Gefahr von Abmahnungen für Facebook-Pinnwand nimmt zu

Nachdem im Februar ein Rechtsanwalt im Gespräch mit Spiegel Online die „durchschnittliche Facebook-Pinnwand eines 16-Jährigen“ mit einem Abmahnwert von 10.000 Euro taxiert hatte, berichtet nunmehr eine Anwaltskanzlei von einer ersten Abmahnung für ein Bild an der Pinwand, das von einer fremden Person dorthin gepinnt worden ist („Sie ist da: Die erste Facebook-Abmahnung wegen eines fremden Fotos an der Pinnwand“):

Die Abmahnung wäre nichts besonderes, wenn es sich dabei um ein Foto handelte, welches der Abgemahnte selbst auf seine Facebookpräsenz hochgeladen hätte. Dass die Verwendung fremden Bildmaterials verboten ist, sollte sich mittlerweile herumgesprochen haben. […] Darum geht es aber nicht. Die Besonderheit des Falles besteht darin, dass das betreffende Lichtbild von einem Dritten auf die Pinnwand unseres Mandanten hochgeladen wurde. Dieser kann naturgemäß gar nicht überprüfen, ob derjenige auch Rechteinhaber ist, der es auf der Pinnwand postet.

Die Gefahr einer Abmahnung droht aber nicht nur wenn Dritte Bilder auf die Pinnwand posten, sondern auch dann, wenn ein Bild automatisiert durch Facebook gemeinsam mit einem geteilten Link eingebettet wird oder bei der Nutzung neuer Services wie Pinterest (vgl. „Neue Urheberrechtskonflikte am Horizont?“). Strenggenommen wäre auch hier trotz direkter Verlinkung eine Genehmigung für die Übernahme des Bildes erforderlich – der Urheberrechtsverstoß ist also in die Funktionsweise der Dienste quasi eingebaut.

Um hier digitales Alltagshandeln in sozialen Netzwerken mit dem Urheberrecht zu versöhnen, wäre eine Kombination von zwei Maßnahmen erforderlich. Einerseits bräuchte es eine Flexiblisierung urheberrechtlicher Ausnahmeregelungen („Schranken“) wie sie derzeit in den Niederlanden angedacht wird und andererseits eine wirksame(re) Beschränkung von Abmahnungen als Geschäftsmodell, wie sie die Verbraucherzentralen seit längerem fordern.

30 Ergänzungen

  1. Wann kommt wohl der Moment, ab dem sich die „Netzpolitiker“ einfach mit Popcorn zurücklehnen und den Kampf „facebook-Mob vs. Urheberrecht“ samt Untergang des letzteren verfolgen, statt ständig neue konstruktive Vorschläge anzubieten?

  2. Jemand muss blechen, weil er/sie ein geschütztes Werk an die Pinnwand gepappt bekommt?
    Ist das jetzt ein neuer Trick von FB, um sicher zu stellen, daß man auch wirklich ununterbrochen eingeloggt bleibt – um es ja nicht zu verpassen, wenn man von irgend einem Idioten irgend ein geschütztes Werk untergejubelt bekommt ?
    Das ist sowas von daneben und auch fern des Rechtsempfindens der Masse der Leute.
    Wie war das noch mit dem „Gerechtigkeits- und Anstandsgefühl aller moralisch, billig und gerecht Denkenden“ in unserer Gesellschaft?

  3. Man sollte denen danken, die dem Inkriminierten Gelegenheit gegeben haben zu zeigen, daß das Warnmodell funktionieren kann. Er wurde auf die Verwendung eines fremden Fotos auf seiner Facebook-Pinnwand aufmerksam gemacht, welches urheberrechtlich geschützt ist. Man darf zuversichtlich sein, daß das Foto entfernt werden wird. Also: Das Warnmodell funktioniert.

    Alternativ steht es dem Straftäter selbstverständlich zu, die Urheberrechte an dem Fotos, nach Ableistung seiner Schuld, käuflich zu erwerben. Damit setzte er zudem einen Warnhinweis seinerseits für all diejenigen, welche die Absicht haben, das Foto im Rahmen ihrer Berichterstattung anderweitig verwenden zu wollen.

    1. Er kann nur Nutzungsrechte erwerben keine Urheberrechte. §29 UrhG, Aber ich denke , dass das sowieso gemeint war. Ich denke das ein Warnmodell wesentlich sinnvoller ist als gleich mit einer Abmahnung ins Haus zu stürmen.

  4. Also ich werd mich jetzt mal ganz schnell löschen und davor noch meine Pinnwand aufräumen, wie man ja bereits weiss behält Facebook die Daten..

  5. Ganz ruhig, keine Panik: All dies ist nichts Besonderes. Erstaunlich ist bloß, dass es so lange gedauert hat, bis die erste Abmahnung bekannt wurde.

    Wenn man sein FB-Profil so einstellt, dass „Fremde Fotos dranpappen“ können, haftet man ggf. als Störer für die öffentliche Zugänglichmachung urheberrechtlich geschützter Werke. Dies bedeutet aber nicht, dass man reflexartig ab dem „Dranpappen“ haftet. Man müsste zunächst von der Rechtsverletzung in Kenntnis gesetzt werden, und wenn man nicht nach Inkenntnissetzung entfernt, haftet man. Ich sehe das als relativ unproblematisch an.

    Man kann auch FB von vornherein so einstellen, dass nicht jeder „Fremde Fotos dranpappen“ kann. Dann hat man auch keine Prüfungspflichten.

    1. Niemand braucht Facebook, alle wollen es,
      und NIEMAND liest die AGBs :D

      Facebook ist zwar geistiger Eigentümer deiner Inhalte,
      allerdings bist DU die haftende Rechtsperson für diese.
      Steht alles in den AGBs (Die Haftung für Inhalte die mit dir in Verbindung stehen kam erst in der letzten Änderung dazu,
      sowie ein „Stilles AGB-ändern“ dass ein wenig an das Ermächtigungsgesetz erinnert ^^

      „Wer lesen kann ist klar im Vorteil.“
      Seit Facebook hat der Spruch eine neue Bedeutung.

  6. Das ist alles so undurchsichtig und lange vorbei an irgendetwas Sinnvollem, daß es mir schlecht werden könnte.
    Wir brauchen ein gerechtes System und kein Flickwerk nehr…

  7. Ich denke es gibt eine relativ einfache – und sowieso empfehlenswerte – Lösung, um solche Probleme zu vermeiden. Stellt man sein Facebook-Profil nämlich so ein, dass nur Freunde es in voller Pracht sehen können, sollte das Tatbestandsmerkmal der „öffentlichen Zugänglichmachung“ von vornherein wegfallen, da der Betrachterkreis in einer persönlichen Beziehung zueinander steht. Wer sein Profil hingegen öffentlich zugänglich macht, macht natürlich auch die womöglich urheberrechtlich geschützten Inhalte der Öffentlichkeit zugänglich.

    Zum Vergleich: Ob ich das Foto eines Kunstwerks auf meiner Geburtstagsparty meinen Freunden zeige oder es in der Nachbarschaft an alle Laternen hänge wird urheberrechtlich wohl unterschiedlich zu beurteilen sein.

    Also ab in die Facebook-Einstellungen und die Profilsichtbarkeit einstellen.

  8. Man sollte nicht vergessen, dass es primär ja immer erstmal um den Verletzer geht. Das wäre ja in diesem Fall erstmal derjenige, der das Bild hochläd. Ich glaub es wäre schon etwas arg weit gefasst, wenn man mit seiner Facebook Pinnwand auf einmal als Teledienstleister auftritt.

    Auf den Richter bin ich mal gespannt, der das Urteil zu so einem Fall spricht.

  9. Alles schreit danach, dass wir in Deutschland dringend eine Fair-Use Regelung brauchen, wie in den USA/NL.

    Dass bislang so wenige Klagen seitens vermeintlicher kommerzieller Rechteinhaber kommen, scheint darauf hin zu deuten, dass diese eine solche Regelung fürchten und daher sicherheitshalber das Thema bislang aus der Öffentlichkeit raushalten. Problematiken, dass die Server von facebook im Ausland stehen (Belangbarkeit nur schwer abzuklären) und ggf. User auch dort zu finden sind, mal ganz außen vorgelassen.

    Nun ist es auch interessant, dass die Anwälte der Sendung im WDR (http://www.lhr-law.de/lbr-blog/urheberrecht/sie-ist-da-die-erste-facebook-abmahnung-wegen-eines-fremden-fotos-an-der-pinnwand) direkt die Möglichkeit geben, den Artikel online weiter zu empfehlen bei Facebook, Twitter, Google+. Ein Schelm macht daraus ein böses Geschäftsmodell, indem man die Leute nach erfolgreicher Weiterempfehlung dann versucht wg. Urheberrechtsverstößen zu belangen. Bleibt noch die Frage, ob die Einrichtung dieser Möglichkeit zum Weiterempfehlen als konkludente (also implizite abgegebene Willenserklärung) Zustimmung zur online-Veröffentlichung? Wenn man das Argument allerdings weiter spinnt, müsste dieses Argument doch auch für jeden online per Link erreichbaren Content gelten…
    Das aktuelle Urheberrecht ist aus Internet Sicht ein Graus. Lasst es uns ändern!

  10. FB wird noch nicht Abgemahnt weil deren Anwählte sich bis ins Koma lachen würden und der klagende Anwalt wegen Körperversetzung belangt werden könnte :-) (nur noch so ein absurder Gedanke).

    Nein in Wahrheit ist es einfach so das FB natürlich nicht zahlen würde und es auf einen Rechtsstreit raus laufen würde. Da FB aber VIEL Geld zu verlieren hätte würden die so ziemlich alles an Anwählten auffahren was sie haben. Das wiederum heißt der Streit wird teuer für den Kläger und der will doch in Wirklichkeit nur seine Abmahngebühr haben. Ergo hohes Risiko auf wirtschaftlichen Verlust bei geringem Schaden für einen mutmaßlich Geschädigten führt da zu das man besser nicht Klagt.

  11. So „Dumm“ es sich vielleicht Anhört eine große Abmahnwelle auf Facebook , wäre sicher nicht schlecht für die urheberrechts Gegner.
    Je mehr dort Abgemahnt werden umso größer die mediale Aufmerksamkeit und negativer das Image von Facebook , Abmahnungen, der urheberrechts-Industrie usw.
    Dadurch steigt nur der Druck auf die Politik ;-)

    1. Ich glaube, das ist eine Wunschvorstellung. Abmahnung wegen Fotos und Musik sind doch nun schon seit Jahren ein Thema, vom MDR-Escher bis zum Sat-Akte-Meyer. Die Krux ist doch, dass das Bewusstsein der Politiker völlig abgekoppelt vom Bewusstsein der Öffentlichkeit ist. Da wird sich in naher Zukunft genau so viel ändern, wie in der Vergangenheit: fast nichts, und nie zum Vorteil. Flickschusterei vom Feinsten, damit die ganze Rechtsanwaltsbaggage ihre Pfründe sichert. Um nachhaltige Änderungen zu garantieren müsste man zuerst einmal dafür sorgen, dass diese ganzen Leute aus der Legislative verschwinden. Um Gesetze zu entwerfen braucht es nämlich keinen juristischen Sachverstand, sondern zuallerst gesunden Menschenverstand. Und genau den haben Juristen nicht.

      1. Vielleicht eine „Wunschvorstellung“ , aber wenn es tausende teilweise „gut Betuchter“ auf Facebook trifft hat das eine andere mediale „Dimension“ als kleine Blogger , Filesharer oder Ebay Abmahnungen.
        Zumal es den künftigen „Börsenstar“ und seine Aktionäre sicher nicht gefällt Umsatzeinbußen oder ein Negativ Image deshalb zu bekommen.
        So könnte die Diskussion um ACTA oder SOPA plotzlich von unerwarter Seite Nahrung bekommen. Wenn es um richtig „Profit“ wie bei Facebook dabei geht ist auch kein Urheberrecht mehr Heilig … Wetten?

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.