizei- und Justizbereich, Dimitrios Droutsas, benannte auf der Pressekonferenz in diesem Zusammenhang explizit das Vereinigte Königreich. Wenn ihr also Einfluss auf die Zukunft des europäischen Datenschutzes nehmen wollt, müsst ihr das spätestens jetzt – in der Endphase der Parlamentsentscheidung – tun. Da die Änderungsanträge bereits auf dem Tisch liegen, werden die Fraktionen in den kommenden Wochen untereinander Kompromissänderungsanträge aushandeln. Dieses intransparente Verfahren braucht Druck von außen.

Besonders bei der viel diskutierten Datenschutzgrundverordnung wird es darum gehen, aberwitzige Lobbybestrebungen nach der Ausklammerung pseudonymer Daten und Datenverarbeitungen durch kleine und mittlere Unternehmen aus dem Gesetzesvorschlag zu verhindern. Der zuständige Berichterstatter Jan Philipp Albrecht hat hierzu in der Pressekonferenz ein ambivalentes Statement abgegeben: Grundbestimmungen des Datenschutzes sollen immer gelten, jedoch könne er sich vorstellen, Erleichterungen bei den datenschutzrechtlichen Verpflichtungen für die oben genannten Fälle einzuräumen. Hier bewegt sich der Berichterstatter auf einem schmalen Grat. Ein Einknicken gegenüber Lobbywünschen und den diesen wohlgesonnenen konservativen Abgeordneten muss verhindert werden. Die Kernpunkte einer starken Datenschutzverordnung findet ihr in der Broschüre des Digitale Gesellschaft e.V. „Brüssel entscheidet über deine Daten“.

Internetgucktipp: Wer sich den ersten Austausch über die Änderungsanträge im LIBE-Ausschuss ansehen will, kann dies noch bis 17 Uhr im Livestream des Europäischen Parlaments tun. Zu Gast sind Europas oberste Datenschützer Peter Hustinx (European Data Protection Supervisor) und Jakob Kohnstamm (Chairman Article 29 Working Party).

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