Nach dem überraschenden Votum in der ersten Lesung zur Urheberrechtsmodernisierung in Frankreich steht morgen die zweite und entscheidende Abstimmung an. Erwartungsgemäss werden diesmal mehr als die 58 Abgeordneten beim ersten Wahlgang dabei sein. Bei der Futurezone gibt es einen AFP-Artikel zu den aktuellen Entwicklungen: Urheberrechtsdebatte vor dem Showdown.
Auf Druck des französischen Premierministers Dominique de Villepin soll die Gesetzesvorlage nun deutlich entschärft sein. Geldstrafen in Höhe bis 300000 Euro sollen nur bei Filesharing mit kommerziellem Hintergrund drohen.
Weiters wurde das Recht auf Privatkopien von CDs, DVDs und digitalem Content herausgehoben, die Zahl solle bei fünf Kopien liegen. Der neue Vorschlag sieht auch ein „Verbot“ von Kopierschutztechnologien vor. Im vorausgegangenen Entwurf war die Umgehung von Kopierschutzmaßnahmen noch illegal gewesen. Es bliebe jedoch weiterhin nicht erlaubt, das Umgehen des Kopierschutzs kommerziell anzubieten oder Anleitungen dafür zu verbreiten.
Ich bin mir gerade nicht sicher, ob sich ein Fehler in die Agenturmeldung eingeschlichen hat. Denn ein Verbot von Kopierschutztechnologien würde gleichzeitig ein Verbot für DRM bedeuten. Klingt sympathsich, kann aber wohl leider nicht ernst gemeint sein, oder doch?
Einen weiteren Fokus bei den Änderungen gibt es in Fragen der Kompatibilität. Hier scheinen tatsächlich ganz interessante Vorschläge auf dem Tisch zu liegen, wie z.B. dieser:
Eine weitere Anpassung der Vorlage betrifft die Kompatibilität der einzelnen Services und Geräte. Demnach müsse etwa der iTunes Music Store Downloads für alle Musikplayer anbieten, was derzeit nicht der Fall ist. Sollte sich Apple diesem Punkt nicht beugen, könnte der Fall vor dem Kartellrichter landen.
Das würde ganz klar ein Statement für Offene Standards sein und den Druck auf die Hersteller erhöhen, endlich mal konsequent offene Standards, wie beispielsweise MP3 in ihren Online-Stores anzubieten.
Mehr dazu gibt es morgen, ich bin sehr gespannt. Wer noch Artikel zum Showdown in Frankreich findet, bitte in den Kommentaren posten.
7. Dezember 2005: Frankreich plant digitale Katastrophe
22. Dezember 2005: Frankreich und Urheberrecht – Franzosen sind cool!
6. Januar 2006: Chirac äussert sich zum Urheberrecht
Ich hab etwas Hemmungen, denn ich kann mich irren, aber nachdem ich recht ausführlich gesucht habe, kann ich keine aktuellen Hinweise entdecken, dass morgen schon die entscheidende Abstimmung ansteht. Morgen ist lediglich die Weihnachtspause des Parlaments zuende. So wie es aussieht, ist die Entscheidung wohl für den 7. und 8. Februar geplant. Hier eine Reuters-Meldung vom 10. Januar und hier mein Blog-Artikel vom 13. Januar dazu ;) Letzterer auch auf Deutsch.
Der erste Satz zumindest des Reuters-Artikels noch in übersetzt:
„Die Prüfung des Gesetzesentwurfs zum Urheberrecht durch die Abgeordneten, die am 23. Dezember unterbrochen wurde, wird am 7. Februar fortgeführt, so ist aus dem Umfeld des Kulturministers Renaud Donnedieu de Vabres zu hören.“
Die Änderungen am Gesetzesentwurf, die im ORF-Artikel dargestellt werden, scheinen mir allerdings auf jeden Fall korrekt zu sein. Kopierschutzmaßnahmen sollen nach den bisherigen Plänen wirklich verboten werden. Immerhin hat sich Chirac ja auch dafür eingesetzt, dass das Recht auf Privatkopie Bestand hat. Was davon allerdings übrig bleibt, wenn die DRM-Lobby sich einschaltet, bleibt abzuwarten.
> endlich mal konsequent offene Standards, wie
> beispielsweise MP3 in ihren Online-Stores anzubieten
Rest okay, aber das meinst Du nicht so, oder? Zwar wäre eine Abschaffung von Softwarepatenten, weltweit und vollständig, begrüßenswert, aber solang das nicht so ist, sollten wir patentierte Formate nicht als offenen Standard bezeichnen.
Ein offener Standard ist es schon, nur kein freier. Und so sehr ich Ogg/Vorbis und Flac in Online-Stores begrüßen würde, so wenig glaube ich daran, dass das in absehbarer Zeit passieren wird (Flac noch eher als Ogg/Vorbis). Da wäre MP3 schonmal ein Fortschritt. Zumal eben MP3 kein DRM erlaubt und für Abspielsoftware wird auch keine Lizenzgebühr fällig.