ArbeitszeitdebatteEinfach nur unverschämt

Wir sollten uns diese übergriffige Arbeitszeit- und Faulheitsdebatte nicht aufdrängen lassen. Stattdessen müssen Millionäre und Milliardäre durch die Vermögensteuer endlich wieder verhältnismäßig und angemessen am Gemeinwesen beteiligt werden. Ein Kommentar.

Kupferstich, lauter faule Menschen
So sieht uns die Union. (Symbolbild) – Public Domain Pieter Bruegel der Ältere / Hieronymus Cock

Wir arbeiten alle zu wenig, sagt ein arbeitgebernahes Wirtschaftsinstitut und die Union samt dem Blackrock-Kanzler wird nicht müde zu betonen, dass wir alle fleißiger und effizienter sein sollen. Mit Vier-Tage-Woche und Work-Life-Balance könnten wir angeblich den Wohlstand dieses Landes nicht erhalten, sagt Merz. Man könnte auch übersetzen: „Ihr seid alle zu faul“.

Hintergrund ist, dass die schwarz-rote Koalition den Achtstundentag schleifen und durch eine wöchentliche Höchstarbeitszeit ersetzen will. Das ist ein Angriff auf eine der wichtigsten Errungenschaften der Arbeiter:innenbewegung – schon mehr als 100 Jahre gilt die tägliche Begrenzung der Arbeitszeit in Deutschland. Dabei gibt es heute schon zahlreiche Ausnahmen vom Achtstundentag. Mit dieser nächsten Aufweichung möchte die Union die Türe aufstoßen zur weiteren Deregulierung der Arbeit. Es geht um nicht weniger als die Wegnahme mühsam erkämpfter Rechte.

Doch die Union macht sich mit ihrer unverschämten Arbeitszeit- und Faulheitsdebatte gerade keine Freund:innen. Es brodelt. Über Parteigrenzen hinweg. Zu Recht. Denn seit 1997 ist in Deutschland die Vermögensteuer ausgesetzt, Reiche werden immer reicher, die Ungleichheit wird größer. In Europa ist Deutschland eines der Länder mit der ungleichsten Verteilung der Vermögen. Das kann man ändern, wenn man will.

Wo bleibt eigentlich die Vermögensteuer?

Vielleicht sollten die Reichen und Überreichen erst einmal angemessen und verhältnismäßig zum Wohlstand des Gemeinwesens und damit aller Menschen beitragen, bevor wir uns von den wirtschafts- und reichtumsnahen Lobbyorganisationen und Parteien vorwerfen lassen müssen, dass wir auf der faulen Haut liegen würden.

Über wessen Wohlstand reden wir eigentlich? Vermutlich nicht über den der arbeitenden Leute, die mit der Kinderbetreuung jonglieren, während die Reichen, Überreichen und deutschen Oligarchen weiterhin von der Besteuerung ihrer Vermögen verschont sind und beim Vererben von Unternehmen weitreichende Ausnahmen gelten?

Was ist eigentlich mit der Besteuerung von Automatisierungsgewinnen, die unsere Industrie in den letzten Jahren immer effizienter gemacht hat? Was mit einer arbeitsrechtlichen Regulierung der Künstlichen Intelligenz, die unsere Arbeitnehmerrechte schützt? Wo bleibt eigentlich die Digitalsteuer auf Big-Tech-Konzerne, die hier Milliardengewinne einfahren, aber praktisch keine Steuern zahlen? Diese Liste könnte man ewig weiterführen – und die Rolle der Digitalisierung ist dabei nicht zu unterschätzen.

Eine Ablenkungsdebatte

Nicht nur angesichts der bestehenden Ungleichheit ist es unser gutes Recht, dass wir eine Work-Life-Balance fordern und dass wir uns nicht noch mehr verausgaben, während unsere Mieten in den letzten Jahren unermesslich gestiegen sind und wir Urlaube streichen, damit wir uns das Leben in den Städten noch leisten können.

Die Forderung nach einer höheren Arbeitszeit wird noch unverschämter, wenn man sieht, dass gleichzeitig nichts für eine bessere Kinderbetreuung investiert wird und die sozialen Sicherungssysteme, die uns schützen sollen, wenn wir unsere Arbeit verlieren, nach dem Willen der Union immer weiter runtergeschraubt werden sollen. Gleichzeitig sehen wir, dass wegen der demographischen Entwicklung Arbeitskräfte fehlen, aber niemand mehr einwandern soll, weil die Rechtsradikalen den Diskurs dominieren. Das passt alles nicht zusammen.

Fleiß als Spaltkeil

Fleiß ist eine Kategorie, mit der wir gegeneinander ausgespielt werden sollen. Aber wenn wir schon über Fleiß und Leistung reden, dann können wir auch kontern mit der Frage, wo eigentlich der Fleiß und die Leistung derer ist, die mit ihrem Vermögen spekulieren können? Und wie das mit der Work-Life-Balance so ist, wenn man den deutschen Staat mit Cum-Ex- und Cum-Cum-Geschäften um dutzende Steuermilliarden betrügt? Die gleichen Leute malen übrigens Horrorszenarien an die Wand, dass ein, zwei oder drei Prozent jährliche Vermögensteuer gefährlich für Deutschland sein sollen.

Wir sollten uns wirklich nicht auf diese Arbeitszeit-Debatte einlassen. Stattdessen sollten wir ab jetzt einfach die ganze Zeit fordern, dass diejenigen, die viel haben, auch angemessen am Gemeinwesen beteiligt werden müssen. Um den Wohlstand des Landes zu erhalten. Für alle.

42 Ergänzungen

  1. Dann fliehen halt die Unternehmer aus Deutschland und wir deindustrialisieren uns noch viel mehr. Arbeitsplatz und Wohlstandsverluste inklusive. Wollt ihr das ?

    In Zukunft werden die Menschen eh keine Jobs mehr haben wegen KI und Robotik. Dazu braucht es aber eine funktionierende Wirtschaft und viel Wachstum um ein Bedingungsloses Grundeinkommen finanzieren zu können. Das geht nur wenn eine Politik gefahren wird die Unternehmer nicht als Feinde betrachtet. Also Liberalismus statt Linkspopulismus.

    1. Unternehmen, die sich wo es geht darum drücken, ihren Beitrag zum Gemeinwesen zu leisten, schaden dem Gemeinwesen mehr als sie nützen.

      Und wenn wir ohnehin Arbeitsplätze durch „KI“ wegrationalisieren, warum nicht die mit den höchsten Pro-Kopf-Kosten? Die Manager und Börsenspekulanten, die nichts tun, außer das Geld anderer Leute hin und her zu schieben? Deren Aufgaben, größtenteils Mathematik, sollten sich von einer „KI“ doch genauso leicht erledigen lassen wie Zeichnen, Coden oder Texte schreiben, mit dem Unterschied, dass die „KI“ keine Unsummen für sich selbst abzweigen muss, die als einzige von allen Gehältern nicht nur stabil bleiben, sondern jedes Jahr auf Kosten aller anderen wachsen müssen. Nicht nur bleibt so mehr für den Rest übrig bzw. im Unternehmen, sondern die „KI“ wird potentiell rationalere Entscheidungen treffen als ein Mensch, der zuallererst sich selbst bereichern will. Und an anderer Stelle, wo menschliche Existenzen davon abhängen, hat man auch jetzt schon keine Bauchschmerzen damit, eine „KI“ die Entscheidungen treffen zu lassen, vom Finanzwesen bis zur Justiz.

      Und wenn die bekannten Dystopien mit ihren Vorhersagen richtig liegen, wird die „KI“ das irgendwann auch merken.

    2. Hallo lieber FDP Wähler. Seit wann will denn die FDP ein Bedingungsloses Grundeinkommen ? Wäre mir jedenfalls neu.

      Aber du hast schon recht, wir werden ein BGE brauchen und die Merzsche Arbeitsmoral wirkt im KI und Robotik Zeitalter eh extrem aus der Zeit gefallen…

      Durch Automatisierung fallen Arbeitseinkommen weg. Somit dann auch Lohnsteuern für den Staat. D.h das Deutsche Modell Arbeit höher zu besteuern als Kapital Einkommen wird dann nicht mehr funktionieren.

      Wissen die CDU und FDP Leute aber noch nicht. Dazu sind die viel zu sehr in der Ideologischen Vergangenheit. Denn es ist klar das alte System wird dann nicht mehr funktionieren.

    3. > In Zukunft werden die Menschen eh keine Jobs mehr haben wegen KI und Robotik.

      Dann müssen KI und Robotik besteuert werden, weil das für viele schädlich ist und nur wenige davon profitieren.

    4. „Dann fliehen halt die Unternehmer aus Deutschland und wir deindustrialisieren uns noch viel mehr. Arbeitsplatz und Wohlstandsverluste inklusive. Wollt ihr das ?“

      Lassen Sie bitte die Kirche im Dorf.
      Warum es hier und heute im DE Land lamt, hat andere Gründe.
      Warum es in Zukunft lamen wird, hat mit der jetzingen Politik viel zu tun.

    5. Die Krisen sind Hausgemacht. Die Politiker sind nicht Bodenständig und lassen sich lieber von externen Berater beraten als von internen.
      GoDark ist eine von vielen die unser Geld weg fressen wird.

      Es gibt Sachen die glaubt keiner! Wenn ein Finanzamt Vermieter abmahnt, er sei zu günstig und solle mehr Miete verlangen. So schaukelt der Staat den Mietspiegel künzlich hoch! So wie die Neubewertung von Grundstücken. So kommt man auch an mehr Steuereinnahmen, auf Kosten der Bürger die kaum noch Rente haben um alles zu bezahlen.

    6. ich kann die Mär von Wegzug nicht mehr hören, denn: was ist mit der Schweiz, wo es eine Vermögenssteuer gibt? Leben da auch keine Milliardäre mehr? was war vor 1997 in Deutschland, wo es eine Vermögenssteuer gab? Was ist mit der Wegzugssteuer, die es in Deutschland gibt? Es gibt auch Steuermodelle, wir in USA, nach dem alle Staatsbürger die Steuererklärung abgeben müssen, unabhängig davon, wo sie leben. Es gibt Wege, man muss es nur wollen…

      1. Der Wegzug von Unternehmen passiert wegen den unternehmerischen Randbedingungen, eher nicht wegen Vermögenssteuer. Die total wichtigen Erpresserbirnen ziehen vielleicht weg. Bisher ist Deutschland ein Steuerdumpingland, was die betrifft.

      2. Hinzu kommt, dass Wegzugsbesteuerung verschiedener Art bereits besteht bzw. angedacht ist, wenn auch z.T. ziemlich bescheuert. (ETFs ab 500k oder wie?)

    7. Die Unternehmer, die deswegen ins Ausland gehen sollen es tun. Aber dann sollen ihre Produkte hierzulande mit 50% Extrasteuer bedacht werden. Die nimmersatten und gierigen Unternehmer ohne jede Verantwortung über ihre 25 TEUR Haftungskapital in der GmbH. Die Vermögenswerte sind alle in extra Gesellschaften ausgelagert, daß im Falle des Versagens des Unternehmers, dessen Vermögenswerte erhalten bleiben und nur die Arbeitnahmer und der Staat für den Schaden aufkommt. Auf diese „Unternehmer“ kann Deutschland gut verzichten. Die sollen alle mal bei Wolfgang Grupp in die Lehre gehen, bevor sie die Klappe aufreißen.

      Neben der Vermögenssteuer braucht es auch eine Einkommensteuer, die Einkommen über 250 TEUR p. a. maximal besteuert, also alles was darüber ist vom Staat wegbesteuert wird. Keine Person verdient mahr als 250 TEUR (im wahren Wortsinn) schon gar nicht, wenn sie sich um die Verantwortung drücken.
      Ich she da aber mit unserem Blackrock Kanzler wenig Erfolgsaussichten. Mit dieser Regierung werden die Reichen reicher, alle anderen ärmer und die, die es am Nötigsten hätten, werden noch um die staatlichen Almosen (mehr ist es ja nicht) gebracht. Stattdessen wollen diese Politiker den Krieg gegen Rußland und schiben dem miltärisch-industriellen Komplex Milliarden zu.

  2. „Dann fliehen halt die Unternehmer…“

    Wenn dem tatsächlich so ist oder sein sollte, dann sagt das alles über die oben beschriebene unternehmerische Mentalität aus, die man zwar bis jetzt nur unterstellt, die dann aber nachhaltig bewiesen wäre:

    Null Selbstkritik, null Verantworungsbewusstsein bzw. Gemeinsinn, sondern Egoismus und Profitdenken pur. Für mich ist derjenige ein ehrbarer Unternehmer, der sein Unternehmen nicht als Selbstzweck und Bereicherungsbude betrachtet, sondern der Verantwortung für seine Mitarbeiter und unsere Gesellschaft übernimmt.

    1. Seit gut 30 Jahren ist so jemand aber nicht ehrbar sondern dumm, so jedenfalls der bei den Wahlen ausgedrückte Tenor der Bürger.

      Grosse Teile regen sich drüber auf, aber wählen dann doch den neoliberalen Block CDU/SPD/FDP in jede Regierung.

  3. Die netzpolitische Dimension dieses stark gefärbten Op-eds ist mir nicht ganz klar. Es liest sich eher wie ein Newsletter von Verdi.

    Aus einer zumindest digitalpolitischen Perspektive wäre das aktuelle Arbeitszeitgesetz allerdings durchaus kritisierenswert. Letztlich ist es in der letzten Novelle ein Arbeitnehmerüberwachungsgesetz. Nur weil jemand mit Arbeitsschutz argumentiert, wird nicht ungeschehen, dass ich jetzt all meine Zeiten tracken muss.

    1. Man sollte seine Zeiten trocken, damit man auch dafür bezahlt wird. Sehr viele Überstunden sind unbezahlte und über die Grauzone der nicht dokumentierten redet man garnicht.

  4. Vorab, mit etwas weniger Schaum vor dem Mund wäre der Artikel sachlicher geworden.

    Deutschland hat eine hohe Teilzeitquote. Deshalb ist die rechnerische spezifische Jahresarbeitszeit, Arbeitsstunden durch Anzahl der Beschäftigten, so niedrig. Dazu werden die Hälfte der geleisteten Überstunden nicht bezahlt, also auch nicht gezählt. Dem gegenüber hat die Arbeitsverdichtung zugenommen, Arbeitsleistung pro Zeiteinheit.
    Die Frage ist, warum ist die Teilzeitquote so hoch? Erzwungen oder gewünscht?

    1. Vor ein paar Monaten hat die Runde gemacht (z.B. in der SZ), dass die Gesamtzahl der geleisteten Arbeitstunden in Deutschland noch nie so hoch war. Dabei arbeiteten die Männer ein bisschen weniger als früher, dafür die Frauen mehr. Erwerbsarbeit und Haushalt/Kinder werden einfach anders verteilt.

      Da stellt sich mir in der aktuellen Debatte die Frage, ob es nicht einfach mehr Erwerbstätige gibt (insbesondere mehr Frauen), sodass die Durchschnittstunden pro Erwerbstätigem runtergehen, ohne dass die Gesamtleistung runtergeht?

      Wäre dankbar wenn sich hier jemand die Statistik genauer angeschaut hat und aufklären könnte.

    2. In der Firma für die ich gerade arbeite, sind Vollzeitangestellte nach Tarif eingestellt, Teilzeitangestellte im Übergangsbereich mit Mindestlohn.
      Heißt: Absolut gewollt.

    1. Vielleicht in einem newsblog, der noch an den sozialen Zusammenhalt in diesem Land glaubt und nicht vor Profitgier und Verantwortungsvermeidung strotzt. Die Kriise ist hausgemacht. Durch die falsche Politik wurde Energie vielfach verteuert, Exportmärkte durch sog. Sanktionen aka Wirtschaftskrieg weggefegt. Und dann möchten idioten noch 50% des Bundeshaushaltes in Rüstung stecken.

      1. „Und dann möchten idioten noch 50% des Bundeshaushaltes in Rüstung stecken.“
        Das wiederum ist polemisch. Auch wegen Zeiträumen und Versäumnissen.

        Wenn wir den Zustand vorher vergessen, wo meinen Sie, sollen wir denn hin?
        Wie stellen Sie sich Russlands verhalten vor, wenn man es lässt?
        Glauben sie, das China den Rest von Brics kontrollieren kann, wenn sich Landnahme zu sehr lohnt?
        (Will China irgendwen kontrollieren?)

        Das ist fast ein bischen wie mit „nichts zu verbergen zu haben“: wenn Deutschland keine militärische Kapazität hat, entscheiden andere, welches Land geschreddert wird, und welches nicht, und letztlich wann Deutschland dran ist, bzw. wie. Wir sollten nicht fahrlässig daran glauben, dass unsere Position in der Mitte Europas uns irgendwas erlaubt. Im Gegenteil, historisch war das immer eine gefährliche Sache. Es ist nicht allein Deutschlands Kriegslust, sondern auch die Umgebung mit letztlich nicht weniger landnahmeinterssierten Mächten, die es über die Zeit mitgeformt hat. Die Idee „wir machen Handel, ihr verteidigt Europa“ ist auch noch mal verschiedentlich „interessant“.

        Deutschland ist kein uninteressantes kleines Nowhere. Es wird immer einen gewissen Fokus ertragen müssen, geopolitisch, auch wenn die USA ihren Schneidbrenner neu justieren. Wird gerne übersehen, was der unterschied zwischen einer unbewohnten Insel im Pazifik und Deutschland ist.

        1. Nee ist 5% BIP, wenn es denn 5% sind.
          Bei 50% ist irgendein jährliches (verhandelbare?) Budget gemeint.

          ABER 100-200 Milliarden ist zwar sehr sehr viel, im Vergleich zum perpektivischen Untergang der Eurozone, und einem BIP von 3-4 Bio. gegebenenfalls ein valides investment. Intelligente Verwendung willkommen!

          Um das in ein Verhältnis zu setzen: https://www.iwkoeln.de/studien/klaus-heiner-roehl-gerade-so-genug-fuer-die-nato.html

          Da reden wir bei 70+ Milliarden von um die 2%, je nach Rechnung.

        2. Ist so gemeint: 5% BIP entspricht etwa 50% Haushalt.
          Deshalb wird von 5% BIP geredet, um davon abzulenken wieviel tatsächlin in Krieg (siehe aktuellen Artikel von Norbert Häring „Die Mär von der transatlantischen Entfremdung ist heute so verlogen wie unter Trumps erster Präsidentschaft“) gesteckt wird. Und wie Du an Deiner Reaktion siehst, funktionert es.

        3. 5% ist BIP. BIP aufgerundet 5 Billionen. 5% dumm gerechnet wären 250 Milliarden.
          Im Moment ist aber schlau gerechnet etwa 2%. Daher wären wohl weniger nötig für 5%.

          Auch Rüstungsfirmen erhalten mitunter Förderung der EU. Sicherlich nicht exorbitant viel, aber immerhin wird die Rechnung dadurch potentiell komplizierter. Infrastruktur könnte man auch z.T. mit reinrechnen, z.B. Autobahnen, Brücken, Pipelines. So verbindlich wie das 2%-Ziel war (Zuruf, Fähnchen hochhaltem), so unklar ist mir die tatsächlich sinnvolle Berechnung, abgesehen vom konkreten Sinn.

          Also: https://www.bundeshaushalt.de/DE/Bundeshaushalt-digital/bundeshaushalt-digital.html
          Verteidigung ist grob 11% des Staatshaushaltes. Wenn das also 2% BIP nach schlauer Berechnung sind, wären 5% dann unter 28%?
          Immer noch viel. Frage ist letztlich, welche Stellschrauben es eigentlich gibt.

    2. Die Profiteure des aktuellen Unrechtssystems wollen, dass der Debattenraum auf Dinge eingeschränkt wird, die nicht zum Hinterfragen anregen.

      1. > aktuellen Unrechtssystems

        Wer unseren Staat als Unrechtssystem verunglimpft ist ein böswilliger Staatsverächter. Das NS-Regime und die DDR werden zurecht als Unrechtssysteme bezeichnet. Und wenn Du aktuelle suchst, dann schau nach Russland, Nord-Korea, Iran …

  5. Die aktuellen IDW-Berechnungen sind keine Studie, noch nicht mal eine Erhebung – sondern eine ziemlich selbstgemachte Statistik auf Basis von offiziellen OECD-Daten, die es jedoch aus gutem Grund von der OEDC selbst gar nicht gibt!
    In einer anderen „Kurzstudie“ vom 18. April 2024 legt der selbe Autor den selbst entworfenen Rechenweg samt Begründung offen:
    https://www.iwkoeln.de/studien/holger-schaefer-sind-die-deutschen-arbeitsscheu.html

    Das Problem „mangelnde Vergleichbarkeit aufgrund unterschiedlicher Erhebung“ hat er zwar gut erkannt – aber seine Alternative finde ich mehr als unplausibel.

    Das wissend, habe ich herausgetüftelt, dass er die gleiche Methode nun aktuell auch angewendet hat, ohne das in den aktuellen Zahlen zu dokumentieren/offenzulegen.

    Der IDW-Analyst hat einfach das Folgende gemacht:
    – Länderweise: OECD-Jahresarbeitsstunden multipliziert mit OECD-Beschäftungsquoten ergibt IDW-Jahresarbeitsstunden.

    Und – schwupps – arbeitet der „faule Deutsche“ plötzlich nicht mehr 1..343 h/Jahr, sondern nur noch 1.036 h/Jahr, weil die Beschäftigungsquote (Teilzeit UND Vollzeit) in DE 77,2% beträgt.

    Im Detail habe ich den Rechenweg auf Bluesky als Thread dargestellt:
    https://bsky.app/profile/macsico.carsten-muerau.de/post/3lpm64ueec22d

    Es wäre nun schön, wenn Expert:innen für Arbeitsmarktwissenschaften und Statistik sich mal anschauen würden, ob man solche Rechenwege einfach „erfinden“ kann, wenn einem die offizielle Statistik nicht gefällt?

    1. Danke Carsten. Es hört sich so an als seist du mit der Berechnungsmethode nicht einverstanden. Aber macht es nicht Sinn?

      Stunden pro arbeitender Person * Anteil arbeitender Personen = Stunden pro Person.

      Die Aussage ist dann halt nicht, dass die arbeitenden Menschen faul sind, sondern arbeitende und nicht-arbeitende zusammen im Schnitt.

      (Nicht, dass ich mir diese Aussage zu eigen machen würde. Schon allein wegen der besagten fehlenden Vergleichbarkeit.)

  6. Ich würde es begrüßen wenn der Teil von uns der nur von Sozialleistungen lebt und das ausnutzt, arbeiten ginge.

    1. Wie schon zigfach erklärt, trifft das auf einen vernachlässigbar Anteil zu. Wenn die „gehobene Mittelschicht“ mal vernünftig Steuern zahlen würde, wäre uns allen mehr geholfen.

        1. „Bitte quantifizieren!“

          D.h. Einkommen und Vermögen (nicht jeweils eines, Wert der Wohnimmobilie bitte gesondert aufführen). Dabei unbedingt die erzielte und erwartbare Rente berücksichtigen. Sonst kann man z.B. gar nicht mit Beamten vergleichen. Am Ende noch, wie viele Leute das betrifft, und wo das Steuerpotential realistischerweise eigentlich zu verorten ist.

          1. (Selbstverständlich sind Kredite u.a. Verbindlichkeiten zu berücksichtigen. Die Debatte scheint gerne immer wieder bei 0 Anzufangen. „Die Millionäre“. Was ist ein Millionär nach 10% Inflation? Bitte bei Zeiten auch die Kampfbegriffe Updaten, oder in die sachliche Domäne wechseln.)

  7. Merkwürdige Leserbriefe. Einerseits sollen die Reichen Steuern zahlen wie verrückt, aber andererseits dann auch Wohnungen bauen oder Arbeitsplätze bereitstellen. Ja, was denn nun? Beides gleichzeitig? Ein Unternehmer wird nur dann etwas unternehmen, wenn er was dafür bekommen kann. Wenn er nichts bekommen kann, wird er nichts unternehmen. War schon in der sozialistischen DDR so. In den Zeitungsannoncen standen Sachen drin wie: Sucher Ersatzteil xy für mein Auto, biete im Gegenzug blaue Kachel. Übersetzung für „blaue Kachel“: Hundertmarkschein (damals blauer Geldschein). Also gegen Geld. In der sozialistischen UdssR war nur 4% der landwirtschaftlichen Fläche in Privatbesitz. Daraus kamen aber ein Viertel aller Lebensmittel. Das es immer noch Leute gibt, die Sozialismus wollen, ist völlig bekloppt.

    1. Unternehmer können zwischen Vermögen und Unternehmen bisweilen zu Teilen unterscheiden.

      Bei derartigen Reichtum, bei dem man spielend den Reichtum mit Unternehmen anderer Leute und Spezialkonstruktionen kaschieren kann, wird es interessant.

      Aktiendepots per SE zu dämonisieren läge mir fern.

  8. Das IW und die Politik lügen mit verfälschen Zahlen.
    Bei einer 40h Woche arbeiten die Personen (ohne Überstunden) 1720h/Jahr.
    Die niedrige Zahl des IW kommt durch Teilzeit-Arbeit zustande ubd ist einfach Bullshit als Betrschtung über alle.
    Zudemmuss man aich die Überstunden betrachten. Aber da hat das IW mal wieder einen Propagandaerfolg und sch… auf Wissenschaftlichkeit.
    Leider schauen auch die meisten Journos nicht richtig hin sondern plappern die verfälschenden Werte einfach nach.

    1. Überall geistern „10%“ herum.

      Das Riesenproblem stellen allerdings Tracking und die Daten dar, und die eigentliche Gefahr wäre ein Etablieren des Status Quo. Daher kriege ich immer Zuckungen, wenn leute Geld von Google nehmen.

      Inzwischen gräbt Youtube am Patreon-Konzept herum, mit Kanalmitgliedern, die bezahlen. Dafür dann das Tracking? Auch der Ausblick, gegen Zahlung „keine Werbung angezeigt zu bekommen“ klingt ja nett, ist es aber nicht.

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