Filesharing kann doch legalisiert werden!

In verschiedenen Stellungnahmen zum 2. Korb der Urheberrechtsreform haben wir von privatkopie.net das Bundesjustizministerium immer darauf hingewiesen, dass man mit einer Legalisierung von Filesharing mehr Probleme für Urheber und Verbraucher lösen könnte als man sonst mit DRM und der Kriminalisierung des Kopierens von Kulturgütern schaffen würde. Immer wieder antwortete das Bundesjustizministerium, dass der sogenannte 3-Stufen Test nicht funktionieren würde, d.h. eine p2p-Flatrate nicht mit dem WIPO-Urheberrechtsvertrag und der European Copyright Directive kompatibel wäre.

Allerdings liegt jetzt die erste Studie vor, welche diese Aussage widerlegt. Dank der stiftung bridge und BEUC konnten wir die französische Studie ins englische übersetzen lassen, um sie dem Bundesjustizministerium nochmal als Lesehilfe zugänglich zu machen. Passend dazu gibt es noch einen offenen Brief an Frau Zypries und die Abgeordneten. Ich bin mal gespannt auf die nächsten Begründungen, weshalb eine Contentflatrate (Mir gefällt das Wort besser als „Kulturflatrate“) nicht machbar sein sollte.

Hier ist übrigens die privatkopie.net-Pressemitteilung dazu, die eigentlich erst morgen zur Freigabe gedacht war: Content Flatrate ist machbar! Studie zeigt: Legalisierung von Tauschbörsen ist europarechtlich zulässig

Am heutigen Welttag des geistigen Eigentums übergab die Initiative privatkopie.net gemeinsam mit dem Forum Informatikerinnen für Frieden und gesellschaftliche Verantwortung e.V. (FIfF) ein Rechtsgutachten an Bundesjustizministerin Zypries und an die Abgeordneten des Deutschen Bundestages. Daraus geht hervor, dass eine Content Flatrate mit dem internationalen Urheberrecht vereinbar ist.

Im Rahmen der aktuellen Urheberrechtsreform hatte privatkopie.net vorgeschlagen, das Tauschen von geschützten Werken zu erlauben und pauschal zu vergüten. Die Nutzung von Tauschbörsen lässt sich genauso wenig verbieten wie privates Kopieren. Das Justizministerium behauptet, mit dem von ihm vorgeschlagenen Verbot könnten Urheber gegen das Kopieren aus File-Sharing-Systemen erfolgreich vorgehen. Alle empirischen Belege zeigen dagegen, dass ihre Nutzung weiter zunimmt. Die Urheber gehen leer aus. In ihrem offenen Brief an die Ministerin fordern die zivilgesellschaftlichen Gruppen daher die gleiche Lösung wie beim privaten Kopieren: Erlauben und vergüten, was man nicht verhindern kann.

Dagegen brachte das Justizministerium in seiner Begründung zum Gesetzentwurf vor, dass eine solche Content Flatrate mit dem europäischen Urheberrecht nicht vereinbar sei. Das jetzt in einer englischen Übersetzung vorgelegte französische Rechtsgutachten zeigt das Gegenteil.

In Frankreich hat sich eine breite Allianz von Urhebern, Musikern, Internetnutzern und Verbrauchern zusammengeschlossen, um die Globallizenz zu fordern, wie die Flatrate dort genannt wird. Das Modell sieht vor, dass das ausschließliche Recht des Urhebers im Online-Bereich gewahrt wird, aber nur kollektiv von einer Verwertungsgesellschaft wahrgenommen werden kann. Internet Service Provider bieten ihren Kunden die Wahl: wer urheberrechtliche Werke tauschen möchte, kann eine Lizenz dafür erwerben. Eine Pauschale von fünf bis zehn Euro im Monat wird als angemessene Vergütung angesehen. Wer nicht tauschen möchte, muss auch nicht zahlen. Die Verwertungsgesellschaft schüttet diese Einnahmen an die Rechteinhaber aus. Wer häufiger getauscht wird, erhält eine proportional höhere Auszahlung.

Die Allianz von Künstlern und Öffentlichkeit beauftragte den renommiertesten französischen Urheberrechtsgelehrten Prof. André Lucas von der Universität Nantes zu prüfen, ob eine solche Globallizenz juristisch machbar ist. Ergebnis: nichts im nationalen oder internationalen Recht steht ihr entgegen. Vielmehr hat sich für vergleichbare Sachverhalte eine Verwertungsgesellschaftspflicht bereits als die für alle Beteiligten beste Lösung erwiesen.

Dieses Gutachten hat privatkopie.net mit Unterstützung der Europäischen Verbraucherorganisation BEUC und der Stiftung Bridge ins Englische übersetzen lassen, um es einem breiteren Leserkreis zugänglich zu machen. In ihrem offenen Brief fordern sie die Ministerin und die Abgeordneten auf, die Studie zu prüfen und die Pauschalvergütung fürs Netz in der aktuellen Gesetzgebung zu verwirklichen. „Die Frage lautet also nicht mehr, ob eine Content Flatrate möglich ist, sondern was wir wollen: eine datenschutzfreundliche Pauschalvergütung oder eine hochgradig invasive
Infrastruktur aus Rechtekontrolltechnologie zur privaten Verwaltung vormals öffentlich geregelter Urheberrechte? Freiheit oder digitalen Stacheldraht?“

IM INTERNET

Peer-to-peer File Sharing and Literary and Artistic Property. A Feasibility Study regarding a system of compensation for the exchange of works via the Internet – By Carine Bernault and Audrey Lebois, Institute for Research on Private Law, University of Nantes

Content Flatrate ist machbar! Offener Brief an Bundesjustizministerin Zypries und an die Abgeordneten des Deutschen Bundestages

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