Die große Bildagentur Getty Images lässt sich von Fotomodels nun die Einwilligung geben, dass sie auch biometrische Daten der Fotos nutzen und an Dritte weitergeben darf. Die biometrischen Daten der Bilder lassen sich beispielsweise zum Training von Gesichtserkennung nutzen.
Getty Images verkauft die Einwilligung in einer Pressemitteilung als Errungenschaft für Datenschutz und Privatsphäre. „Biometrische Daten sind besonders wertvoll, da sie zur Erkennung und Zuordnung von Gesichtsmerkmalen verwendet werden können, die aus visuellen Inhalten extrahiert wurden“, heißt es auf Englisch in der Erklärung.
Das Unternehmen habe erkennen müssen, „dass die zunehmende Verwendung biometrischer Daten in Bildern zum Trainieren von KI/ML-Anwendungen die Notwendigkeit mit sich bringt, sicherzustellen, dass wir die Erlaubnis des Models erhalten haben, deren Bilder und Daten auf diese Weise zu verwenden „. Mit „KI“ ist Künstliche Intelligenz gemeint, mit „ML“ Machine Learning. Das Unternehmen stehe „an vorderster Front, wenn es darum geht, diese sehr realen Bedenken zu berücksichtigen“, heißt es weiter.
„Weit gefasste Abtretungserklärung“
Das gehe weit über das hinaus, was jemand brauche, um bei einem Fotoshooting dabei zu sein, sagt Frederic Jennings, ein in Brooklyn ansässiger Anwalt, der sich auf Datenschutz und digitale Rechte spezialisiert hat, gegenüber dem US-amerikanischen Tech-Magazin Motherboard. Betroffene würden in breitem Umfang ihre Rechte abtreten, so Jennings. Der Anwalt spricht von einem „ziemlich großen Eingriff“, der in eine eigentlich simple Erklärung hineingeschmuggelt worden sei.
Wer dem zustimme, verzichte auch auf den Schutz, den Länder mit strengeren Datenschutzgesetzen schon heute – zumindest auf dem Papier – gegen die biometrische Auswertung bieten würden. Auf der andern Seite sieht Jennings laut Motherboard eine Chance: Wer die neue Einwilligung verweigere, könnte damit einer biometrischen Auswertung ausdrücklich widersprechen.
Vogelfreie Stockfoto-Models
Die neue Einwilligung will das Unternehmen zuerst auf seinen Stockfoto-Seiten und gegenüber Stockfoto-Models einsetzen. Stockfotografie sind Aufnahmen auf Vorrat zur thematischen Bebilderung und für Symbolbilder. Sie werden von zahlreichen Blogs und Medien, auch bei netzpolitik.org, weithin genutzt.
Menschen, die sich für Stockfotos abbilden lassen, verlieren heute schon weitgehend die Kontrolle über den Einsatz ihrer Gesichter. Sie werden etwa für Werbung genutzt, zur Bebilderung von Artikeln aller Art, sie tauchen auf Plakaten und in Unternehmenspräsentationen auf. Oder sie werden für ihr schmales Honorar zur Witzfigur, wie der ungarische Elektroingenieur András István Arató, bekannt durch das Meme „Hide The Pain Harold“.
Wenn Darsteller:innen der neuen Biometrie-Klausel von Getty zustimmen, geben sie auch offiziell das Recht ab, dass ihre biometrischen Merkmale in Datenbanken landen, ausgewertet und für immer gespeichert werden. So etwas passiert bereits auch ohne Einwilligung, wie die Fälle der Firmen Clearview AI und PimEyes zeigen. Dabei sollten strenge Gesetze wie etwa die Datenschutzgrundverordnung genau das verhindern.
Dennoch werden Millionen von Gesichtern im Internet systematisch abgegrast und ausgewertet. Auch Beauty-Apps spielen beim Abziehen biometrischer Daten mit. Solche biometrischen Datensätze können später auch von staatlichen Akteuren gekauft und genutzt werden – sie befeuern Überwachungssysteme, die auf Gesichtserkennung basieren und so die Privatsphäre im öffentlichen Raum zerstören.
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