Neue Rangliste der Pressefreiheit veröffentlicht

Reporter ohne Grenzen hat heute die neue Rangliste der Pressefreiheit veröffentlicht, mit der versucht wird, „den Grad der Freiheit wiederzugeben, die Journalisten und Medien in einzelnen Ländern genießen“ und die Bemühungen der jeweiligen Staaten bewertet werden, unabhängige Berichterstattung sicherzustellen. In der zehnten Ausgabe der jährlich erstellten Liste nehmen Finnland und Norwegen die Spitzenposition ein, Deutschland verbessert sich um einen Rang und landet auf Platz 16, zusammen mit Zypern und Jamaika. Das europäische Schlusslicht ist wenig überraschend Weißrussland, weltweit sind dies Eritrea, Turkmenistan und Nordkorea.

Der Fragebogen, mit dem die Rangliste erstellt wurde, trug der sich weiter wandelnden Medienlandschaft Rechnung und enthielt im Vergleich zur Vorjahresversion mehr und verbesserte Fragen zum Themenkomplex Internet und Neue Medien. Der Katalog lässt nochmals recht einfach Rückschlüsse zu auf Maßnahmen, von denen Politiker die Finger lassen sollten wenn sie Presse- und Meinungsfreiheit nicht gefährden wollen – auch und gerade wenn es um scheinbar Themenfremdes wie Netzneutralität oder Urheberrechtsschutz geht:

  • How do you rate the government’s political will to develop Internet access and the quality of Internet infrastructure?
  • Have the authorities exercised direct or indirect control over Internet service providers or mobile phone operators with the aim of disconnecting the Internet or slowing it down?
  • [Were there cases] of access to websites being blocked by filtering or websites being closed down by the authorities?
  • [Were there cases] of independent websites and or social networks being the target of cyber-attacks or counter-information campaigns?
  • [Were there cases] of the authorities conducting online surveillance or obtaining online personal data?
  • Im Fokus stehen auf Grund der politischen Entwicklungen natürlich insbesondere auch die arabischen Staaten, zu denen es in der Pressemitteilung heißt:

    Ein Schwerpunkt der Gewalt waren die Straßenkämpfe in den arabischen Ländern. Immer stärker rückten dort auch Blogger und Bürgerjournalisten ins Visier der Behörden. Sie füllten Lücken, wo konventionelle Medien zensiert und ausländische Berichterstatter nicht zugelassen wurden.

    Zu Deutschland: In der „Nahaufnahme“ wird das Bundesverfassungsgericht als „Hüter der Pressefreiheit“ gelobt. Aber:

    Trotzdem versucht die Exekutive immer wieder, journalistisches Material zu beschlagnahmen (z. B. durch die Polizei bei den jüngsten Castor-Transporten) und die Herausgabe von journalistischen MobilfunkVerbindungsdaten bei der Strafverfolgung Dritter zu erzwingen. Im Dezember 2010 erklärte das Bundesverfassungsgericht die Durchsuchung eines privaten Radiosenders für verfassungswidrig, der 2003 das Telefonat mit einem Polizeisprecher mitgeschnitten und gesendet hatte.

    Außerdem wird auf den verbesserungswürdigen Informantenschutz hingewiesen, wie auch auf Mängel beim Zugang zu Behördeninformationen:

    Auch die Umsetzung des Rechts auf Zugang zu den Akten öffentlicher Stellen macht nur langsame Fortschritte. Zwar hat das Bundesverwaltungsgericht im November 2011 entschieden, Bundesministerien dürften die Herausgabe von Akten nicht mehr mit der pauschalen Begründung ablehnen, die Unterlagen beträfen die Regierungstätigkeit. Dennoch scheitern journalistische Anträge immer wieder an Ausnahmen in den Informationsfreiheitsgesetzen von Bund und Ländern (z.B. bei öffentlichen Unternehmen oder der Vergabe staatlicher Aufträge) sowie an der langen Verfahrensdauer von Gerichtsprozessen.

    Weiteres Infomaterial zu Methodik und einzelnen Kontinenten findet sich auf dieser Übersichtsseite.

    Deine Spende für digitale Freiheitsrechte

    Wir berichten über aktuelle netzpolitische Entwicklungen, decken Skandale auf und stoßen Debatten an. Dabei sind wir vollkommen unabhängig. Denn unser Kampf für digitale Freiheitsrechte finanziert sich zu fast 100 Prozent aus den Spenden unserer Leser:innen.

    12 Ergänzungen

        1. Etwas konkreter dürfte eine Antwort mE schon ausfallen. Es geht hierbei höchstwahrscheinlich um die palästinensischen Gebiete, die in vielen Rankings separat bewertet werden.

    1. 84 Staaten mit ca. 4,5 Milliarden Bürger auf der Welt haben ein besseres Informationsfreiheitsgesetz als deutsche Bürger im Bund (http://rti-rating.org/results.html).
      Mehr als 115 Staaten (http://right2info.org/laws) mit mehr als 5,5 Milliarden Einwohnern haben entweder Informationsfreiheitsgesetze oder entsprechende Verfassungsbestimmungen. In 5 Bundesländern d. h. der Hälfte der Bevölkerung in Deutschland fehlen generelle (über VIG und UIG hinausgehende) Informationsfreiheitsgesetze.

      Deutschland muss, um zu Europa, der OECD und den BRIC Staaten aufzuschließen, Informationsfreiheitsgesetze in allen Bundesländern verabschieden, das Informationsfreiheitsgesetz des Bundes verbessern, Nebentätigkeiten der Abgeordneten transparenter machen und die Konventionen gegen Korruption des Europarates und der Vereinten Nationen ratifizieren sowie Transparenz der Parteienfinanzierung verbessern (Siehe NIS Forderungen 2, 3, 4, 8, 34, 35 und 52 ff. für eine integere Republik von Transparency Deutschland http://home.broadpark.no/~wkeim/if-ngo.htm).

    Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.