Remixing Cinema: Matt Hanson von „A Swarm of Angels“

Wir haben ja auch noch den Service der Freien Software Presseagentur, wo wir jeden Dienstag vielen Redaktionen und Journalisten Neuigkeiten aus der Freien Software und Open Source Welt per Newsletter schicken. Heute gabs den 100. Newsletter und wir werden jetzt vermehrt Portraits und Interviews für die FSPA erstellen, die ich dann auch hier für dieses Blog verwerten kann. Hier ist ein Beispiel davon:

Vor ein paar Wochen wurde an dieser Stelle bereits „A Swarm of Angels“ vorgestellt: Das bislang einzigartige Projekt hat sich zum Ziel gesetzt, einen Spielfilm rein mit den Mitteln des Internets, sprich über eine offene Vernetzung zu finanzieren, zu produzieren und fertig zu stellen. Von dem Open-Source-Projekt können Anteile und damit auch ein Mitspracherecht für je 25 britische Pfund erworben werden und das Ergebnis soll hinterher unter einer Creative-Commons-Lizenz zur kreativen Weiterverarbeitung und Remixen veröffentlicht werden. Die Idee stammt vom Briten Matt Hanson, der 1996 das erste Digitalfilmfest der Welt gründete. Mit im Boot sind außerdem Boing Boing-Blogger Cory Doctorow, der Comic-Autor Warren Ellis und Tommy Pallotta, der soeben Richard Linklaters düstere Version von „A Scanner Darkly“ produzierte.

Matt Hanson erklärt der fspa, was er unter „Remixing Cinema“ versteht: Das Filmprojekt „A Swarm of Angels“ will Open Source mit einer filmischen Web 2.0-Initiative verbinden. Anfang des Jahres fiel ihm auf, dass in Hollywood die Produktionsmühlen bedächtig lange arbeiten, bis jedes Script durch die Einsprüche der Studiobosse zerfleddert wird. „Cinema 2.0“ sei anders, sagt er: Das Filmprojekt soll als eigenständiges Produkt über Online-Netzwerke durch eine globale Internet-Filmproduktion zusammen getragen werden. Die vielen fleißigen Beteiligten kommunizieren und operieren hauptsächlich online. Hanson mailte seine Idee an Freunde und hatte bis letzten Monat etwa 100 Leute zusammen, die Anteile zu je 25 britischen Pfund, rund 36 Euro, kauften. Mittlerweile sind es 500 Interessierte, die ersten 1 000 sollen später das Konzept auf robuste Beine stellen. Aber: „Nur ein Kleinteil davon will wirklich selber beim Schreiben mitmachen. Das ist fein, weil ich letztendlich die Kontrolle darüber habe und genug Input und Feedback bekomme“, erklärt Hanson. Die Geschichte des Films mag er noch nicht preisgeben, es soll sich aber um einen Sci-Fi-Thriller handeln.

Matt Hanson hat sich schon jahrelang mit digitalen Filmprojekten auseinander gesetzt. Anfang der 90er noch als Filmjournalist für das englische Hippster-Magazin Dazed&Confused. 1996 gründete er das erste digitale Filmfestival onedotzero in London. 1997 erklärte er „The End of Celluloid“, und dass die digitale Revolution auch die Produktionsmittel verändern würde. „Einerseits geht die Geschichte von Video im Internet zurück zu den Basics. Das musste so sein, technologisch. Deshalb hatte ich immer ein Problem damit, weil es auf die geringsten gemeinsamen Nenner zurückgreift: Pornos und schlechte Schülerwitze. 1996 gab es Web-Clips sowieso nur in Briefmarkengröße auf dem Monitor zu sehen. Also ging ich anders herum und schaute auf die neue Medienkultur.“ Damit war er der erste, der Flash-Animationen im Kino zeigte und zu Kunstfilmen erhob. Sein aktuelles Projekt ist die Konsequenz: „Jetzt mache ich das wieder anders herum. Ich stelle eine große Medienproduktion mit Hilfe des Internets zusammen, um das Ergebnis weiter auf andere Medien zu bringen, sei es auf das Handy oder ins Kino.“ An einer Online-Filmproduktion versuchten sich bereits andere: Die Leipziger VEB Film nennt sich ein „Open Source Film Net Label“, das seit zwei Jahren Filme unter CC produziert und ausschließlich über Online-Spenden finanziert. Im Moment krankt es jedoch nur an den freiwilligen Spenden: Mit 8 000 Euro sind sie in den Miesen und hoffen, ihren zweiten Langfilm bald beenden zu können, ohne das Equipment verkaufen zu müssen.

Matt Hanson gibt sich zum Gelingen seines Open-Source-Films zuversichtlich. Er findet die Zeit reif für derlei Web 2.0-Projekte und bezieht die Spender aktiv in den Schaffensprozess ein: So ist bereits ein Dokumentarfilm über „A Swarm of Angels“ geplant. Die Teilnehmer sollen sich selber bei den Vorbereitungen mit Webcams filmen und hinterher den Drehbericht mittels eines freien Video Sharing Services wie Jumpcut gemeinschaftlich schneiden.

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