Gestern fand im Bundestag die erste Lesung der Richtlinie für die Durchsetzung Geistigen Eigentums (IPRED1) statt. Die Richtlinie sieht zivilrechtliche Werkzeuge zur Bekämpfung von Produktpiraterie vor. Die EU-Richtlinie ist 2004 unter leicht merkwürdigen Umständen entstanden, als die Ehefrau des ehemaligen Universal-Vivendi Chefs zufällig auch Berichterstatterin des EU-Parlaments für diese Richtlinie war. Und dabei unter ihrer Ägide die vormals sinnvolle Bekämpfung von kommerzieller Produktpiraterie auf nicht-kommerzielle Tauschbörsennutzer ausgeweitet wurde. Nun befasst sich der Bundestag mit der Richtlinie und unsere Justizministerin Brigitte Zypries hat alle etwas überrascht, als sie im Regierungsentwurf für die nationale Umsetzung eine Deckelung der Abmahngebühren auf 50 Euro einführte. Dafür kann man sie auch mal loben, zumindest einen Kompromiss gefunden zu haben, der Verbraucherrechte etwas stärkt. Das finden aber nicht alle so.
Stefan Krempl berichtet auf Heise nun von der ersten Lesung, die etwas gespenstisch war: Alle Abgeordnten gaben ihre Redebeiträge in schriftlicher Form ab: Skepsis gegenüber Richtervorbehalt für Auskunftsansprüche bei Urheberrechtsverletzungen. Eine Debatte gabs nicht wirklich. Die von mir in der Datenschutz-Debatte geschätzte Sabine Leutheusser-Schnarrenberger von FDP will lieber harte Strafen für Tauschbörsennutzer. Aber die FDP ist ja auch der grösste Fan von DRM im Bundestag. Und irgendwie haben sie die Verbindung von Bürger- und Verbraucherrechten in der Urheberrechts-Debatte immer noch nicht raus:
„Produktfälschungen, Raubkopien oder illegale Downloads aus dem Internet sind keine Kavaliersdelikte, sondern eine ernsthafte wirtschaftliche Bedrohung“, machte Sabine Leutheusser-Schnarrenberger für die FDP-Fraktion klar. Der Regierung warf sie vor, mit dem Entwurf „ihre eigenen Zielsetzungen aber einmal mehr als bloße Lippenbekenntnisse“ zu entlarven. Mit der Einschränkung von Auskunftsansprüchen auf Urheberrechtsverstöße im gewerbsmäßigen Ausmaß wäre der gesamte Bereich der Tauschbörsen ausgenommen. Das Internet dürfe aber „keine Blackbox sein, die durch unangreifbare Anonymität zu einem Paradies für Rechtsverletzer wird“. Bei allem Einsatz für den Datenschutz müsse zudem noch geklärt werden, ob der Richtervorbehalt erforderlich sei. Die geplante Begrenzung der Anwaltskosten bezeichnete die Liberale als „Irrweg“ und „reinen Populismus“.
Ansonsten gibts noch Norbert Geis, der irgendwie trotz seinen ganzen diskriminierenden Äusserungen immer noch für die Union im Bundestag sitzt. Aber die rechte Flanke muss ja irgendwie gesichert werden. Norbert Geis nutzte diesmal die Chance, sich als Lobbyvertreter der Unterhaltungsindustrie zu profilieren. Das mit dem Richtervorbehalt ist ja unpraktisch, wenn man gerne Tauschbörsennutzer pleite klagen möchte. Und Datenschutz ist im weg.
Sonst gibts noch den Rechtsexperten der SPD-Fraktion, Direk Manzewski. Der findet die 50 Euro für die erste Abmahnung als zu niedrig und fällt seiner eigenen Justizministerin in den Rücken.
Man muss sich mal klarmachen, was das bedeutet: Hier fragt nicht die Staatsanwaltschaft Namen und Adressen zu einer IP-Adresse ab, sondern irgend eine Firma X oder eine Anwaltskanzlei Y oder ein Privatmensch. Da kommt dann ein Brief oder eine Mail an den Provider mit der Behauptung ein Recht an irgendeinem Titel, einer Marke oder einem Patent sei verletzt worden.
Der Provider kennt weder die Firma noch das obskure Werk, und darf jetzt entscheiden: Die Sache einfach durchwinken oder riskieren, verklagt zu werden?
Phantasie haben die Leser hier alle genug, um sich hübsche krimielle Missbrauchsmöglichkeiten für einen solchen Auskunftsanspruch vorzustellen.
Auch wenn man die Intensität der Prüfung solcher Fälle durch Richter wirklich nicht überschätzen sollte, da ist dann wenigstens eine öffentliche Institution, die auf rechtsstaatliche Prinzipien verpflichtet ist und die man für mangelnde Sorgfalt verantwortlich machen kann. Spätestens nach den ersten Missbrauchsfällen kann sich auch die Justiz den Weg des geringsten Widerstands nicht mehr erlauben.
Für die erste Lesung eines Gesetzes werden meistens die Reden zu Protokoll gegeben, es sei denn, die Abgeordneten wünschen eine Aussprache über das Thema. Meist endet die erste Lesung recht fix mit der Überweisung in die beratenden Ausschüsse.
Die Industrie würde gern die erwischten User hart treffen und pleite klagen.
Das bisher aber die wenigsten Promis von Hartz IV gelebt haben, stattdessen in Villen wohnen und Protzkarren haben und dann immer noch jammern, regt mich dermaßen auf… auch die fetten Bosse der Plattenverleger…die jammern doch alle nur weil sie nicht mehr soviel wie früher einsacken und es nicht mehr für die dickste Yacht reicht.
Aber mit dem ganzen Gehetze löse sie nichts, sondern gießen eher Öl ins Feuer.
Ihre raffgierigen Fehler kommen ihnen jetzt zu Recht teuer zu stehen.
Beispiel: Als von VHS auf DVD umgestellt wurde, kosteten DVDs anfangs das doppelte, obwohl die Herstellung einer DVD günstiger und einfacher ist.
Und bei den neuen HD-Medien derselbe Fehler…die Fans/Vorreiter die Ihnen den Weg des Erfolges ebenen zahlen wieder mehr für BluRay oder HD-DVD als für eine DVD…
Aber wer nicht lernen will muss fühlen… es muss alles im Verhältnis bleiben!
Ich habe sehr viele originale DVDs, auch wenn ich manche nur 1 mal geschaut habe, aber die wenigsten habe ich mir als Neuerscheinung gekauft.
Wann kapieren sie endlich das die Preise im Verhältnis zum Nutzen stehen müssen und sich Normalbürger auch mal ohne schlechtes Gewissen, wegen dem noch vorhandenen Hausgeld ne DVD mit nachhause nehmen können?
Wer sagt das Popstars und Schauspieler Millionen im Jahr verdienen müssen? Reichen nich 500000 Euro? Ein Gehalt das die wenigsten von verdienen…stattdessen zahle ich z.B mein kleines Haus 25 Jahre ab. Der Straßenbauarbeiter schafft sicher viel mehr und leistet schwerere Arbeit als diese ganzen Raffgeier, die dann noch jammern… echt zum ausflippen!!!
Was soll denn eigentlich der ganze Mist mit DRM? Stirbt die Kreativität und die Gefühlswelt langsam aus?
Die großen Künstler vergangener Tage haben doch Gedichtet und Musiziert, um sich auszudrücken.
Kein Mozart, Bach oder Tschaikoswki hat sich gedanken gemacht, wie viel Millionen sie mit dem nächsten Stück verdienen müssen, um sich über Wasser zu halten. Goethe oder Schiller haben geschrieben, was sie fühlten oder ausdrücken wollten.
Heute werden doch nur noch ein paar schräge Töne mit moderner Technik begradigt, um den nächsten Erscheinungstermin der neuesten CD halten zu können, die soundso viel einbringen muss, damit sich die Herstellung auch lohnt.
Dass da nicht jeder für den kurzlebigen Saisonmist bezahlen will – nur verständlich.
Dennoch ein richtiges Schnäppchen, wenn man dann für seine 15tausend MP3s aus Tauschbörsen dann eben doch mal 50€ Abmahngebühren hinblättern muss.
Es mag den einen oder anderen Leser jetzt erschrecken, wenn ich zugebe, auch schon mal etwas Musik aus dem Netz bezogen zu haben. Und es ist mir äußerst peinlich, zuzugeben, dass ich mir sogar im Nachhinein die eine oder andere CD gekauft habe, weil mir die Musik gefallen hat und von der ich ohne Tauschbörsen überhaupt nie etwas erfahren hätte.
Habe ich ein Rückgaberecht für diese CDs, wenn ich wegen dem Herunterladen dieser Titel im Vorfeld abgemahnt würde?
Wäre ein interessanter Fall vor Gericht. :-)
Ich denke, dass der Aufwand für die Verfolgung die Industrie mehr kostet, als er nachher einbringt.
Wenn man den Medientausch offiziell erlauben würde, wäre es für Kunden sicherlich kein Problem, offenzulegen, was sie runterladen. Und diese Daten könnten dann sinnvoll genutzt werden, um z.B. die GEMA-Einnahmen gerechter an die Künstler zu verteilen.
Das Prinzip Napster wäre ja auch nicht so schlecht, wenn es nicht so heillos überteuert wäre. Warum soll man für einen Titel im Netz genauso viel zahlen wie auf CD, wenn doch die ganze CD-Produktion und Umwerbung eingespart wird und der Kunde selbst die nötige Hardware aufbringen muss?
Um auf das Thema zurück zu kommen: Warum muss sich überhaupt die Regierung um die Interessen der Wirtschaft kümmern? Sollten unsere Vertreter nicht eigentlich unsere Interessen vertreten? Ich kenne KEINEN Privatanwender, der DRM gefordert hat. Keinen.
In diesem Sinne,
Markus