Polizeiaufgabengesetz in Thüringen: Landtag beschließt Gesetz trotz aller Kritik

Thüringer Landtag in Erfurt. Bild: Lukas Götz. Lizenz: Creative Commons BY-SA 3.0.
Thüringer Landtag in Erfurt. Bild: Lukas Götz. Lizenz: Creative Commons BY-SA 3.0.

Letzte Woche berichtete Jens Kubieziel über das Polizeiaufgabengesetz in Thüringen mit so tollen Vorschlägen wie Vorratsdatenspeicherung, Staatstrojaner und Abschalten von Kommunikationsnetzen. Gestern hat der Landtag das Gesetz trotz aller Kritik beschlossen. Hier erneut ein Gastbeitrag von Jens Kubieziel.

Das Polizeiaufgabengesetz (PAG) im Freistaat Thüringen sei sehr gut geprüft und gehöre zu den modernsten Regelungen in der Bundesrepublik. Mit diesen oder ähnlichen Argumenten versuchte der Abgeordnete Wolfgang Fiedler (CDU) die Kabinettskollegen im Jahr 2008 zu überzeugen. Damals wurde das Gesetz verabschiedet und vier Jahre später kam die Antwort in Form einer schallenden Ohrfeige vom Verfassungsgerichtshof in Weimar. Auch in der Debatte am 19. September 2013 warb Fiedler mit ähnlichen Argumenten für die Novelle des Gesetzes. Wie schon damals ist auch heute zu erwarten, dass das Gesetz vor dem Verfassungsgerichtshof keinen Bestand haben wird.

In der Debatte im Landtag stellten die Abgeordneten der Opposition die handwerklichen Schwächen des Gesetzes klar heraus. Das ficht die Koalition nicht. Ganz im Gegenteil. Gegenüber dem MDR Thüringen stellte der Abgeordnete Fiedler klar heraus: »Was Hirsch sagt, muss man nicht teilen, und ich teile fast nichts von ihm.« Gemeint war der ehemalige Innenminister Dr. Burkhard Hirsch, der in der Anhörung eine sehr detaillierte Stellungnahme zu den Schwächen des Gesetzes abgab. Nach einer intensiven Beratung mit dem Bund der Kriminalbeamten konnte Fiedler im Plenum stolz von einem Beispiel für die Anwendbarkeit des PAG verkünden. Wenn nämlich am Flughafen Frankfurt ein russischer Staatsbürger landet, an seiner Kleindung Anhaftungen von Sprengstoffen gefunden werden, die Polizei Erkenntnisse zu Verbindungen der Person in Rockermilieu hat und diese Überwachungsmaßnahmen starten will, dann geht das angeblich mit den Mitteln der Strafprozessordnung nicht. Hier fehlte nur noch das Internet als rechtsfreier Raum, um das Bullshit-Bingo zu vervollständigen. Dirk Adams (Grüne) stellte später klar, dass die Maßnahme von der StPO gedeckt ist und sich somit in die Liste ungültiger, konstruierter Beispiele einreiht.

Am Ende der Aussprache wurde das Gesetz angenommen und es scheint, als ob der Verfassungsgerichtshof sich erneut damit beschäftigen muss.

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6 Ergänzungen

  1. man sollte sie alle zum teufel jagen. was das wieder an steuermittel verschwendet. dieser volldepp weiss ganz genau, was für bullshit er rausquarkt, hauptsache die pension ist sicher. dreckspack elendes

  2. Auf in den Polizeistaat!
    Mir war bis heute gar nicht bewusst, dass die Polizei eigentlich nur „niedere“ Staatsdienste zu erledigen hat. Das was die Thüringer da beschlossen haben, geht weit in den Bereich hoheitliche Aufgaben hinein. Fehlt eigentlich nur noch, dass die Polizisten auch gleich die Rechtsprechung übernehmen.

  3. Eigentlich sollte es bei sowas für die „Beteiligten“, die sich ja schon einig waren das durch zu winken, ehe man die Sachverständigen angehört hatte, hohe Strafen hageln, indem Moment wo das Verfassungsgericht die Sache kassiert … leider wird denen garnichts passieren und sie werden vermutlich noch ihre laut ihre Verwunderung darüber kund tun, an was sich das Gericht denn bitte störe …

  4. Vielleicht kann mir hier jemand die Frage beantworten.
    In Bezug auf Kommentar Nr. 4…
    Bei jedem solcher Gesetze, die im Nachhinein vom (Bundes-)Verfassungsgericht gekippt werden, stellt sich mir die Frage:
    Warum agieren die Verabschieder eben solcher Gesetze nicht nach geltendem Recht verfassungswidrig, wenn doch deren Gesetze nicht mit der Verfassung vereinbar sind?

    Mal ganz hart formuliert: So könnte doch die regierende Mehrheit auch z.B. Folter bei Verhören gesetzlich erlauben und bis das Gesetz gekippt wird, darf es praktiziert werden – ist ja geltendes Recht.

    Warum besteht anscheinend keine Möglichkeit etwa die CDU (fiel halt in den letzten Jahren immer wieder auf) einer Prüfung auf den Tatbestand der „verfassungsfeindlichen Organisation“ zu unterziehen, wenn diese doch verfassungsfeindliche Gesetze verabschiedet?

    Ich weiß, das ist vielleicht extrem gedacht, aber bei solchen „Polizeiermächtigungsgesetzen“ stellt sich mir die Frage immer wieder…
    Kann dazu jemand was sagen?

    1. 1. weil die überbezahlten b-beamtentarif entlohnten jusristen in den ministerien null ahnung haben und das GG einfach ignorieren.

      2. weil die politdummies gerne ausflüge nach karlsruhe machen, da gibts geile weinkneipen. die kennen sich dort eh besser aus als die reinemachenfrauen dort, so oft wie sie schon vors BVerG zitiert worden sind.

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