bitsFreifunk wird endlich gemeinnützig

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Hallo,

in einer idealen Welt wäre ein flächendeckender Zugang zum Netz eine Aufgabe der öffentlichen Daseinsvorsorge. In unserer Welt gibt es aber häufig kein Breitband und viele Kommunen sehen es auch 2020 immer noch nicht als ihre Aufgabe, sich darum zu kümmern. Seit vielen Jahren engagiert sich die Freifunk-Community ehrenamtlich an vielen Orten in Deutschland, um mit Hilfe von WLAN Menschen und Orten einen freien Zugang zum Netz zu schenken.

Das Engagement beginnt mit dem Teilen des eigenen Internetanschluss mit den Nachbarn und geht an vielen Orten mit engagierter Community viel weiter, manchmal sogar bis zu einer flächendeckenden Vernetzung. Das Engagement selbst ist in der Regel ehrenamtlich, aber um ein WLAN-Netzwerk aufzubauen und zu betreiben braucht man einfach auch Hardware in Form von Routern, Richtfunkantennen und Kabeln sowie häufig zertifizierte Stromanschlüsse. Und das kostet Geld, das in der Regel über Spenden kommt, um gleich wieder an die Allgemeinheit zurückzufließen.

Aber bisher wurde das Engagement von Freifunkern nicht als gemeinnützig angesehen. Seit einigen Jahren wird das von Seiten der Politik versprochen, es steht auch im aktuellen Koalitionsvertrag, aber erst heute hat der federführende Finanzausschuss im Deutschen Bundestag einen Änderungsantrag zum Jahressteuergesetz beschlossen. Kommende Woche soll der Bundestag darüber abstimmen, was nach diesem Votum als Formalität gilt. Anschließend könnte der Bundesrat auch noch vor Weihnachten die Aufnahme von Freifunk in die Gemeinnützigkeit beschließen.

Das wäre ein schönes Weihnachtsgeschenk für alle Freifunker:innen, auch wenn es einige Jahre zu spät kommt. Mit diesem Beschluss sollte die Politik aber nicht zufrieden sein. Was weiterhin fehlt ist ein Bewusstsein dafür, dass man solche Infrastrukturen auch besser durch finanzielle Mittel fördern könnte. Und generell haben wir in Deutschland noch Nachhilfebedarf bei der Stärkung des digitalen Ehrenamtes.

Es stellt sich die Frage: Wo bleibt die Gemeinnützigkeit für Journalismus, damit gemeinwohlorientierte Medien sich einfacher Förderung bei Stiftungen organisieren können?

Kurze Pausenmusik:

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Die Erstellung dieser Ausgabe wurde freundlicherweise von Tomas Rudl unterstützt.

Neues auf netzpolitik.org

Alexander Fanta war bei der Pressekonferenz unserer EU-Innenkommissarin dabei, die neue Überwachungsmaßnahmen gegen Terrorismus angekündigt hat: „Wir brauchen EU-Vorschrift zu Verschlüsselung“.

Die EU-Kommission möchte sich Zugriff auf verschlüsselte Nachrichteninhalte verschaffen, wie sie nun in einem Aktionsplan festschreibt. Innenkommissarin Johansson schließt verpflichtende Hintertüren explizit nicht aus.

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Tomas Rudl schreibt über die letzten Meter der EU-Verordnung zur Terrorpropaganda: Digital-NGOs warnen vor erheblichen Risiken für die Meinungsfreiheit.

Zu den Uploadfiltern in der EU-Urheberrechtsreform könnten womöglich bald weitere dazukommen. Diesmal richtet sich die automatisierte Inhaltekontrolle gegen terroristische Inhalte im Netz. Vor dem Abschluss der Verhandlungen warnen nun Digital-NGOs vor erheblichen Einschränkungen von Grundrechten.

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Chris Köver hat die Debatte um die Entlassung der KI-Forscherin Timnit Gebru aufgeschrieben:
Tausende Google-Angestellte protestieren nach Rauswurf.

Vergangene Woche verließ die Schwarze KI-Ethik-Forscherin Timnit Gebru Google im Streit. Google spricht von Kündigung, sie selbst von einer Entlassung. Nun stellen sich Tausende Googler öffentlich hinter die Wissenschaftlerin und fordern eine Aufklärung des Vorgangs.

Was sonst noch passierte:

Der Alternative Nobelpreis feiert 40. Geburtstag. Der Preis, der Problemlösungen für eine nachhaltige Welt auszeichnet, gilt als internationales Gütesiegel für Nachhaltigkeit, wie der Deutschlandfunk beschreibt.

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Es gibt eine neue Publikation über Quantencomputer von der acatech – Deutsche Akademie der Technikwissenschaften. Auf 68 Seiten gibt es einen guten Überblick mit vielen Grafiken über Potentiale dieser Technologie.

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Eine der bedeutendsten Innovationen des Jahres kommt von der Post/DHL: Es gibt jetzt jetzt die Möglichkeit, als Ersatz für nicht vorhandene Briefmarken aus einer App heraus einen Code mit Buchstaben und Zahlen zu generieren, den man dann anstelle einer Briefmarke auf den Brief schreibt. Endlich bin ich mal Zielgruppe.

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Das „Institut für Demokratie und Zivilgesellschaft – Thüringer Dokumentations- und Forschungsstelle gegen Menschenfeindlichkeit“ (IDZ hat ein neues kompaktes Factsheet zu „Proteste in der Corona-Pandemie: Gefahr für unsere Demokratie?“ herausgegeben.

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Die New York Times ordnet die Zeit nach dem Corona-Impfen ein: Das wird erstmal nicht zu einer maskenlosen Zeit führen, denn es ist weiterhin unklar, ob selbst geimpfte Personen Corona weiter verteilen und inwiefern sie wirklich immun sind: Here’s Why Vaccinated People Still Need to Wear a Mask.

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Eigentlich nichts Neues, aber ein weiterhin ungelöstes Problem mit zu wenig Aufmerksamkeit: Frontal21 hat eine alternative Weihnachtsgeschichte in Form von gekauften positiven Shop-Rezensionen zu bieten: 5 Sterne für Schrott – Fake-Bewertungen beim Onlineshopping.

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Über die Verschwörungsideologie „The great reset“ hab ich gestern schon kurz berichtet. Bei The Intercept hat Naomi Klein eine sehr gute Einordnung geschrieben, die dabei das System des World Economic Forum gut beschreibt. Rechte Verschwörungsgläubige denken, dass das WEF eine Art Green New Deal vorhat. Für Klein ist das aber nur eine geschickte Verpackung, um die alten Ziele weiter zu verfolgen und nur etwas Grün zu tun, weil es der Zeitgeist ist: The Great Reset Conspiracy Smoothie.

Video des Tages: Urtiere in der Anstalt

Die Politik-Kabarett-Show „Die Anstalt“ hat aktuell eine fiktive Jahresrückblickssendung mit gleich vier mal Dieter Nuhr im Programm, der Bücher vorstellt, die er nicht gelesen hat.

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Und wer danach noch etwas Eskapismus braucht: Die ZDF-Dokumentation „Faszination Urzeit – Verlorene Welten “ beschreibt mit vielen Animationen die Evolution über die vergangenen 500 Millionen Jahre.

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Das war es für heute. Viele Grüße und bleibt gesund,
Markus Beckedahl

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