Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Bundesdatenschutzgesetzes

Der „Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Bundesdatenschutzgesetzes“ ist die aktuelle Version des Referententwurfs aus dem Bundesinnenministerium, die derzeit innerhalb der Grossen Koalition und in wenigen Medien diskutiert wird. Zur Förderung der Transparenz und einer gesellschaftlichen Debatte über die Modernisierung unseres Bundesdatenschutzrechtes veröffentlichen wir mal den aktuellen Entwurf.

Da stehen einige interessante Dinge drin. Die reinen Änderungen des Bundesdatenschutzgesetzes belaufen sich mal auf gerade fünf Seiten Text. Einer der Schweprunkte ist Scoring. Hier würde mich mal die Meinung der mitlesenden Juristen interessieren, wie die einzelnen Punkte zu bewerten sind. Es gibt zwar einige Auskunftsrechte mehr, aber werden diese in der Realität funktionieren und sind diese auch wirkungsvolle Verbraucherrechte?

Update: Danke an Kai für eine erste ausführliche juristische Bewertung in den Kommentaren.

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7 Ergänzungen

  1. Neuregelungen BDSG-Entwurfes aus Verbraucherschutz-Sicht:

    § 28a I:
    Also die Neueinführung des § 28a bringt praktisch keine Verbesserung, da sie lediglich eine umstrittene juristische Frage klärt, inwieweit über unbestrittene aber noch nicht „abgeurteilte“ Forderungen Daten erhoben werden dürfen. Die Voraussetzungen sind die gleichen wie sonst auch. (§ 28)

    § 28a II:
    Nach dieser Regelung, dürfen Banken etc. bei der Einholung eines Kreditangebotes / der Bonitätsprüfung, keinerlei Daten über den potentiellen Kreditnehmer übermitteln, auch nicht wenn dieser „einwilligt“. Bislang war die Praxis, dass jede Bonitätsprüfung für die Ermittlung eines konkreten Kreditangebotes den Score-Wert quasi verschlechtert hat, da dies vermerkt wurde. Wenn sich also jemand bei mehreren Banken verschiedene Angebote einholen wollte, war dies tödlich für seinen Score-Wert, der dann immer schlechter wurde. Warum hierzu eine Gesetzesänderung notwendig war, ist mir schleierhaft. Selbst die Banken wissen, dass es Schwachsinn ist die Kreditwürdigkeit eines „preisbewußten Kunden“ herabzusetzen…..

    § 28a III
    Die dieser Norm zugrunde liegende Praxis scheint wohl die negative Score-Bewertung bei einer Selbstauskunft zu sein. Wobei die Schufa von dieser Praxis bereits seit längerem abgerückt ist.

    § 28b
    Dem bislang -ohne Rechtsgrundlage- praktizierten und auch (zu Recht) kritisierten rein statistischen Scoring (Alter, Wohnort,…) wird hier lediglich eine gesetzliche Grundlage verpasst. Wegen der weiten Tatbestände dürfte sich nix an der bisherigen Praxis ändern. Einzig die Tatsache, dass der Betroffe beim „Wohnort-Scoring“,hierüber in Kenntnis zu setzen ist, ist neu. (Das bringt diesem auch nix, da er gegen dieses rechtmäßige Scoring nix unternehmen kann)

    geänderter § 34:
    Hier erhält der Betroffene das Recht, Auskunft über das Zustandekommen seines Scoring-Wertes zu verlangen. (Also über die verschiedenen Variablen und deren Gewichtung)
    Eine solche Auskunft kann der Betroffene einmal im Jahr unentgeltlich verlangen. (Weitere können kostenpflichtig sein)
    Der Nutzen dieser Vorschrift ist aus Verbrauchersicht recht überschaubar…..

    Fazit:

    – Die meisten Änderungen haben lediglich redaktionellen oder „klarstellenden“ Charakter. Insbesondere werden diverse Praktiken der Auskunfteien, die bislang in rechtlicher Grauzone vollzogen wurden, nun durch eine gesetzliche Grundlage quasi „legalisiert“.

    – Letztlich bleibt nahezu jede bisherige Datenerhebung erlaubt, wenn ein „berechtigtes Interesse besteht“. Wirtschaftliche Interessen sind in diesem Sinne stets „berechtigt“. In der Privatwirtschaft ist mir eine Datenerhebung aus anderen als wirtschaftlichen Gründen bislang noch nicht begegnet……

    – Es fehlt nach wie vor ein eigener einklagbarer Anspruch auf Datenauskunft bzw. -Korrektur oder -Löschung. Nach wie vor muss man sich bei Verstößen an den Datenschutzbeauftragten wenden, der dann entscheidet ob er im Einzelfall tätig wird und mit welchen Mitteln….

    – Dem hier vorliegenden Entwurf ist ganz deutlich anzusehen, dass die Wirtschaft (Banken, Versicherungen, Unternehmen…) hier ihre Finger im Spiel hatte und dafür gesorgt hat, dass sie keine Abstriche zugunsten der Verbraucherrechte macht und im Übrigen für ihr eigenes Geschäft hierdurch Rechtssicherheit erlangt hat.

    – Die teilweise vertretene Auffassung, dass (insbesondere das statistisch) Scoring mit dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung, und insbesondere mit der Menschenwürde unvereinbar ist, da ein Mensch nicht auf rein statistische Daten reduziert werden darf, hat keinerlei Einfluss auf diesen Entwurf gehabt.

  2. Danke für die ausführliche juristische Einschätzung. Das deckt sich mit meiner Analyse des Entwurfes.

  3. Ergänzung zu Nr. 1: „Es fehlt nach wie vor ein eigener einklagbarer Anspruch auf Datenauskunft bzw. -Korrektur oder -Löschung.“ – das ist nicht korrekt. Die gegenwärtige Regelung gibt den Betroffenen schon heute genau diesen Anspruch, und er ist auch gerichtlich durchsetzbar. Die Möglichkeit der Anrufung des Datenschutzbeauftragten oder der Aufsichtsbehörde steht unabhängig davon daneben.

  4. @ Kai K.: 1) Auskunft, Berichtigung, Löschung gegenüber öffentlichen Stellen: §§ 19, 20 BDSG (bzw. entsprechende LDSG); 2) Auskunft, Berichtigung, Löschung gegenüber nicht-öffentlichen Stellen: §§ 34, 35 BDSG. Besonderheiten im Detail und weitere einzelne Rechte – aber ganz normale Ansprüche und als solche gerichtlich durchsetzbar.

  5. seid ihr denn alle noch ganz dicht habt ihr nichts besseres zu tun als über ein scheiß gesetzesentwurf zu dikutieren ihr solltet euch lieber an ort und stelle beschweren als auf einer internetseite kommentare zu schreiben

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.