DigitalausschussNeues Spiel, neues Glück?

Der Digitalausschuss des Deutschen Bundestags ist heute zu einer ersten Sitzung zusammengekommen. Inhaltliches stand noch nicht auf der Agenda, stattdessen wurde der Vorsitz gewählt. Außerdem ist nun bekannt, welche Abgeordneten die Digitalpolitik in den kommenden Jahren bestimmen werden.

Viele Spielkarten, die einen Joker zeigen
Die Karten im Digitalausschuss sind neu gemischt. – Gemeinfrei-ähnlich freigegeben durch unsplash.com aceofnet / Unsplash

Die Digitalpolitik im Deutschen Bundestag steht unter neuen Vorzeichen. Zum einen gibt es erstmals ein eigenständiges Digitalministerium. Zum anderen sitzen viele neue Abgeordnete im Parlament und damit auch im Ausschuss für Digitales und Staatsmodernisierung, der heute das erste Mal zusammenkam.

Die insgesamt 30 Ausschussmitglieder werden sich in den kommenden Jahren unterschiedlichen netzpolitischen Themen widmen, darunter der Verwaltungsdigitalisierung, der Stärkung der digitalen Souveränität sowie dem Wunsch nach weiteren Überwachungsmaßnahmen.

Abzuwarten bleibt, ob die Abgeordneten – wie es ihnen ausscheidende Abgeordnete auf den Weg gaben – dabei stärker die Federführung übernehmen, ob sie transparent arbeiten und inwieweit sie die Belange der Zivilgesellschaft berücksichtigen.

Union stellt Vorsitzenden Hansjörg Durz

Im Fokus der heutigen Sitzung stand die Wahl des Ausschussvorsitzenden Hansjörg Durz. Der CSU-Politiker hatte die stellvertretende Leitung bereits in der 19. Legislaturperiode inne. Für die kommende Ausschussarbeit sieht er die Chance für einen „echten Aufbruch für Deutschland“, „für Wirtschaftswachstum und Modernisierung des Staates“.

Neben Durz gehören neun weitere Unionsabgeordnete dem Ausschuss an. In der vergangenen Legislatur waren schon Markus Reichel und Franziska Hoppermann dabei. Reichel widmete sich bislang unter anderem dem Thema digitale Identitäten, Hoppermann der Gesundheit.

Neu hinzugekommen ist Ralph Brinkhaus, der für die Unionsfraktion auch Sprecher für Digitalisierung und Staatsmodernisierung ist. Brinkhaus legt den Fokus weniger auf Digitalisierung als auf Staatsmodernisierung. Langwierige Genehmigungsverfahren und unnötige Antragsformulare „vergiften“ den Alltag der Menschen, betonte Brinkhaus vergangene Woche im Bundestag, daher „ist es gelebte Demokratieförderung, wenn wir an dieser Stelle besser werden“.

Aus der Union sind im Ausschuss außerdem Joachim Ebmeyer, Thomas Pauls, Martin Plum und Marvin Schulz vertreten. In der Fraktion widmet sich neben Brinkhaus auch die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Ronja Kemmer den Themen Digitales und Staatsmodernisierung.

SPD: Vertraute Gesichter für den „modernen Staat“

Die mitregierende SPD entsendet insgesamt sechs Abgeordnete in den Ausschuss. Vier von ihnen – Johannes Schätzl, Parsa Marvi, Matthias Mieves und Carolin Wagner – gehörten dem Digitalausschuss bereits unter der Ampel an.

Johannes Schätzl ist digitalpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion und will unter anderem die digitale Souveränität stärken und den Netzausbau vorantreiben. Er ist Mitglied des Beirates der Bundesnetzagentur und Mobilfunkinfrastrukturgesellschaft.

An Bord ist erstmals auch Daniel Bettermann, der auch neu im Bundestag ist, sowie Maja Wallstein, die allerdings schon seit 2021 im Parlament sitzt. Bettermann ist Politikwissenschaftler und hat bisher als PR- und Kommunikationsberater gearbeitet. Auch er will sich für einen „modernen, digitalen und bürgerfreundlichen Staat“ einsetzen, worunter er „digitale Bürgerdienste und weniger Bürokratie“ versteht.

Bettermann gehört als ständiges Mitglied auch dem Ausschuss für Wirtschaft und Energie an. Maja Wallstein und Carolin Wagner sitzen außerdem als ordentliche Mitglieder im Gesundheitsausschuss und dem Ausschuss für Forschung, Technologie, Raumfahrt und Technikfolgenabschätzung.

Der neue Fraktionsvizevorsitzende Armand Zorn, der bei den Koalitionsverhandlungen für die SPD die Arbeitsgruppe Digitales leitete, ist künftig nur noch stellvertretendes Mitglied im Ausschuss.

Grüne mit Rüstzeug

Komplett neu sind die Vertreter:innen der Grünen im Digitalausschuss.

Rebecca Lenhard ist mit knapp 30 Jahren erstmals in den Bundestag eingezogen und ist auch Fraktionssprecherin für Digitalisierung und Staatsmodernisierung. Zuvor hat die IT-Beraterin unter anderem für das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge Software konzipiert, „die heute jedes Asylverfahren in diesem Land transparenter und effizienter macht“. Neben dem Digitalausschuss gehört Lenhard dem Innen- und dem Wirtschaftsausschuss an, wo sie sich auch für digitale Transformation und Teilhabe einsetzen will.

Ebenfalls neu im Bundestag ist Moritz Heuberger. Der Verwaltungswissenschaftler will die „Staatsmodernisierung jetzt anpacken“. Das Rüstzeug bringt er mit: Seine Doktorarbeit trägt den geschmeidigen Titel „Die Koordination der digitalen Verwaltung – Erläuterung der Koordinationsherausforderungen bei der digitalen Transformation der öffentlichen Verwaltung im föderalen Kontext“. Vor seiner Zeit als Abgeordneter arbeitete Heuberger als Referent im Bundesinnenministerium zum Thema digitale Identitäten. Der Grüne sitzt auch im Finanzausschuss.

Die „Rechtsanwältin für CybersicherheitJeanne Dillschneider gehört zum gleichen Jahrgang wie Lenhard und sitzt auch zum ersten Mal im Bundestag. Sie ist Obfrau der Grünen im Digitalausschuss, ist dort also Hauptansprechpartnerin ihrer Fraktionsführung. Dillschneiders Fokus liegt auf IT-Sicherheit, Datenschutz- und nutzung, E-Health und digitalen Bürgerrechten. Sie vertritt die Grünen außerdem im Verteidigungsausschuss.

Erneut in den Bundestag eingezogen ist Anna Lührmann. Die Politikwissenschaftlerin war in den zurückliegenden Jahren Staatsministerin für Europa und Klima im Auswärtigen Amt. Zuvor wirkte sie unter anderem als Juniorprofessorin und Demokratieforscherin an der Universität Göteborg.

Neues Trio der Linken

Auch bei der Linkspartei sind die Karten gänzlich neu gemischt: Drei junge Abgeordnete, die erstmals in den Bundestag eingezogen sind, nehmen im Digitalausschuss Platz.

Sonja Lemke saß zuvor im Rat der Stadt Dortmund und im Digitalausschuss im Landschaftsverband Westfalen-Lippe. In ihrer Erwiderung auf die Regierungserklärung von Digitalminister Karsten Wildberger sprach sich die Informatikerin vergangene Woche für einen stärkeren Datenschutz und gegen eine Digital-Only-Strategie aus, die gesellschaftliche Teilhabe verhindere.

Die Staatswissenschaftlerin Donata Vogtschmidt ist ebenfalls erstmals in den Bundestag eingezogen. Zuvor gehörte sie dem Thüringer Landtag an. Vogtschmidt sitzt für die Linke als Obfrau im Digitalausschuss. In ihrer ersten Bundestagsrede plädierte sie dafür, sogenannte Künstlicher Intelligenz strenger zu regulieren und Sicherheitslücken zu schließen.

Über die niedersächsische Landesliste ist Anne-Mieke Bremer ins Parlament eingezogen. Davor hat sie als Sozialarbeiterin gearbeitet.

Alle drei sitzen auch im Ausschuss für Forschung, Technologie, Raumfahrt und Technikfolgenabschätzung. Donata Vogtschmidt gehört zudem dem Verteidigungsausschuss an.

Die AfD-Fraktion erhält sieben Sitze im Digitalausschuss, das sind drei mehr als in der vorangegangenen Legislaturperiode.

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