Gerade eben hat das Europäische Parlament bei der Plenarsitzung in Straßburg darüber abgestimmt, was seiner Meinung nach jetzt, wo klar ist, dass die NSA das SWIFT-Netzwerk ausspioniert, mit dem SWIFT-Abkommen über den Transfer von Finanztransaktionsdaten in die USA passieren soll. Die gemeinsame Forderung von Sozialdemokraten, Grünen und Liberalen, das Abkommen auszusetzen und damit die Übermittlung der Daten an die USA zu stoppen, wurde mit 280:254 Stimmen angenommen. Bindend ist die Forderung nicht, es wurde allerdings wiederholt darauf hingewiesen, dass das Parlament in Zukunft ähnliche Abkommen blockieren werde, wenn sich die Kommission der Forderung widersetzt.
Die umgangssprachlich auch
Abkommen zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten von Amerika über die Verarbeitung von Zahlungsverkehrsdaten und deren Übermittlung aus der Europäischen Union an die Vereinigten Staaten von Amerika für die Zwecke des Programms zum Aufspüren der Finanzierung des Terrorismus
genannte Vereinbarung wurde bei der letzten Plenarsitzung vor zwei Wochen diskutiert. Dabei waren die Fronten schon deutlich: Während konservative Politiker wie üblich den Wert der Terrorismusbekämpfung beschworen, waren sich Redner der anderen Fraktionen weitgehend einig, dass die vorliegenden Indizien mindestens eine Aussetzung, wenn nicht gar eine Aufkündigung des Abkommens erfordern.
Der Textvorschlag der Europäischen Volkspartei, der aus Deutschland CDU und CSU sowie aus Österreich die ÖVP angehören, liest sich dementsprechend unter anderem so:
[Das Europäische Parlament,] dankt den entsprechenden Stellen in den USA für ihr Engagement und ihre Zusammenarbeit bei der gemeinsamen Bekämpfung des Terrorismus und des groß angelegten Verbrechens;
Ausserdem wird die Kommission aufgefordert, Maßnahmen zu ergreifen um zu verhindern, dass das Abkommen ab 2015 gefährdet werden könnte.
Im gemeinsamen Vorschlag von Sozialdemokraten, Grünen und Liberalen heisst es dagegen:
[Das Europäische Parlament] fordert angesichts dieser Überlegungen, dass die Kommission das Abkommen vorübergehend aussetzt, bis die folgenden Bedingungen für die Aufnahme von Verhandlungen über seine Wiederinkraftsetzung erfüllt sind:
(a) vollständige und umfassende Klärung des tatsächlichen Sachverhalts im Hinblick auf den nicht genehmigten Zugang zu den durch dieses Abkommen geregelten Finanzdaten durch eine US-amerikanische Regierungsstelle oder eine gleichwertige Stelle außerhalb des Abkommens oder unter Verstoß gegen das Abkommen;
(b) erforderlichenfalls vollständige Entschärfung der Situation;
(c) umfassende Analyse der Umsetzung von Artikel 1, 4, 12, 13, 15 und 16 des Abkommens und Festlegung einer Lösung für eine korrekte Umsetzung, was unter Umständen eine Überarbeitung der betreffenden Artikel zur Folge haben kann;
Die Fraktion der Linken schließlich forderte kurz und schmerzlos
die Kommission auf, unverzüglich die für eine Beendigung des Abkommens notwendigen Schritte einzuleiten
Posse am Rande: Die EVP wollte die Abstimmung unter anderem wegen des Mittagessens und wegen des laufenden LIBE-Untersuchungsausschusses verschieben, der Antrag wurde aber abgelehnt.
Das Abkommen ist auch unabhängig von der NSA-Überwachung hochgradig umstritten. Unter anderem gehen selbst aus den Kontrollberichten der Europäischen Kommission erhebliche Mängel hervor.
UPDATE: Der Text wurde nach Änderungen in einer etwas anderen Fassung angenommen, die Jan Philipp Albrecht (Grüne) veröffentlicht hat.
UPDATE: Innenkomissarin Cecilia Malmström macht in einer Pressemitteilung umgehend klar, dass sie nicht gedenkt, dem Parlament zu folgen. Man warte weiterhin ab, denn weitere schriftliche Zusicherungen der USA, dass nicht gegen das Abkommen verstoßen worden sei, würden sicherlich noch folgen:
We have no indications that the TFTP Agreement has been violated, but we are still waiting for additional written assurances that the Commission has requested from the US. Following the resolution, we will follow up our request for written assurance with the US without delay and keep the European Parliament fully informed. In the meantime, the provisions of the TFTP Agreement that clearly regulate the transfer of personal data, and that provide effective safeguards to protect the fundamental rights of Europeans, will remain in place.
jaja, wers glaubt……
Natürlich haben wir nicht gegen das SWIFT-Abkommen verstoßen Frau Malmström. Woher haben Sie nur solche Verschwörungstheorien?
Da gabs doch mal einen wunderbaren Film.
„Die Maus, die brüllte“
Na, zumindest kann man Censilia nicht vorwerfen, sie hätte keine klare Linie. Der Kampf gegen Bürgerrechte hat bei ihr anscheinend erste Priorität, da werden keine Kompromisse für solche Nebensächlichkeiten wie Entscheidungen des Parlaments gemacht…
Eigentlich sollte man das Konzept des Anonymous Remailers auf Banktransaktionen ausweiten, d.h. man gibt auf einer SSL-gesicherten Webseite eines Dienstleisters eine Reihe von Zielkontos/Verwendungszwecke ein – alternativ schickt man diese Daten per PGP-Mail – und bekommt als Ergebnis eine(!) Transaktionsnummer verschlüsselt zurück. Dann überweist man auf das Konto des Dienstleisters mit Verwendungszweck $Transaktionsnummer die Summe der Beträge zzgl. Bearbeitungsgebühren. Der Dienstleister überweist dann (ggf. mit in der Transaktion vorgegebenen oder zufälligen Verzögerungen) die Beträge an die Zielkontos. Die Zuordnung wird sofort nach Ausführung des Auftrags gelöscht. Bei genügend vielen Transaktionen wird damit technisch das Bankgeheimnis wieder hergestellt.
Gegen Aufpreis werden die Überweisungen über die Cayman Islands umgeroutet.